Deutschland blockiert EU-Stromwende
Studie zum Kohleausstieg
Ein langsamer Kohleausstieg wie in Deutschland oder Polen führt dazu, dass der CO2-Ausstoß der Europäischen Union im Jahr 2030 immer noch zu hoch ist. Das hat eine Analyse der Klimapläne aller EU-Staaten ergeben.
Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, muss sich der Strommix in der EU bis 2030 rasant verändern. Die Kohleverstromung muss auslaufen und der Anteil der erneuerbaren Energien muss stark steigen.
Eine neue Untersuchung zeigt nun: Vor allem sieben der 27 EU-Länder blockieren mit ihren bisherigen Plänen im Energiesektor diese Energiewende – darunter die Bundesrepublik.
Bei den sieben Staaten handelt es sich laut der Analyse des britischen Thinktanks Ember (vormals Sandbag) um Polen, Tschechien, Bulgarien, Deutschland, Belgien, Rumänien und mit Abstrichen Italien.
Zusammen werden diese im Jahr Länder 2030 voraussichtlich für rund 80 Prozent des CO2-Ausstoßes im Stromsektor in der EU-27 verantwortlich sein, die Bundesrepublik alleine für etwa 30 Prozent.
Für die Studie hat Ember die Nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs) der EU-Staaten bis 2030 analysiert, die die Regierungen der Europäischen Kommission vorlegen mussten.
Deutschland hat einen Kohleausstieg bis 2038 beschlossen, der unter Umständen auf 2035 vorgezogen werden kann. 2030 würde hier nach der Ember-Analyse über ein Drittel der Kohleverstromung der EU stattfinden.
Ein Viertel des Stroms wird 2030 gemäß den NECPs immer noch mit fossilen Brennstoffen produziert. Die Kohleverstromung werde im Vergleich zu 2018 nur um 53 Prozent zurückgehen, so die Ember-Analyse, obwohl sie im Sinne der Paris-Ziele bereits beendet sein müsste.
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird sich nach den Plänen bis 2030 annähernd verdoppeln und deckt dann rund 60 Prozent der Nachfrage.
Um das von der EU-Kommission angepeilte CO2-Minderungsziel von 55 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen, müsste der Ausbau der Erneuerbaren jedoch um ein Drittel schneller vonstattengehen als zurzeit geplant, so die Experten.
„Deutschland blockiert die EU-Energiewende“
Die Bundesregierung, die in diesem Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft innehat, will bis Jahresende unter den 27 EU-Ländern einen Konsens für ein schärferes CO2-Ziel für 2030 aushandeln.
Während die EU-Kommission eine CO2-Reduktion um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 vorschlägt, spricht sich das Europaparlament sogar für minus 60 Prozent aus. Derzeit liegt das 2030er Ziel noch bei minus 40 Prozent, das ist viel zu schwach, um die Paris-Ziele einzuhalten.
Der Paris-Vertrag sieht vor, dass die Erderwärmung bei deutlich unter zwei Grad, besser aber bei 1,5 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit gestoppt wird. Erreicht sind bereits 1,2 Grad.
„Der langsame Ausstieg Deutschlands aus der Kohle blockiert den Umstieg der EU auf saubere Energiequellen“, sagte Charles Moore, Autor der Studie und Energieversorgungsexperte bei Ember.
Im Jahr 2030 werde die Bundesrepublik immer noch eines „der schmutzigsten Stromnetze“ der EU haben, so Moore, der vor seinem Wechsel zu Ember bei RWE tätig war. Das untergrabe die Glaubwürdigkeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, wenn es darum gehe, in stark von Kohle abhängigen Staaten wie Polen und Tschechien die Unterstützung für die CO2-Reduktion um 55 oder 60 Prozent zu gewinnen.
„Deutschland muss dringend den Kurs ändern und mit gutem Beispiel vorangehen, indem das Land in diesem Jahrzehnt zu einer CO2-neutralen Stromerzeugung kommt“, sagte Moore. Zu Deutsch: Der Kohleausstieg müsste deutlich vorgezogen werden.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!