‹ Zurück zur Übersicht

© Sonnenseite

300 Jahre „Nachhaltigkeit“

Erinnerung an die „Sylvicultura oeconomica“

Im Jahr 1713 tauchte zum ersten Mal der Begriff „Nachhaltigkeit“ auf – in einer Abhandlung zur Forstwirtschaft. Der sächsische Gelehrte Hans Carl von Carlowitz prägte ein auf die Zukunft gerichtetes Leitbild der Bewirtschaftung des Waldes und definierte nachhaltiges Handeln als politische und gesellschaftliche Aufgabe.

Heute wird „Nachhaltigkeit“ in vielen unterschiedlichen Zusammenhängen benutzt und ist als Wohlfühl-Vokabel und Füllwort verschrien. Doch der Begriff und die dahinterstehende Idee entstanden als Lösungsansätze für ein handfestes Problem. Denn im frühen 18. Jahrhundert steckte Sachsen in einer Energiekrise. Durch den immer stärker zunehmenden Bergbau und das Wachstum der Bevölkerung herrschte akuter Holzmangel.

Auf der Leipziger Ostermesse 1713 wurde das Buch vorgestellt, in dem Hans Carl von Carlowitz (1645-1714) auf den Holzmangel reagierte und eine Lösung anbot. Nur eine „nachhaltende Nutzung“ der vorhandenen Ressourcen könne dazu führen, dass zukünftige Generationen von ähnlichen Krisen verschont blieben, erklärte er in der „Sylvicultura oeconomia“.

Seinen Zeitgenossen schrieb Carlowitz ins Stammbuch, dass sie althergebrachte Denk- und Handlungsweisen verändern müssen. Denn er hatte erkannt, dass starke Eingriffe des Menschen in die Umwelt nicht von der Natur allein reguliert werden können, und kommt zu dem Schluss, dass schneller Profit den Wohlstand zerstört.

Joachim Radkau, Professor der Neueren Geschichte an der Universität Bielefeld, stellt in einem Aufsatz zur Bedeutung des Werkes fest, dass „Nachhaltigkeit“ deshalb kein „unschuldiger Begriff ist, der allein aus selbstlosem Idealismus geboren wäre“. Nein, gerade die Beschäftigung mit dem Ursprung des Wortes zeigt, dass jeder Einzelne auf Nachhaltigkeit angewiesen ist, um seine Zukunft zu sichern. Aus der Geschichte werde deutlich, „dass der Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ mindestens so sehr ökonomischen wie ökologischen Ursprungs ist“.

Damit fehlte Carlowitz nur ein Eckpunkt des heute gern zitierten Nachhaltigkeitsdreiecks, das ökologische, ökonomische und soziale Aspekte miteinander verbindet. „Nachhaltigkeit“ und „nachhaltige Entwicklung“ haben einen langen Weg hinter sich: ausgehend von der rein forstwirtschaftlichen Verwendung über die wissenschaftliche Definition durch den Club of Rome oder den Brundtland-Bericht bis hin zu politisch angetriebenen Prozessen seit Rio 92.

Durch den inflationären Gebrauch des Begriffs – oft auch in falschem Zusammenhang – habe das Wort viel von seiner ursprünglichen Kraft verloren und sei zum „Plastikwort“ verkommen, so Radkau. Gerade deshalb sei die Erinnerung an die „Sylvicultura oeconomica“ hilfreich, um der Nachhaltigkeit wieder mehr handfeste Bedeutung zuzuweisen.

Weitere Informationen:

Quelle

Deutsche UNESCO-Kommission e.V. 2013

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren