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Arktis droht Schicksal des Wilden Westens

Eisschmelze bringt neue Machtverteilung und Ausbeutung der Umwelt.

Der arktische Ozean ist reich an Bodenschätzen und Ressourcen, besitzt kaum ergründete Fischereigebiete und liegt zudem strategisch genau zwischen den Weltmeeren. Da er im Zuge des Klimawandels immer mehr auftaut, möchte die ganze Welt von den Ressourcen profitieren. Die Region droht zum „Wilden Westen“ zu verkommen.

„Der arktische Rat als Sprachrohr der Anrainer muss sich neu orientieren“, drängt Tony Penikett, früherer Premier im kanadischen Yukon und nunmehr Advisor im Munk-Gordon Arctic Security Program, im Interview mit pressetext.

Eisschmelze macht sexy

Alles ist anders als zuvor in der Arktis: Die Meereseis-Fläche ist im Sommer kleiner als je zuvor (Meereisflächen in der Arktis so klein wie nie). „Das führt einerseits zu neuen Ölbohrungen in ökologisch sensiblen Zonen wie etwa vor der Küste Grönlands und in Alaska, andererseits wird der Seeweg nördlich von Kanada und Sibirien für die Schifffahrt passierbar und somit hochinteressant“, berichtet Penikett. Der tauende Permafrost macht hingegen der Infrastruktur und Siedlungen zu schaffen. Die arktische Bevölkerung ist jüngst gewachsen, besonders der sibirische Teil, der bereits über vier Mio. Bewohner zählt.

Politische Neuordnung

Politisch formierte sich 1997 mit dem „Arktischen Rat“ ein beratendes Gremium für ökologische- und Nachhaltigkeitsfragen, das auch den Inuit-Völkern Mitsprache gab.

„Thematisch treten nun Umweltprobleme wie etwa Ölunfälle, die Fischerei und Transportfragen in den Vordergrund, doch auch die Frage, ob der Rat auch über das Sicherheitsthema diskutieren soll.

Die Anrainer lehnen dies laut Umfragen ab, doch es geht auch um die Sicherheit der Umwelt, Ernährung und Kultur, sowie darum, ob Beschlüsse bindend sein sollen, wogegen sich die USA wehren“, sagt Paula Kankaanpaa, Direktorin des Arktis-Zentrums der finnischen Universität Lapland

Eine Neuausrichtung des Rates steht jedoch auch hinsichtlich seiner Mitglieder im Raum. Bisher sind neben den Anrainern Kanada, Dänemark, die skandinavischen Länder, Russland und die USA auch Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Polen, Spanien und Großbritannien vertreten.

Letztere als ständige Beobachter – ein Status, den nun auch China, Indien und Brasilien erlangen wollen. Kanadische Experten fordern aktuell bei einer Konferenz in Toronto, dass ihr Land als Ratsvorsitzender 2013 das weitere Schicksal des Rates maßgeblich in die Wege leitet.

Mitsprache- und Umweltfrage

Zwei konträre Haltungen sind in dieser Frage verbreitet, erklärt Penikett. „Kanada und Russland sind grundsätzliche Gegner der Einbindung weiterer nicht-arktischer Staaten, wobei manche Stimmen vor dem Verlust der Mitsprache indigener Anrainervölker im Rat warnen. Befürworter glauben, dass ohne dieser Öffnung die Bedeutung des arktischen Rates schwinden würde, da sich somit wichtige Fragen auf andere Ebene wie etwa die UNO verschieben.“

Wesentliches Anliegen von Penikett: Den Erfolg der Inuit-Mitsprache nicht aufzugeben. „Sonst geht die Region denselben Weg wie einst der Wilde Westen.“

Ein Schicksal des Wilden Westens muss jedoch auch aus ökologischer Perspektive verhindert werden, betont die Umweltschutzorganisation Greenpeace

„Die Gefahr einer weiteren Ausbeutung des arktischen Ozeans ohne Umwelt- und Sicherheitsstandards ist hoch, wobei vor allem die Anrainerstaaten zur Verantwortung zu ziehen sind. Wir brauchen keine Aufteilung der Region unter einem exklusiven Kreis, sondern deutlich mehr Schutz als bisher“, fordert die Meeresexpertin Iris Menn auf pressetext-Anfrage.

Quelle

pressetext 2012Johannes Pernsteiner 2012

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