EU-Bericht: Luftverschmutzung in europäischen Großstädten zu hoch
Dicke Luft in Großstädten: Die Belastung mit gesundheitsschädlichem Feinstaub ist in vielen europäischen Städten zu hoch.
Nahezu ein Drittel aller europäischen Großstädter sind übermäßigen Konzentrationen von Feinstaub (PM) ausgesetzt. Feinstaub zählt zu den Schadstoffen, die für die menschliche Gesundheit am gefährlichsten sind, da er in empfindliche Teile der Atemwege eindringt. Der EU ist es in den letzten Jahrzehnten zwar gelungen, versauernd wirkende Luftschadstoffe zu verringern; doch gibt es, wie ein von der Europäischen Umweltagentur (EUA) heute veröffentlichter Bericht zeigt, in vielen Teilen Europas weiterhin Probleme aufgrund der Konzentrationen von PM und bodennahem Ozon im Freien.
EU-Umweltkommissar Janez Potočnik erklärte hierzu: „Dieser Bericht mahnt zur rechten Zeit daran, welche Bedeutung die Luftqualität für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger hat. Ich möchte daher 2013 zum „Jahr der Luft“ machen und werde mich darauf konzentrieren, unsere Luftreinhaltungsvorschriften zu verschärfen, um den heute festgestellten Problemen zu begegnen.“
Die Exekutivdirektorin der EUA, Frau Professor Jacqueline McGlade, sagte: „Dank der Maßnahmen der Europäischen Union sind die Emissionen zahlreicher Schadstoffe in den letzten zehn Jahren zurückgegangen. Wir können aber noch mehr tun. In vielen Ländern liegen die Luftschadstoffkonzentrationen immer noch über den gesetzlich vorgeschriebenen und empfohlenen Grenzwerten, mit denen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Europas geschützt werden soll. So wird die Lebenserwartung in den am stärksten verschmutzten Städten und Gebieten durch Luftschadstoffe um rund zwei Jahre verringert.“
Im EUA-Bericht „Luftqualität in Europa – Bericht 2012“ wird die Exposition der Bevölkerung gegenüber Luftschadstoffen untersucht und ein Überblick über die Luftqualität in Europa gegeben.
Wichtigste Feststellungen
• Feinstaub (PM) ist der Luftschadstoff, von dem in der EU das größte Gesundheitsrisiko ausgeht. Feinstaub verkürzt die Lebenserwartung. Dem Bericht zufolge waren im Jahr 2010 21 % der Bevölkerung in den Städten PM10-Konzentrationen ausgesetzt, die den striktesten zum Schutz der Gesundheit festgesetzten EU-Grenzwert (Tagesgrenzwert) überschritten. Bis zu 30 % der Stadtbevölkerung waren Konzentrationen von feinerem PM2,5 ausgesetzt, die über den (weniger strikten) EU-Jahresgrenzwerten lagen. Nach den WHO-Referenzwerten, die noch strikter sind als die im EU-Recht vorgesehenen Werte, waren 81 % bzw. 95 % der Stadtbewohner PM-Konzentrationen ausgesetzt, die über diesen zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten Referenzwerten lagen, was die Dringlichkeit der bevorstehenden Überarbeitung der Luftreinhaltungsvorschriften unterstreicht.
• Ozon (O3) kann Atemprobleme verursachen und die Lebenserwartung verkürzen. Die Exposition in den Städten ist sehr hoch. So waren in der EU im Jahr 2010 97 % der Stadtbewohner O3-Konzentrationen über dem WHO-Referenzwert und 17 % Konzentrationen über dem EU-Zielwert für O3 ausgesetzt. Im Jahr 2009 waren 22 % der Ackerfläche in Europa schädlichen O3-Konzentrationen ausgesetzt, was zu Verlusten in der Landwirtschaft führte.
• Stickstoffdioxid (NO2) ist ein wichtiger Verursacher von Eutrophierung (übermäßiges Pflanzen- und Algenwachstum in Gewässern) und Versauerung und trägt zur Bildung von PM und O3 bei. Im Jahr 2010 waren 7 % der Stadtbewohner in Europa NO2-Konzentrationen über den EU-Grenzwerten ausgesetzt. In vielen europäischen Ländern überschreiten die nationalen Emissionen von Stickoxiden immer noch die im EU-Recht und im Rahmen von UN-Übereinkommen festgesetzten Emissionshöchstmengen.
• Benzo(a)pyren (BaP) ist ein Karzinogen. Ein erheblicher Teil der städtischen Bevölkerung in der EU (20-29 % zwischen 2008 und 2010) war Konzentrationen über dem EU-Zielwert ausgesetzt, der bis 2013 erreicht werden muss. Der in Europa in den letzten Jahren verzeichnete Anstieg der BaP-Konzentrationen gibt daher Anlass zur Sorge.
• Bei Schwefeldioxid (SO2) wurden große Erfolge erzielt. Dank der EU-Rechtsvorschriften, die die Verwendung von Abgasreinigungstechnologien und einen niedrigeren Schwefelgehalt in Kraftstoffen fordern, sind die Emissionen in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen. 2010 war die Stadtbevölkerung in der EU erstmals keinen SO2-Konzentrationen über dem EU-Grenzwert ausgesetzt.
• Die Konzentrationen von Kohlenmonoxid (CO), Benzol und Schwermetallen (Arsen, Cadmium, Nickel, Blei) in der Außenluft sind in der EU generell niedrig, lokal begrenzt und nur vereinzelt auftretend mit einigen wenigen Überschreitungen der im EU-Recht festgesetzten Grenz- und Zielwerte.
Die nächsten Schritte
Die EUA hat in den vergangenen Jahren im Rahmen der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie) alljährlich Informationen überLuftschadstoffemissionen und Überschreitungen der Emissionshöchstmengen veröffentlicht. Im weiteren Verlauf des Jahres wird die EUA eine rückblickende Analyse veröffentlichen, ob die Gesundheits- und Umweltziele der NEC-Richtlinie für 2010 erreicht wurden.
Die Europäische Kommission bereitet in Konsultation mit Interessenträgern eine Überarbeitung der Luftreinhaltungsvorschriften der EU vor und wird im Jahr 2013 einen besonderen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung legen.
Hintergrund
Schlechte Luftqualität kann Herzerkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Lungenkrebs, Atemprobleme und andere Leiden verursachen. Einige Schadstoffe können zu Eutrophierung führen, die Erträge bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen mindern, das Wachstum der Wälder hemmen und sich auf das Klima auswirken. Bei mehreren Schadstoffen sind die Emissionen in den letzten Jahren zurückgegangen, wodurch sich die Luftqualität in einigen Gebieten verbessert hat. Diese Verringerungen haben aber nicht immer zu einem entsprechenden Rückgang der Schadstoffkonzentrationen in der Atmosphäre geführt. Die anhaltenden Luftqualitätsprobleme erfordern weitere Anstrengungen, um die Emissionen mehrerer Schadstoffe zu mindern.
Weiterführende Informationen:
Quelle
Europäische Kommission 2012