‹ Zurück zur Übersicht
bigstock | nruboc

© bigstock | nruboc

Der niedrige Ölpreis – kein Segen für die Weltwirtschaft!

Citigroup warnt vor Verlust von 100 Billionen US Dollar.

Die Autofahrer freuen sich, endlich wieder billig Auto zu fahren und die Investitionen in neue Ölheizungen haben wieder zugenommen, trotz Klimakrise. Doch verborgen für die meisten Menschen bahnt sich eine neue Weltwirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes an. Der Spiegel hat in einer sehr guten Analyse die dramatischen Auswirkungen des niedrigen Ölpreises auf die Erdölförderländer aufgezeigt.

Doch über die mittelfristigen negativen Auswirkungen auf die Industrieländer schweigt sich der Spiegel in seiner typischen einseitigen Berichterstattung aus. Noch einige Monate, vielleicht auch wenige Jahre, wird die Endralley des niedrigen Ölpreises den Rausch der Erdölkonsumenten zusätzlich befördern. In ihrem Bestreben, den Zusammenbruch der eigenen Erdölfördereinahmen durch die niedrigen Ölpreise aufzufangen, erhöhen alle Fördernationen die Fördermengen. Dadurch bricht aktuell der Ölpreis noch mehr ein und beschleunigt den Ausverkauf des letzten billigen Erdöles aus leicht gewinnbaren Öllagerstätten, vor allem in Saudi Arabien, wo mit 10 US Dollar pro Barrel die niedrigsten Ölförderkosten vorliegen.

Doch längst konnte die unverändert hohe Ölnachfrage der Welt nur noch gestillt werden, weil auch unkonventionelle Ölquellen mit erheblich höheren Förderkosten weit über 70 Dollar pro Barrel große Mengen an Erdöl in den Markt pumpten. Diese unkonventionellen Ölquellen werden umso schneller versiegen, je tiefer der Ölpreis sinkt.

Ob sie je wieder reaktiviert werden, ist mehr als fraglich, weil auch die Klimakrise ihre Schatten auf die Erdölinvestitionen vorauswirft. Die Citigroup in New York hat in ihrer jüngsten Analyse dargestellt, dass 100 Billionen US Dollar investiertes Kapital weltweit auf einen Schlag wertlos und damit vernichtet sein werden, wenn die Weltgemeinschaft in Paris tatsächlich einen Beschluss zum Stopp der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius beschließt. Dies würde zwar für einen wirksamen Klimaschutz überhaupt nicht ausreichen, wäre aber für die fossile Weltwirtschaft der K.O.-Schlag. Zum Vergleich: die gebeutelte europäische Wirtschaft versucht die Schäden von einigen hundert Milliarden Euro Staatsverschuldung auszugleichen – ein Klacks gegenüber den von der Citigroup tausend mal höheren 100 Billionen Schäden in der fossilen Weltwirtschaft.

Die nächste Weltwirtschaftskrise ist also längst vorhergesagt und mit ihr die nächste Ölkrise. Denn da die Finanzwirtschaft immer schneller die Ölinvestitionen vermeiden wird, wird es nach der im Moment immer schneller von statten gehenden Ausbeutung der billigen Ölquellen bald kein billiges Erdöl mehr geben und für die Erschließung teuren Erdöls fehlen einfach die Finanzinvestoren.

Dann aber werden sich die Autofahrer, die nicht auf Elektroautos und die Heizungsbesitzer, die nicht auf Solarheizungen umgestiegen sind, erst recht die Augen reiben angesichts des unbezahlbaren Erdöls und sich fragen, warum sie heute noch auf Erdöl gesetzt haben. Und die meisten Politiker, wie Kanzlerin Merkel oder Vizekanzler Gabriel, die überhaupt keine Sensibilität für diese Entwicklungen haben, werden auf dem Scherbenhaufen ihrer Anti-Erneuerbare-Energien-Politik stehen.

Wir sind weit davon entfernt, diese kommende Weltwirtschaftskrise vorrausschauend mit einer verstärkten politischen Unterstützung der Erneuerbaren Energien zu vermeiden, und ebenso wenig zu sehen ist von einem vorsorgenden Konsumentenverhalten.

Der im Spiegel-Artikel angedeutete Zusammenbruch der Staatsfinanzen der erdölproduzierenden Länder und der immer schnellere Rückzug der Finanzinvestoren aus der fossilen Wirtschaft wird die Erdölwirtschaft und damit die Weltwirtwirtschaft zum Kollabieren bringen, genau in dem Moment, wo viele Energiekonsumenten glauben, wegen aktuell niedriger Ölpreise langfristig mit neuen Erdölautos und Erdölheizungen auf der sicheren Seite zu sein.

Quelle

Hans-Josef Fell 2015 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren