Bioland lehnt Totalrevision der EU-Öko-Verordnung ab
Europa braucht mehr heimisches Bio – und nicht weniger!
Der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur Totalrevision der EU-Öko-Verordnung gefährdet die Weiterentwicklung des Biolandbaus in Deutschland und Europa. Bioland fordert die Bundesregierung auf, den Entwurf in Gänze abzulehnen und dafür für Mehrheiten in Europa zu werben. „Der Vorschlag der EU-Kommission ist praxisfremd, schafft unnötig Rechtsunsicherheit und würde Bio zurück in die Nische befördern. Wir brauchen in Europa mehr heimische Bio – nicht weniger. Deshalb lehnen wir eine Totalrevision ab“, sagt Jan Plagge Präsident von Bioland.
Einer der wesentlichen Kritikpunkte ist der Paradigmenwechsel, mit dem sich die EU-Kommission von der bisherigen Prozessorientierung des Biolandbaus abwendet. Der ökologische Landbau definiert sich seit Jahrzehnten durch seine Methoden, die dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen dienen. Über die gesamte Prozesskette von Erzeugung, Verarbeitung und Handel hinweg wird ein hoher Umwelt- und Tierschutzstandards erfüllt. Nun soll sich nach dem Willen der Kommission an Produkteigenschaften entscheiden, ob ein Lebensmittel als Bio-Produkt vermarktet werden darf.
Die EU-Kommission verfehlt mit ihrem Entwurf komplett die selbst gesteckten Ziele, den Bio-Markt zu stärken und sicherer zu gestalten. Würde der Rechtsvorschlag umgesetzt, müssten viele Öko-Betriebe und in der Folge Bio-Verarbeiter und -Händler aufgeben. Investitionen würden zurückgefahren oder gestoppt. „Die Pläne der EU-Kommission stehen im krassen Widerspruch zur steigenden Verbrauchernachfrage nach heimischen Bio-Produkten“, so Plagge.
Die Kommission will die gesetzlichen Grundlagen komplett umkrempeln und dabei die Mitsprache der Nationalstaaten einschränken. In 30 „Delegierten Rechtsakten“ will die Kommission zukünftig selbst die Regeln bestimmen und hebelt so die Mitspracherechte der Mitgliedsstaaten aus.
Die Einführung eigener und besonders scharfer Grenzwerte für Kontaminationen durch Pestizide von konventionellen Nachbarfeldern lehnt Bioland rigoros ab. „Damit werden die Falschen bestraft und zwar ausgerechnet diejenigen, die durch den Verzicht auf Pestizide Trinkwasser- und Boden schützen“, sagt Plagge. „Bio-Bauern wirtschaften nicht unter einer Glasglocke.“ Durch Abdrift von konventionellen Nachbarfeldern, aber auch mit Wind und Regen gelangen Pestizide und andere Stoffe auch über längere Strecken auf Bio-Ware. Anstatt die Bio-Branche mit besonders scharfen Grenzwerten und teuren Analysen noch weiterer zu belasten, fordert Bioland, die EU auf, die Vorschriften zur Zulassung und zum Einsatz von Pestiziden und anderen Schadstoffen so ausgestaltet werden, dass eine Kontamination von Bio-Produkten ausgeschlossen ist. „Die EU-Kommission muss das Verursacherprinzip anwenden, anstatt der Bio-Branche Knüppel zwischen die Beine zu werfen“, so Plagge.
Um den Öko-Sektor noch besser vor Betrug zu schützen ist keine grundlegende Neugestaltung der bestehenden EU-Öko-Verordnung erforderlich. Bioland fordert vielmehr eine sachgerechte Weiterentwicklung der bestehenden Regeln nach wissenschaftlichen und praxiserprobten Erkenntnissen. „Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen die Weiterentwicklung der Biolandwirtschaft fördern und nicht behindern. Dabei muss das Grundprinzip der Prozessorientierung beibehalten werden. Zudem müssen Produktionsregeln und Kontrolle eine Einheit bleiben“, so Plagge.
Die Festlegung von Übergangsregelungen zur Entwicklung der Märkte für Ökoeiweißfutter, Ökosaat- und -pflanzgut und für Ökojungtiere muss schrittweise und realistisch erfolgen. Der Öko-Aktionsplan der EU muss dies mit konkreten Maßnahmen und Forschungsmitteln unterstützen. Nur so kann die Planungssicherheit für Biolandwirte, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen gesichert werden. „Das, was die EU-Kommission jetzt vorgelegt hat bewirkt aber genau das Gegenteil: die Verunsicherung der Biobranche. Und damit bremst die EU-Kommission den Biolandbau in Deutschland und Europa aus“, so Plagge und ergänzt: “Wir brauchen in Europa jetzt ein breites Bündnis für mehr Biolandbau und eine Gesetzesgrundlage, die dies unterstützt.“
Quelle
Bioland e.V. 2014