Alpenvegetation gefährdet
Die Vegetation in den Alpen könnte stärker vom Klimawandel betroffen sein, als bisher zu beobachten ist.
Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler in einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Nature Climate Change. Die Ursache hierfür sei, dass sich die Folgen der Erderwärmung erst mit einiger Verspätung zeige und heutige Bestandsaufnahmen der Flora deshalb nicht aussagekräftig seien.
Das Phänomen erklären die Wissenschaftlicher dadurch, dass die Gebirgspflanzen, die ein raues und kaltes Klima bevorzugen, zunächst in höhere Lagen abwanderten. So würden sie zwar in den tieferen Lagen verschwinden, ihr Bestand erhalte sich jedoch durch die Wanderbewegung weiter. Dies sei bereits heute zu beobachten, wie die Forscher in ihrer Untersuchung nachweisen. Mit dem anhaltenden Klimawandel werden die Lebensbedingungen der Gebirgspflanzen jedoch auch in den höheren Lagen zunehmend schwierig.
„Unsere Ergebnisse zeigen klar, dass das gesamte Ausmaß der aktuellen Klimaerwärmung erst mit jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertelanger Verzögerung erkennbar sein wird“, erläutert Stefan Dullinger, Wissenschaftler am Department für Naturschutzbiologie, Vegetations- und Landschaftsökologie der Universität Wien und Leiter der Forschungsgruppe. Der Prozess des Aussterbens verzögere sich.
Die Forscher haben die Veränderungen in der Verbreitung von 150 Gebirgspflanzenarten untersucht. Ihren Prognosen zufolge werden die Pflanzen rund 44 bis 50 Prozent der Fläche verlieren, die ihnen heute als Lebensraum zur Verfügung steht. Pflanzen, die lediglich in sehr kleinen, beschränkten Lebensräumen vorkommen – sogenannte endemische Arten – sind noch stärker betroffen. Drei von vier Arten droht hier ein Verlust von 80 Prozent des Lebensraums. Durch die beschränkten Gebiete können diese Pflanzen klimatisch günstigere Regionen durch natürliche Wanderungsbewegungen nicht erreichen.
„Dies ist besonders besorgniserregend, weil endemische Arten ein natürliches Erbe darstellen, das einzigartig für eine Region ist und im Falle des lokalen Aussterbens einen unwiederbringlichen Verlust bedeutet“, warnt der Wissenschaftler Karl Hülber vom Wiener Institut für Naturschutzforschung und Ökologie.
Quelle
KLIMARETTER.INFO | em 2012