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bigstock | WDG-Photo | Worin nun die Einigung beim Windabstand gegenüber dem besteht, was im Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes vom November 2019 stand und dann später wegen des koalitionären Konflikts aus dem Gesetz gekippt wurde, ist so leicht nicht zu erklären.

© bigstock | WDG-Photo | Worin nun die Einigung beim Windabstand gegenüber dem besteht, was im Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes vom November 2019 stand und dann später wegen des koalitionären Konflikts aus dem Gesetz gekippt wurde, ist so leicht nicht zu erklären.

Einigung beim Windkraft-Ausbau: Länder können bis zu 1.000 Meter Abstand nehmen

Nach einem halben Jahr Streit und Stillstand haben sich Union und SPD geeinigt: Jedes Bundesland soll künftig für sich festlegen, welchen Abstand neue Windräder von Wohnbauten haben müssen – maximal sind 1.000 Meter zulässig, sieht der Koalitionskompromiss vor.

Ein kleiner Schritt für die Ökobranche, ein großer für die Koalition. Heute haben sich Union und SPD nach einem halben Jahr Streit über die Abstandsregelung für neue Windkraftanlagen geeinigt. Damit kann auch der seit 2012 geltende Photovoltaik-Deckel bei 52.000 Megawatt fallen.

Während sich die Windkraft-Unterhändler der Koalition – die Vizefraktionschefs Carsten Linnemann (CDU) und Matthias Miersch (SPD) – offenbar nur gegenüber einer Nachrichtenagentur äußerten, durfte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den gesamten Kompromiss zum Ausbau von Photovoltaik und Windkraft den anderen Medien verkünden.

Altmaier ließ dabei durchaus durchblicken, wie vergnatzt er über das monatelange Hickhack ist. Heute Morgen habe er einen grünen Schlips gewählt, und Grün sei ja die Farbe der Hoffnung, sagte der Minister und erzählte so nebenbei, dass er, wenn sich die Koalitionäre beim Wind noch nicht geeinigt hätten, den 52.000-Megawatt-Solardeckel bis zum Jahresende zumindest ausgesetzt hätte. Das sei ja nun nicht mehr notwendig.

Worin nun die Einigung beim Windabstand gegenüber dem besteht, was im Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes vom November 2019 stand und dann später wegen des koalitionären Konflikts aus dem Gesetz gekippt wurde, ist so leicht nicht zu erklären.

Im damaligen Entwurf des Bundesgesetzes hieß es: Windanlagen sollen nicht zulässig sein, wenn sie „in einem Mindestabstand von weniger als 1.000 Metern zur zulässigen Wohnbebauung in einem im Bebauungsplan festgesetzten reinen oder allgemeinen Wohngebiet oder zur zulässigen zusammenhängenden Bebauung mit mehr als fünf Wohngebäuden in einem festgesetzten Dorfgebiet errichtet werden sollen“.

Die Länder und die SPD pochten in der Folge auf das Recht, von dieser Bundesvorschrift wenigstens nach unten abweichen zu können, hatten aber das Problem, kritischen Anwohnern zu erklären, warum sie einen geringeren Abstand für erlaubt halten, wenn doch der Bund 1.000 Meter für angemessen hält.

Länder entscheiden auch über Zahl betroffener Wohnbauten

Künftig soll nun gelten, so sekundierte Wirtschaftsstaatssekretär Andreas Feicht dem Minister heute, dass die Länder eigenständig in Landesgesetzen den Mindestabstand „von der Mitte des Mastfußes bis zu nächsten bezeichneten zulässigen baulichen Nutzung zu Wohnzwecken“ regeln können – und dieser könne dann 1.000 Meter oder auch weniger betragen.

Weggefallen ist laut Feicht auch eine konkrete Zahl betroffener Wohnbauten. Auch das könnten die Länder selbst festlegen. Rechtlich umgesetzt wird das über eine Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch. Für Bayern wird dabei eine Ausnahme gemacht – dort wird weiter die 10-H-Regelung gelten.

Auch Altmaier räumte ein, dass der Unterschied zwischen der früheren und der jetzigen Lösung so groß nicht ist, aber das sei den Beteiligten „eben wichtig gewesen“. Für ihn trage die nun gefundene Regelung zur Akzeptanz der Windkraft bei, weil sie helfe, die „Hotspots der Kontroversen“ zu entschärfen.

Er selbst, so Altmaier, sei übrigens von Anfang an der Auffassung gewesen, dass bei den Abständen „im Sinne der Subsidiariät und Bürgernähe so weit wie möglich vor Ort zu entscheiden ist“. Größtes Hindernis für die Windkraft seien aber die „unglaublich aufgewachsenen“ Genehmigungsfristen.

Altmaier sagte zu, die Aufhebung des Solardeckels, für die er verantwortlich zeichnet, so schnell wie möglich durch die parlamentarischen Beratungen zu bringen. Für die Änderungen im Baugesetzbuch bei der Windkraft ist das Bundesinnenministerium zuständig. Der Wirtschaftsminister zeigte sich zuversichtlich, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) ebenfalls nicht zögern werde.

Grüne und Branche mäßig begeistert

Für die kommenden Wochen kündigte Altmaier weitere Vorschläge an, um den Ausbau der erneuerbaren Energien wieder voranzubringen. Für ihn stehe außer Zweifel, dass man die Corona-Pandemie und die damit im Zusammenhang stehenden Konjunkturprogramme nutzen werde, „um weitere Akzente im Hinblick auf Klima und Umweltschutz zu setzen“.

Der kleine, längst überfällige Schritt der Koalition löst bei den Protagonisten der Energiewende nicht viel Begeisterung aus. Der Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden von den Grünen kommt die Ankündigung, der Solardeckel solle nun unverzüglich fallen, recht bekannt vor.

Am letzten Mittwoch habe die Koalition den Gesetzentwurf ihrer Partei zur Aufhebung des Solardeckels noch abgelehnt, so Verlinden. „Wenn diese Koalition noch einen Funken Glaubwürdigkeit in der Energiepolitik retten will, muss sie jetzt umgehend liefern.“

Der Bundesverband Windenergie (BWE) zeigte sich erleichtert, dass es nun doch keine bundesgesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstände für Windräder geben wird. Die Klarstellung, dass die 1.000 Meter ein Höchstwert seien, werde es den Bundesländern weiterhin erlauben, mindestens zwei Prozent der Fläche für Windkraft bereitzustellen.

Die Festschreibung der bayerischen Sonderregelung hält der BWE jedoch für nicht nachvollziehbar und einen „energiepolitischen Fehltritt“.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude)
2020
 verfasst – der Artikel darf nicht ohne
Genehmigung (post@klimareporter.de)
weiterverbreitet werden! 

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