China vertreibt 7.000 Mönche und Nonnen in Tibet
China plant, Tausende von Mönchen und Nonnen aus Larung Gar, der größten religiösen Ansiedelung in Tibet, zu vertreiben.
Bis zu 7.000 Mönche und Nonnen könnten zum Verlassen der buddhistischen Akademie in Osttibet gezwungen werden, nachdem eine von den Lokalbehörden verbreitete Verordnung neue Obergrenzen für die Anzahl der Bewohner dieser Siedlung festsetzte. Die im Bezirk Serthar in der TAP Kardze gelegene buddhistische Akademie Larung Gar soll im Rahmen eines von Chinas höchsten Regierungsorganen angeordneten Umstrukturierungsprozesses auf 5.000 Personen reduziert werden. Nach dieser Verordnung sollen dann die leerstehenden Wohnstätten zerstört werden.
In der von der Verwaltung des Bezirks Serthar verschickten Verordnung heißt es, daß bis Oktober 2017 nur noch 1.500 Mönche und 3.500 Nonnen in der Anlage leben dürften, während sie gegenwärtig über 10.000 Einwohner zählt. Damit ist sie das größte Zentrum buddhistischer Lehrtätigkeit in Tibet. In der Verordnung gibt es Anweisungen für den sukzessiven Abzug der Bewohner, und es wird mit gewaltsamer Vertreibung und sogar mit der Auflösung des gesamten Instituts gedroht, falls die gesetzte Frist nicht eingehalten wird.
Ein Grund für die Demolierung wurde nicht genannt, und die Bewohner von Larung Gar scheinen hinsichtlich der geplanten Maßnahmen nicht konsultiert worden zu sein.
Ebenso wird der Klosteranlage ein System gemeinsamen Managements aufgedrückt, bei dem drei Parteikader auf zwei monastische Amtsträger kommen. Das Kloster muß die Verwaltung der Finanzen den chinesischen Behörden übertragen.
Obwohl die Verordnung über die Demolierungen und die Ausweisung der Insassen vom Gouverneur des Bezirks Serthar verbreitet wurde, kamen die Instruktionen für diese Maßnahmen von der Zentralregierung Chinas. Es heißt, daß Präsident Xi Jinping deren Umsetzung genau verfolge.
Die Studierenden im Kloster und Ortsansässige reagierten auf die Verordnung mit einer Mischung aus Traurigkeit und Trotz.
So fragte ein Tibeter: “Warum soll eine so große Zahl von Behausungen bescheidener Mönche und Nonnen, die nur ihren eigenen Frieden suchen und die Lehren des Buddha praktizieren, gewaltsam zerstört werden?”
Ein anderer Tibeter, der in Larung Gar studiert, gab zu verstehen, daß die Bewohner sich der Verordnung widersetzen würden: “Wir haben keine Gesetze übertreten, wir sind in keiner Weise schuldig. Wir gehen unseren eigenen Weg, wir sind für uns selbst verantwortlich und führen ein einfaches Leben. Aber wenn uns solche widerrechtlichen Verordnungen aufgezwungen werden, haben wir keine andere Wahl, als zur Tat zu schreiten“.
Das 1980 gegründete Buddhistische Larung Gar Institut wurde allmählich zu einem der größten Zentren für buddhistische Studien in der ganzen Welt. Unter seinen gegenwärtig 10.000 Bewohnern – Mönchen, Nonnen und Laien – gibt es Studierende aus ganz Tibet und China, ebenso wie solche anderer Nationalitäten.
Larung Gar erlebte bereits in der Vergangenheit eine Welle von Zwangsausweisungen und die Zerstörung einiger Teile seiner Anlage. Im Jahre 2000 wurden die Wohnhütten von über 2.000 Mönchen und Nonnen niedergerissen und 2013 mußten Mönche und Nonnen aus Zentraltibet das Institut verlassen und nach Hause zurückkehren. Einige der Vertriebenen wurden sogar inhaftiert und mit Strafen von einem bis sechs Jahren Gefängnis belegt. Weitere 1.000 Personen erhielten 2015 den Befehl zum Verlassen der Klosteranlage, vor allem ältere Mönche und Nonnen.
Die Behörden begannen 2016 mit weiteren Demolierungen und entfernten deren Bewohner, aber dieser Prozeß ist derzeit zum Stillstand gekommen. Tibeter und Unterstützer Tibets aus aller Welt wandten sich in Botschaften an die chinesische Regierung und forderten sie auf, alle weiteren Zerstörungsmaßnahmen einzustellen.
- Einen ausführlichen Bericht, worin die einzelnen Punkte der Verordnung aufgeführt sind, hat das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy herausgebracht
- „ZERSTÖRUNG DES SERTHAR INSTITUTS“, Dokumentation des TCHRD, Januar 2002