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COP27: USA reklamieren beim Klima wieder die Führung

Die US-Klimapolitik ist isolationistisch: Die USA investieren Rekordsummen im eigenen Land, tun aber bei der Unterstützung von Entwicklungsländern umso weniger. Ihrem Führungsanspruch werden sie so nur teilweise gerecht.

Nachdem seine Demokratische Partei unerwartet gut bei den US-Parlamentswahlen abgeschnitten hat, ist US-Präsident Joe Biden am Freitag zur 27. UN-Klimakonferenz (COP 27) nach Sharm el-Sheikh gekommen. Dort konnte er sich mit großer Glaubwürdigkeit für mehr Klimaschutz einsetzen.

Die Glaubwürdigkeit beruht auf drei Gesetzen, die dieses Jahr verabschiedet wurden und enorme Summen für die Senkung der US-Emissionen freigeben: Allein das „Inflationsreduktionsgesetz“ beinhaltet 370 Milliarden Dollar für den Klimaschutz über die nächsten zehn Jahre.

Damit ist nahezu sichergestellt, dass die USA ihr Klimaziel für das Jahr 2030 erreichen werden: eine Reduktion der Emissionen um 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005. Zudem können diese Gesetze nicht von den Republikanern ausgehebelt werden, selbst wenn diese am Ende doch eine oder gar beide Kammern des US-Parlaments kontrollieren sollten. Biden könnte das mit seinem Vetorecht stoppen.

In Sharm el-Sheikh nutzte der US-Präsident diese starke Position, um von den anderen Ländern größere Anstrengungen im Klimaschutz einzufordern: „Um die Emissionskurve dauerhaft zu beugen, muss jede Nation ihren Beitrag leisten. Auf diesem Gipfel müssen wir unsere Klimaziele erhöhen. Die USA handeln, aber alle müssen handeln.“

Biden sprach auch die Verluste und Schäden an, die die Klimakrise bereits heute verursacht, nicht zuletzt in Entwicklungsländern: „Die Klimakrise trifft die Länder am härtesten, die am wenigsten Ressourcen haben, um zu reagieren.“

Natürlich durfte auch ein Hinweis auf den Führungsanspruch der USA nicht fehlen: „Ich habe die Präsidentschaft angetreten, um fundamentale Veränderungen herbeizuführen und die USA als vertrauenswürdige Führungsmacht in Sachen Klima zu etablieren.“

Fehlanzeige bei fairen Klimahilfen

Die Glaubwürdigkeit eines Landes bei den COPs hängt allerdings nicht allein am nationalen Klimaziel und den Finanzmitteln und Gesetzen, um dieses zu erreichen. Bei Industriestaaten wie den USA schauen sowohl die anderen Industriestaaten als auch die Entwicklungsländer darauf, was das Land zu den Klimahilfen für ärmere Länder beisteuert.

Und hier haben die USA und damit auch Biden ein Problem. Das Land bleiben weit hinter seinem fairen Anteil an den 100 Milliarden Dollar zurück, welche die Industriestaaten im Jahr 2009 den Entwicklungsländern versprochen hatten. So haben die USA im Jahr 2020 nur acht Milliarden „mobilisiert“ (inklusive privaten Mitteln) – ein Fünftel der 40 Milliarden, die ihrem Anteil an den historischen Emissionen gerecht würden, wie das Klimaportal Carbon Brief ausgerechnet hat.

Dieses Jahr stehen die USA sogar noch schlechter da. Biden hat zwar versprochen, die Klimahilfen auf 11,4 Milliarden pro Jahr zu erhöhen, bekam aber vom US-Kongress nur eine einzige Milliarde bewilligt. Auf die Frage „Wo ist das Geld?“ müsste Biden daher ehrlicherweise antworten: „Sorry, aber es gibt quasi keins.“

Dieses Problem versucht Bidens Klimabeauftragter John Kerry zu kaschieren, indem er stets die Wichtigkeit anderer Finanzquellen betont. Kerry will zum einen, dass die multilateralen Entwicklungsbanken mehr Geld in den Klimaschutz investieren, zum anderen will er Firmen an Klimaprojekten beteiligen. Diese sollen für jede eingesparte Tonne CO2-Zertifikate bekommen, die sie dann mit ihren eigenen Emissionen verrechnen können.

Bei Jochen Flasbarth, dem Staatssekretär im deutschen Entwicklungsministerium, stößt Kerrys Plan auf wenig Begeisterung: „Wir haben eine gewisse Skepsis, ob das tatsächlich etwas ist, was die Zusagen der Industrieländer gegenüber unseren Partnerländern ersetzen soll.“

Und Kerrys Lage könnte sich noch weiter verschlechtern. Falls die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen sollten, könnten sie im kommenden Jahr auch die eine kümmerliche Milliarde aus dem Haushalt streichen. Da hilft es auch nicht mehr, wenn die USA im eigenen Land Milliarden für den Klimaschutz ausgeben.

Gespräche mit China

Dafür könnte sich die US-Position durch eine andere Entwicklung verbessern. Fortschritten auf Klimakonferenzen ging oft eine bilaterale Einigung zwischen den USA und China voraus. Das war sowohl 2015 in Paris als auch letztes Jahr in Glasgow der Fall.

Nach dem Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, in Taiwan hat China aber alle bilateralen Kontakte zu den USA abgebrochen – offiziell auch beim Klima. Kerry und sein Pendant aus China, Xie Zhenhua, pflegten aber weiterhin den Kontakt.

Xie sagte in Sharm el-Sheikh, dass ihn mit Kerry eine 25-jährige Freundschaft verbinde und sie über den Sommer acht Briefe ausgetauscht hätten. Auch Kerry bestätigte, dass Gespräche stattfinden: „Wir müssen miteinander reden, weil wir die beiden größten Emittenten sind.“

Kerry deutete zudem an, dass die Eiszeit zwischen den beiden Supermächten demnächst enden könnte – nach einem Treffen zwischen Biden und Chinas Präsident Xi Jinping beim G20-Gipfel nächste Woche auf Bali. Damit wäre das US-China-Gespann wieder handlungsfähig.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Christian Mihatsch) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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