Coronakrise: EU-Kommission verschiebt Green-Deal-Initiativen
Mit einem „Green Deal“ will die EU-Kommission die Wirtschaft ankurbeln und im Sinne des Klimaschutzes umgestalten. Durch die Corona-Krise muss sie nun Teile der Pläne verschieben.
Die EU-Kommission muss ihren Green Deal vorerst zusammenstreichen. Zu viel Aufmerksamkeit braucht die Coronakrise, als dass alle Pläne im ursprünglichen Zeitrahmen umzusetzen wären. Das zeigt der Anhang des überarbeiteten Arbeitsprogramms der Kommission, der Klimareporter° vorliegt.
Aus dem Dokument ergibt sich, dass die Klimaschutz-Vorhaben größtenteils bestehen bleiben (im Dokument grün markiert), darunter die Festlegung neuer Klimaziele für 2030 sowie eine Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen.
Einige Initiativen (gelb) sollen noch in diesem Jahr folgen. Andere (rot) sollen aber erst in das kommende Arbeitsprogramm im nächsten Jahr Eingang finden.
Rot markiert wurden dabei eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel, zwei Programme zu alternativen Kraftstoffen für Luftverkehr und Schifffahrt und eine Initiative zur Stärkung von Verbraucher:innen in der ökologischen Wende. Es soll sich um derzeit „weniger dringliche“ Anliegen handeln, wie es heißt.
Wie um das zu bekräftigen, wiederholte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute in einer Rede vor dem EU-Parlament in Brüssel ihr Versprechen, einen Green Deal anzuschieben. „Mit der globalen Erholung wird sich die Erderwärmung nicht verlangsamen“, sagte sie mit Blick auf die zu überwindende Coronakrise. „Eine moderne Kreislaufwirtschaft macht uns unabhängiger und widerstandsfähiger.“
Unterdessen hat sich eine außergewöhnliche Allianz aus Politik, Wirtschaft und Umweltbewegung in einem offenen Brief an die Kommission gewandt, um ein „neues Wohlstandsmodell“ zu fordern, das mit ökologischen Grenzen im Einklang steht. Um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen, brauche es ohnehin starke Investitionen. Diese sollten von vornherein in eine nachhaltige Richtung gelenkt werden.
Unterzeichnet haben neben Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) auch deren Amtskolleg:innen aus Frankreich, Schweden, Italien, Luxemburg und Spanien. Aus der Zivilgesellschaft beteiligte sich zum Beispiel Laurence Tubiana, Architektin des Paris-Abkommens und mittlerweile Chefin der European Climate Foundation, an dem Aufruf.
Eingeklinkt haben sich auch Unternehmen, die von strengerem Klimaschutz weniger Nachteile hätten, etwa der Energieriese Eon, der Autobauer Renault oder der Lebensmittelkonzern Nestlé.
Wer den Klimaschutz jetzt ausbremst
Es gibt jedoch auch diejenigen, die keinen Hehl daraus machen, dass sie sich keinen ökologischen Neustart der Wirtschaft wünschen. Gerade die deutsche Autoindustrie steht hinter den Kulissen bereits in den Startlöchern, um Klimaschutz auszubremsen.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, fordern Branchenverbände und Konzerne von der EU-Kommission, wegen des Wirtschaftszusammenbruchs infolge der Corona-Pandemie bereits gefasste Beschlüsse für schärfere CO2-Grenzwerte bei Autos zu kippen. Die deutsche Industrie wirbt demnach bereits um die Unterstützung der Bundesregierung.
Auch Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß sprach sich gegen mehr Klimaschutz aus, speziell gegen eine Erhöhung des beschlossenen CO2-Preises in Deutschland. „Die Wirtschaft liegt am Boden, und dann gleich nochmal eins obendrauf! Und noch mehr Unternehmen und Arbeitsplätze gefährden!“, twitterte er.
„Vielleicht sollten wir jetzt mal darüber reden, wie wir Arbeit und Wirtschaft entlasten statt belasten“, forderte Bareiß. Der FDP-Wirtschaftspolitiker Gerald Ullrich hatte sich zuvor ähnlich geäußert.
Der „Wirtschaftsrat der CDU“ will beim Klimaschutz ebenfalls den Rückwärtsgang einlegen. Wolfgang Steiger, Geschäftsführer des parteinahen Vereins, forderte eine „Inventur der Umweltgesetzgebung“, die die deutsche Wirtschaft betreffe. Anderenfalls drohe eine „De-Industrialisierung“.
Quelle
Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Susanne Schwarz)
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