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Blackout des Monats: Sigmar Gabriel: Neu ist nicht gleich gut

Der Blackout des Monats April – wie schon der für Januar – geht an Sigmar Gabriel (SPD).

Als „Blackout des Monats“ werden irritierende Bemerkungen aus Politik und Wirtschaft zu Energiewende und Strommarkt ausgezeichnet. Preis ist eine Taschenlampe mit Dynamo, die dem Gewinner künftig als wegweisendes Licht und Sicherheit dienen kann. Und so funktioniert’s: Viele Bürger suchen preiswürdige Zitate des laufenden Monats und senden sie ein. Kolumnistin Trudel Meier-Staude sammelt und sichtet mit ihren Mitspielern die Vorschläge. Zum Monatswechsel wird der „Blackout des Monats“ jeweils neu gekürt.

Der Blackout des Monats April – wie schon der für Januar – geht an Sigmar Gabriel (SPD), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, für seine Worte – zum Zeitpunkt der Veröffentlichung prominent auf der Web-Startseite seines Ministeriums platziert: „Das neue EEG ist ein wichtiger erster Schritt für den Neustart der Energiewende.“

Fachliche Begründung

Gabriel legt seinen drastischen Modifikationen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes das Motto „Neustart“ zugrunde. Und tatsächlich, er richtet die Energiewende mit einem klaren Fokus auf die Industrie vollkommen anders aus als es in den Anfangsjahren des Gesetzes der Fall war. Bisher wurden auch Bürger und Landwirte einbezogen. Das soll sich jetzt ändern.

Die EEG-Umlage wird allerdings trotzdem steigen. Unter dem Vorwand, Kosten zu begrenzen, deckelt Gabriel günstige Energieträger wie Sonne und Wind an Land. Das Grünstromprivileg wird gestrichen. Der Strom soll Stück für Stück direkt vermarktet werden. Bis 2017 sollen die erneuerbaren Energien im Rahmen eines Auktionierungsmodells ausgebaut und vergütet werden. Wer Strom entweder aus erneuerbaren Energien oder auch aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) selbst nutzt, soll 50 Prozent der Umlage zahlen.

Wer den EEG-Strom direkt an Kunden verkauft, soll sogar die volle Umlage zahlen! Teure Offshore-Windenergie wird dagegen weiter stark gefördert. Die Ausnahmen für die Industrie sind noch nicht ausformuliert. Es scheint so, als würden die Privilegien teilweise sogar ausgeweitet statt eingedämmt. Der Eigenstromverbrauch der Industrie soll auf jeden Fall komplett von der Umlage befreit bleiben.

Was bedeutet das alles für die Energiewende und ihre Kosten?

Eine Deckelung für Sonne und Wind bringt unnötig Druck in den Markt. Dadurch werden die Preise im Ausbau steigen. Kleine Marktteilnehmer oder Bürgerengagement werden dadurch abgeschreckt. Große Projektierer profitieren.

Das Grünstromprivileg war die einzige ökonomisch sinnvolle Möglichkeit, Strom aus erneuerbaren Energien direkt an Kunden zu liefern. Regionaler Vertrieb mit allen sinnvollen Begleiteffekten zu intelligentem Verbrauch könnte sich darüber entwickeln. Einige Bürger-Genossenschaften haben sich nur zu diesem Zweck gegründet. Diese Marktidee entfällt ersatzlos.

Die erneuerbaren Energien sollen nun vielmehr auf dem freien Markt verkauft werden. So wird grüner Strom zu wahllosem Strom. Die Anlagenbauer müssen sich auf einem großen und undurchschaubaren Markt behaupten oder das Know-how von Händlern teuer einkaufen. Anreize zu intelligentem Vertrieb und Verbrauch gibt es in dem bestehenden Marktsystem nicht. Viel eher wird derzeit ein Großteil des Strombedarfs vor allem durch billige Braunkohle frühzeitig über den Terminmarkt gedeckt. In dem Moment, in dem die erneuerbaren Energien entstehen, ist eigentlich gar kein Platz mehr für sie. Dadurch können sie auch nie einen angemessenen Preis erwirtschaften und müssen teilweise sogar abgeregelt werden. Dieses drängende Problem wird durch die Direktvermarktung sogar noch verschärft!

Das gleiche Problem liegt der Auktionierung zugrunde. Anlagenbauer sollen in Zukunft für einen bestimmten Anteil ihrer Einkünfte selbst Sorge tragen. Das wäre kein Thema, wenn sie es könnten. Aufgrund der bestehenden Marktsituation besteht dazu aber gar keine Möglichkeit. Deshalb müsste vor allen Dingen erst der Markt verändert werden, damit Braunkohle stückweise der Energiewende weicht und Gaskraftwerke ihren Platz als flexible Aushilfen wahrnehmen können.

Stattdessen belegt die neue Regierung den Eigenverbrauch aus erneuerbaren Energien und KWK-Anlagen so stark mit Abgaben, dass diese Lösungen mit all ihren intelligenten Nutzungsmöglichkeiten erst einmal vom Markt verschwinden.Offshore bekommt weiterhin hohe Vergütungen zugesprochen und wird dadurch die Kosten nach oben treiben.

Bitte solidarisch mit den Verschmutzern!

Die Industrie wird voraussichtlich weiter hohe Privilegien erhalten. Gerade beim Eigenverbrauch erscheint das absurd und ungerecht: Dieser wird vollkommen von EEG-Zahlungen ausgenommen. Kohle- oder Atomkraftwerke zum Beispiel zahlen keine EEG-Umlage für ihren selbst verbrauchten Strom. Unter die Eigenverbrauchsregelung fallen voraussichtlich auch weiterhin Geschäftsmodelle, bei denen Industrieunternehmen sich – wie öfters geschehen – an alten Kohlekraftwerken beteiligen und von dort günstig Strom erhalten. Im Gegensatz zum Eigenverbrauch bei Krankenhäusern, Wohnhäusern oder Kleingewerbe summieren sich hier riesige Beträge, die von der Allgemeinheit ohne Gegenleistung mitgetragen werden. Die Politik muss solche Privilegien zumindest an effiziente Anwendungen und Systemdienstleistungen koppeln!

Die Stromverbraucher würden 2,6 Milliarden Euro sparen, wenn nur wenigstens Kohle- und Atomkraftwerke an der Umlage beteiligt würden. Sie benötigen nämlich viel Energie zum Beispiel für Förderbänder oder Pumpen, um Strom zu produzieren. Insgesamt benötigen die konventionellen Kraftwerke sechs Prozent des in Deutschland produzierten Stroms. Für diesen sind sie aber von allgemeinen Leistungen befreit. Die Umlage könnte laut der Berliner Consulting-Agentur Energy Brainpool von 6,24 Cent auf 5,5 Cent fallen, wenn auch alte Kraftwerkstechnologien an den gemeinschaftlichen Kosten beteiligt würden.

Sigmar Gabriel spricht davon, dass einer „Entsolidarisierung“ entgegengewirkt werden müsse. Er nimmt aber einseitig Solaranlagen und KWK-Anlagen in die Pflicht und verhindert dadurch ausgerechnet besonders effiziente und ökologische Projekte. Dreckige und gefährliche Kraftwerke sowie Großverbraucher bleiben privilegiert und treiben die Kosten nach oben. Das ist weder ökonomisch sinnvoll noch sozial. Vor allen Dingen ist es nicht solidarisch!

Quelle

KLIMARETTER.INFO | Trudel Meier-Staude 2014Die Umweltaktivistin Trudel Meier-Staude lebt in München und engagiert sich seit vielen Jahren für einen konzernunabhängigen StrommarktMehr Informationen zum Blackout des Monats und zu energie neu denken

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