Die richtige Energie für den Frieden, auch in Korea
Die Annäherung von Nord- und Südkorea wird auf Dauer nur gelingen, wenn alle Beteiligten auf die Erneuerbaren setzen. Von Hans-Josef Fell
Die Welt staunt über die plötzliche und unerwartete Dynamik im koreanischen Friedensprozess. Den entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung hat nicht US-Präsident Trump, auch wenn er dies für sich reklamiert, sondern der neue südkoreanische Präsident Moon Jae In.
Moon hat schnell und diplomatisch geschickt neue friedenspolitische und ökologische Wege in der koreanischen Politik eröffnet: Unter anderem hat er auch den Ausstieg Südkoreas aus Atomkraft und Kohlenutzung angekündigt.
Dieser neue energiepolitische Weg Südkoreas mit Erneuerbaren Energien wird auch der entscheidende Schlüssel für die Umsetzung des begonnenen Friedensprozesses in ganz Korea sein.
Eine wirkliche Denuklearisierung Koreas, wie sie Kim Jong Un und Moon Jae In vereinbart haben, gelingt nur, wenn auch die Atomreaktoren abgeschaltet werden, die prinzipiell weiterhin Atomwaffenmaterial produzieren können. Erst deren Abschaltung wird glaubhaft belegen, dass nicht heimlich doch ein Atomwaffenprogramm betrieben wird.
Genau dies ist ja der Vorwurf, den Israel und US-Präsident Donald Trump gegen das iranische Atomabkommen vorbringen. Auch im Iran wäre ein Ausbau der Erneuerbaren Energien unter Verzicht auf die Atomkraft ein Weg gewesen, der den Scherbenhaufen der Kündigung des Abkommens durch die USA verhindert hätte.
Entscheidend für Korea wird sein, dass die Weltgemeinschaft den südkoreanischen Präsidenten bei seiner atomkraftfreien und klimaschützenden Energiepolitik unterstützt. Da Erneuerbare Energien wesentlich günstiger sind als Atomkraft und inzwischen auch als fossile Energien, wird ein Plan mit 100 Prozent Erneuerbaren einer der wichtigsten Beiträge zu dem begonnenen Friedensprozess in Korea sein.
Erneuerbare Energien sorgen für Wohlstandsentwicklung
Erneuerbare Energien stellen auch die wirtschaftlichste Lösung für eine Modernisierung und Wohlstandsentwicklung in Nordkorea dar. Wenn dagegen die sogenannte friedliche Nutzung der Atomkraft akzeptiert wird, dann wird es wie im Iran jahrelange Verhandlungen über die Kontrolle des neuen Waffenmaterials aus Atomreaktoren geben, mit sicherlich unbefriedigendem Ausgang.
Oder Kim Jong Un könnte gar die Geduld verlieren und den Friedensprozess jäh wieder stoppen, so wie sein Vater 2009. Im Jahr 2007 wurde Nordkorea nur Schweröl angeboten, der schmutzigste aller Brennstoffe. Mit ökonomisch wirksamer Wohlstandsentwicklung, Luftreinhaltung und Klimaschutz hatte dies nichts zu tun. Die Weltgemeinschaft versagte, weil sie Nordkorea eben keine grüne Ökonomie vorschlug, und hat so die atomare Aufrüstung Nordkoreas indirekt mit zu verantworten.
Schon 2007 hatte ich der südkoreanischen Regierung einen Nordkoreaplan mit Erneuerbaren Energien statt Schweröl und Atomkraft vorgeschlagen. Auch der chinesischen Regierung übergab ich meine Vorschläge.
Heute ist die Entwicklung viel weiter. Erneuerbare sind im Gegensatz zu 2007 jetzt die ökonomisch günstigste Art, Energie zu erzeugen. Südkoreas Unternehmen sind führend in der Produktion von Ökostrom-Technologien, Batteriespeichern und E-Mobilität.
100 Prozent Erneuerbare Energien könnte die koreanische Wirtschaft fast alleine schaffen. Mit der Ansiedlung neuer Produktionsstätten in Nordkorea könnten dort viele neue Jobs geschaffen werden. Eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien würde die koreanische Halbinsel zur weltweiten Vorzeigeregion für eine klimaschützende, atomfreie, grüne Ökonomie machen, mit all den gewünschten ökonomischen, ökologischen und friedenspolitischen Vorteilen.
Die deutsche Regierung und China haben großes Know-how in Erneuerbaren Energien. Sie könnten einen Plan für 100 Prozent Erneuerbare in ganz Korea und Unterstützung für die Umsetzung vorschlagen.
Damit könnten sie Russlands Präsident Putin entgegentreten, der angeboten hat, mit Energie den koreanischen Friedensprozess zu unterstützen. Doch russische Atomkraft ist ungeeignet für die angestrebte Denuklearisierung Koreas. Russische Erdöl-, Erdgas- und Kohlelieferungen sind teurer als Erneuerbare Energien, dienen nicht dem Klimaschutz und führen nur in die politische Abhängigkeit Russlands.
Die Energy Watch Group wird einen Plan für 100 Prozent Erneuerbare Energien in Korea entwickeln. Nun braucht es viele Unterstützer aus allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen, um einen solchen Friedensplan zu verwirklichen.
Das neu aufgewachsene zarte Pflänzchen Frieden in Korea darf nicht wieder wie 2009 zerstört werden durch eine Weltgemeinschaft, die die große friedenspolitische Wirkung der Erneuerbaren Energien nicht erkennt.
Quelle
Hans-Josef Fell 2018 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG | Dieser Text erschien am 14. Mai 2018 als Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau