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Desertec legt Zwischenbilanz vor

Nach fünf Jahren erfolgreicher Arbeit: Phase 2

Internationale Industrie-Unternehmen und die Desertec-Stiftung haben 2009 die Idee vom Strom aus den Wüsten aufgegriffen und die Desertec Industrial Initiative – kurz Dii GmbH– gegründet. Das Medienecho war begeistert mit zahlreichen Superlativen. Die Dii trat an, um die Bedingungen dafür zu schaffen, dass Wüstenstrom in der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) für den lokalen Bedarf beschleunigt produziert und dann auch auf dem Europäischen Markt angeboten werden kann.

Dii-CEO Paul van Son: „Wir wollten mit den damals fast 60 Gesellschaftern und Assoziierten Partnern der Wüstenstromerzeugung in MENA und dem  Stromaustausch mit Europa einen kräftigen Auftrieb geben und die reelle Machbarkeit anhand von Studien und konkreten Projekten demonstrieren.“ Das sei auch gelungen, so der holländische Energieexperte: „Wüstenstrom wurde dadurch tatsächlich als langfristig wirtschaftliche Option für die Energieversorgung in fast allen Ländern ‘salonfähig’. Inzwischen sind in der MENA-Region Ökostrom-Kraftwerke mit ca. 3 Gigawatt in Betrieb, und bis 2020 sind mehr als 30 GW geplant. Damit hat die Dii ihre erste Mission erfüllt.“

Drei Aufgaben

Die bei der der Dii-Gründung selbstdefinierte Aufgabe bestand aus drei Teilen:

  1. Zunächst sollte der technisch, wirtschaftlich und finanziell beste Energiemix definiert werden: Konzentrierte Solarenergie (CSP), Photovoltaik (PV), Windenergie und möglicherweise Geothermie wurden auf ihr jeweiliges Entwicklungspotenzial hin überprüft.
  2. Dann galt es, eines oder mehrere sogenannteReferenzprojekte zu definieren; man nannte sie bewusst nicht Pilotprojekte, denn die Dii verstand sich nicht als Marktteilnehmer, Finanzier oder Entwickler von Kraftwerken.
  3. Schließlich sollte ein Rollout-Plan erarbeitet werden, der die denkbare Perspektive der Wüstenstrom-Idee bis 2050 aufzeigen sollte.

Nicht erfüllt wurde dagegen laut Desertec-Ideengeber Gerhard Knies „die anfänglich verbreitete Erwartung, die deutsche Industrie- und Finanzwirtschaft sei bereits entschlossen, 400 Milliarden Euro in den Aufbau eines Solarenergie EUMENA-Verbundsystems zu investieren. Eine solche Zusage hat es nie gegeben.“ Club-of-Rome-Mitglied Knies hofft, dass seine Vision jetzt trotzdem der Verwirklichung näherkommt. „Aber sie muss ein ganz anderes Tempo aufnehmen, wenn wir diesen Planeten als Lebensraum für 10 Milliarden Menschen vorbereiten wollen. Wenn wir die Bewohnbarkeit des Planeten nicht durch Übernutzung und Klimawandel ruinieren wollen, brauchen wir sauberen Wohlstand und saubere Energie für alle. Für ein stabiles Erdklima  müssen ca. 40 Jahre lang jeden Tag im Schnitt etwa 3 Gigawatt Solar- und Windenergie weltweit in Betrieb gehen – jetzt sind es nur 0,1 Gigawatt.“ Für Knies, von dem der Name Desertec stammt, ist der Wüstenstrom die große Hoffnung und wohl auch eine letzte Chance für die Menschheit, den Klimawandel noch in den Griff zu kriegen. Erst vor kurzem hat Knies auf Solarify diese seine Vorstellung erläutert.

Knies hat also die Wüstenstrom-Vision vorrangig als aktiven Beitrag zum Klimaschutz gesehen, und auch  als wegweisende Innovation im Energiemarkt, – zum Ausgleich der wegfallenden Energiemengen nach dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Atom. Die Desertec-Gründer um Knies wollten den Umstieg beschleunigen.

Desertec-Gründungs-Geschäftsführer: “Dii-Gründung hat Idee bekannt gemacht”

„Das war und ist unser erklärtes Ziel – und dabei hat uns die Gründung der Dii sehr geholfen, denn sie hat uns Aufmerksamkeit verschafft und das Konzept bekannt gemacht“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Friedrich Führ, Gründungs-Vorstand der Desertec Foundation, die sich kurz vor der Dii-Gründung auf Anregung des Club of Rome formiert hatte.

„Für die weltweite Energiewende bleibt Desertec eine zentrale Säule“ erklärt Frithjof Finkbeiner, Aufsichtsrats-Vorsitzender der Desertec-Stiftung: „Zusätzlich zu den Millionen dezentralen PV-Anlagen auf unseren Hausdächern, müssen wir die Sonne dort einfangen, wo wir den Jahresenergiebedarf der gesamten Menschheit in nur sechs Stunden decken könnten, in den Wüsten unserer Erde.“

Die Idee breitet sich aus

Eines der Länder, das seine Wüsten als zuverlässigen Energielieferanten entdeckt hat, ist Chile – dessen Regierung berät Ignacio Campino, Vorstand der Desertec-Stiftung: „Wir sind seit zwei Jahren in Chile aktiv und unterstützen die Pläne der Regierung, die Erneuerbaren in der Atacama-Wüste und in anderen Regionen zu entwickeln“.

Desertec-Mitgründer Führ freut sich darüber, dass die Dii, zunächst für drei Jahre gegründet, später um zwei Jahre verlängert, durchgehalten habe – und: „Ich wünsche mir, dass die beteiligten Unternehmen sich über den gemeinsamen Erfolg freuen. Viele denken, das, was wir erreicht haben ist doch selbstverständlich, darüber braucht es nicht viele Worte. Oft sind es die Dinge, die wir besonders gut können, die uns selbstverständlich vorkommen. Dabei sind sie das nicht. Die Ergebnisse der Dii sind nicht vom Himmel gefallen, sondern hart erarbeitet worden.“

Diese Ergebnisse hätten teilweise überrascht und müssten jetzt integriert werden. Die Rolle von CSP sei heute eine andere als zu Beginn gedacht, ebenso die Vernetzung. Beides sei zwar nach wie vor sinnvoll, werde aber erst später als zunächst  geplant eine Rolle spielen. Zudem ist die Bedeutung von Wind und PV außerordentlich stark gewachsen. Führ dankt „allen Unternehmen, welche die Arbeit unterstützt haben“. Sie könnten stolz auf das Erreichte sein und sollten sich von den weiteren Ergebnissen überraschen lassen: „Das kann wichtige Impulse für die Firmenstrategien auslösen.“

Van Son: “Fossile Subventionen abbauen!”

Dii-Chef Paul van Son, inzwischen das „Gesicht des Wüstenstroms“, fordert nach wie vor den Abbau der staatlichen Förderung für die fossilen Energieträger (laut IEA etwa fünfmal so hoch wie für die Erneuerbaren): „Dann wird Wüstenstrom bald allgemein ohne Subventionen in einem fairen und transparenten Markt wettbewerbsfähig sein. Die praktischen Aspekte der Wüstenstromprojekte nehmen schnell an Bedeutung zu. In diesem Kontext wird die Dii ihre Arbeit als Berater für ihre Partner vor Ort in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, einem Zentrum für Innovationen in MENA, fortsetzen.“

Zwei Konzern-Stimmen: ABB und ACWA-Power

Paddy Padmanathan CEO von ACWA Power, einem der drei weiterhin aktiven Dii-Gesellschafter (neben RWE und der SGCC – State Grid Corporation of China), ist der Dii mit seinem Unternehmen aus zwei Gründen beigetreten: “Erstens, um die Stakeholder in Europa und MENA von der phänomenalen Chance zu überzeugen, nachhaltig wettbewerbsfähigen Wüstenstrom zu produzieren, und diesen Strom nicht nur dort zu verbrauchen, sondern auch preiswert nach Europa zu übertragen – und zweitens die überwiegend europäischen Mitspieler dazu zu bewegen, sich MENA-Unternehmen wie uns anzuschließen und beim Einsatz entsprechender Technologien mitzuhelfen, um die Schaffung des Grünstrom-Marktes zu beschleunigen.“ ACWA-Power stelle mit großer Zufriedenheit fest, so Padmanathan, dass die Dii beide Ziele erfolgreich verfolgt habe: „Deshalb sind wir Hauptpartner geworden und begleiten die Dii ins nächste Zeitalter der schnellen Verbreitung von Öko-Energie.”

Jochen Kreusel, Leiter des Konzernprogramms Smart Grids bei der ABB AG und Mitgründer der Dii, sieht die Dii-Mission ebenfalls weitgehend erfüllt: „Aus unserer Sicht sind die vor fünf Jahren definierten Ziele inzwischen überwiegend erreicht worden. Damals haben erneuerbare Energien im Nahen Osten und in Nordafrika kaum eine Rolle gespielt. Das ist heute völlig anders.“ Dass mit der Schaffung eines Konsortiums aus hochangesehenen Industrieunternehmen die Wüstenstrom-Idee institutionalisiert worden sei, habe viel zur Glaubwürdigkeit der erneuerbaren Energien in der Region beigetragen. „Im Gegensatz zum Jahr 2009 ist der Ausbau der erneuerbaren Energien spürbar in Gang gekommen. Rund 70 Projekte sind inzwischen realisiert oder in der Umsetzung. Darüber hinaus haben die umfangreichen Studien der Dii in vorher nicht erreichter Qualität Transparenz über die Potentiale erneuerbarer Energien und den Nutzen einer langfristigen Vernetzung von Europa und der MENA-Region geschaffen.“

Weltweite Zusammenarbeit aller Player nötig

Führ hebt den einzigartigen Charakter der fünfjährigen Zusammenarbeit hervor: “Dank an alle Beteiligten an dieser einzigartigen Zusammenarbeit. Meines Wissens hat es noch nie eine derartige breite Zusammenarbeit zwischen mittelständischen Unternehmen, sowie weltweit tätigen Konzernen einerseits und einer gemeinnützigen Stiftung andererseits als Beitrag zum Klimaschutz gegeben.“ Das sei beispielgebend und verdiene höchste Anerkennung. Über alte Konfliktlinien hinaus bedürfe es mehr derartiger Kooperation. Der Gründungsvorstand der Desertec Foundation: „Wir müssen unsere Anstrengungen gerade in dieser Hinsicht verstärken.”

Mit Blick in die Zukunft sagt van Son: „Die begonnene Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft zur weltweiten Entwicklung von Wüstenstrom erfordert die weitere Zusammenarbeit aller Player. Desertec Stiftung und Dii haben eine gemeinsame langfristige Mission und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren.“

Quelle und weitere Informationen:

dii-eumena.com | Dii-CEO Paul van Son
Quelle

SOLARIVY 2015

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