EU-Kommission findet keine Mehrheit für Glyphosat: Entscheidung vertagt
Die EU-Kommission konnte unter den europäischen Mitgliedstaaten am Freitag keine Mehrheit für ihren Vorschlag finden, das Pflanzengift Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen. Entwarnung geben Umwelt- und Naturschutzorganisationen aber noch keine: Über die Zukunft des Unkrautvernichters wird nun in einem Berufungsausschuss entschieden. Das Umweltinstitut München kritisiert scharf, dass die deutsche Bundesregierung sich bei der Abstimmung enthalten hat und fordert sie dazu auf, im anstehenden Berufungsausschuss mit einem klaren “Nein” gegen die weitere Zulassung des Unkrautvernichters zu stimmen.
Bei der Abstimmung im EU-Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (PAFF-Ausschuss) fand sich am Freitag weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen die erneute Genehmigung von Glyphosat für zehn Jahre. Daher werden die europäischen Mitgliedstaaten im so genannten Berufungsausschuss zur Abstimmung gebeten, der in den kommenden Wochen zusammentreten soll.
„Umfragen und Ergebnisse von Bürgerinitiativen in ganz Europa belegen, dass die Bevölkerung nicht mehr bereit ist, das Risiko Glyphosat hinzunehmen. Unter den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten findet der Unkrautvernichter ebenfalls keine Mehrheit mehr. Die deutsche Bundesregierung hat es trotz Federführung zweier grüner Ministerien und einem eindeutigen Koalitionsvertrag nicht geschafft, sich klar gegen die Wiederzulassung von Glyphosat zu positionieren”, sagt Sophia Guttenberger, Referentin für Landwirtschaft am Umweltinstitut. “Wir erwarten bei der nächsten Abstimmung ein eindeutiges Statement in Form einer ‘Nein‘-Stimme. Angesichts des rapide voranschreitenden Artensterbens können wir uns kein einziges weiteres Jahr mit Glyphosat leisten”, so Guttenberger weiter.
Sollte auch bei der Abstimmung im Berufungsausschuss keine qualifizierte Mehrheit zustandekommen, ist die EU-Kommission am Zug. Sie kann die Zulassung für Glyphosat einfach auslaufen lassen, wie sie es bereits 2017 im letzten Abstimmungskrimi um Glyphosat angekündigt hatte. Damals hatte der deutsche CSU-Agrarminister Christian Schmidt mit seinem skandalösen Alleingang in letzter Minute doch noch für eine Wiederzulassung gesorgt.
“Sollte die EU-Kommission wegen fehlender Mehrheiten über das Schicksal von Glyphosat entscheiden, muss sie dem Vorsorgeprinzip Rechnung tragen, die Zulassung für das Ackergift auslaufen lassen und nicht um einen halbgaren Kompromiss ringen”, erklärt Guttenberger. “Ein Stoff, von dem erwiesen ist, dass er sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Umwelt massiv schädigt, darf nicht weiter am Markt bleiben.“
Glyphosat ist weltweit das meistverkaufte Ackergift. Der massenhafte Einsatz von Glyphosat ist ein wichtiger Treiber des Artensterbens, denn der Unkrautvernichter nimmt vielen Wildtieren die Nahrung oder schädigt sie direkt. Aktuelle Studien belegen die Gefahren von Glyphosat für die menschliche Gesundheit.