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© Depositphotos | wlad74 | Ziel Ökostrom: Deutschland hat viel Nachholbedarf

EU-Kommission: Klimaanpassungsstrategie ohne Substanz

Die EU-Kommission hat eine neue Klimaanpassungsstrategie vorgelegt, um Europa auf die unvermeidbaren Auswirkungen der Globalen Erwärmung vorzubereiten. Doch zugleich befeuern fossile Subventionen und die Agrarpolitik der EU die Klimakrise.

01.03.2021 – 2020 war das wärmste Jahr in Europa, seit Beginn der Aufzeichnungen. Dazu kamen Dürren, Stürme und weitere Wetterextreme. Im Schnitt betragen die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Verluste der Europäischen Union im Jahr 12 Milliarden Euro, wie die EU-Kommission mitteilt. Auch auf die Gesundheit der Menschen haben die Wetterextreme massiven Einfluss. So starben im Jahr 2019 – das den vorherigen Temperaturrekord verzeichnete – 2.500 Menschen wegen Hitzewellen. Hitze ist die gefährlichste Naturkatastrophe weltweit.

Die EU geht davon aus, dass die heutige Wirtschaft in der EU, bei einer Erderwärmung um drei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau, jährliche Verluste von mindestens 170 Milliarden Euro hinnehmen muss. Zwar will die EU mit ihren Klimazielen einen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad leisten, doch selbst dann sind Anpassungsstrategien nötig, wie die jetzigen Auswirkungen der Klimakrise zeigen.

Schon 2013 stellte die EU eine erste Klimaanpassungsstrategie vor. Als die wichtigsten Bereiche zur Anpassung wurden dabei Landwirtschaft, Infrastruktur und Versicherungen identifiziert. Mit der Neuauflage, die letzte Woche veröffentlicht wurde, soll es nun eine spezielle Beobachtungsstelle für Gesundheit geben. Auch soll es eine verstärkte Anpassung an die Haushaltspolitik der EU geben, ebenso wie naturbasierte Anpassungslösungen und lokale Anpassungsmaßnahmen. Darüber hinaus sollen über die EU hinaus internationale Finanzmittel und allgemein ein globales Engagement stärker in den Fokus rücken.

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European Union 2019 – Source: EP, flickr, CC-BY-4.0 | Frans Timmermans, Vize-Präsident der EU-Kommission und verantwortlich für den Green Deal der EU, stellte letzte Woche die neue Klimaanpassungsstrategie vor.

Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission sagte: „Die COVID-19-Pandemie hat uns deutlich daran erinnert, dass eine unzureichende Vorbereitung verheerende Folgen haben kann. Gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff, doch wir können sie trotzdem bekämpfen und uns auf ihre unvermeidbaren Auswirkungen vorbereiten.“

Doch mehr als Ankündigungen enthält das neue Papier zur Klimaanpassungsstrategie nicht. Michael Bloss, Abgeordneter der Grünen im Europäischen Parlament, sagte dazu: „Die Strategie zur Klimaanpassung ist dringend nötig, aber enttäuschend. Die Suche nach etwas Konkretem wird zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“ Auch kann die Anpassung nur als Teil einer allumfassenden europäischen Klimastrategie verstanden werden.

Ohne ein wirksames Klimagesetz geht es nicht

Die EU-Kommission schreibt selbst, dass der Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz „Grundlage für mehr Ehrgeiz und eine größere Politikkohärenz in Sachen Anpassung“ sei. Das Klimagesetz selbst wird aktuell in Rat, Kommission und Parlament der Europäischen Union diskutiert. Dabei gibt es aus dem EU-Parlament deutliche Kritik an den Vorschlägen von EU-Kommission und Rat der Europäischen Union.

Der Rat, mit den politisch Verantwortlichen der Mitgliedsstaaten, beschloss im Dezember, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren und sieht sich damit auf dem Weg zur Einhaltung der Pariser Klimaziele. Dabei könnte die tatsächliche Reduktion nur 50,5 Prozent betragen. Das EU-Parlament forderte in einem gemeinsamen Beschluss derweil eine verbindliche Treibhausgasreduktion von mindestens 60 Prozent.

Auch hatte das EU-Parlament in ihrem Beschluss ein Verbot fossiler Subventionen gefasst. Bis 2025 soll es demnach keine indirekten oder direkten Subventionen für fossile Brennstoffe mehr geben. Zwar tut sich beim Abbau von Subventionen für die Kohleindustrie einiges, doch vor allem Steuervergünstigungen für Diesel und Kerosin sind in Europa – allen voran in Deutschland – noch immer fest implementiert. Jährlich werden fossile Brennstoffe in Europa mit 137 Milliarden Euro subventioniert. Eine Abkehr der EU-Staaten von dieser Praxis ist noch nicht in Sicht. „Wie kann es sein, dass die Kommission Geld für Klima-Anpassungen bereitstellt aber weiterhin die Tür für fossile Subventionen offen lässt. Das ist zynisch“, kommentierte Bloss.

Radikale Umstrukturierung von Agrarsubventionen nötig

Auch die EU-Subventionen für die Landwirtschaft stehen in der Kritik, Klima- und Umweltschutz entgegenzuwirken. Der größte Posten im EU-Haushalt würde auch nach einem Reformvorschlag aus dem letzten Herbst vor allem auf Fläche und Ertrag ausgerichtet sein. Zwar sollen künftig 20 Prozent der Gelder in klima- und umweltfreundliche Betriebe und Maßnahmen fließen, doch das ist zu wenig, kritisieren Umweltverbände und Europaabgeordnete. Industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung würden nach wie vor stark subventioniert.

Eine neue Analyse der Fraktion der Grünen/EFA im EU-Parlament legt darüber hinaus offen, dass in vielen osteuropäischen Staaten die Agrarsubventionen Teil von Betrug, Korruption und Missbrauch sind. Größte Nutznießer seien landwirtschaftliche Großunternehmen, Kleinbauern gingen hingegen leer aus. Ebenso wie beim Klimagesetz laufen aktuell die Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament über die gemeinsame Europäische Agrarpolitik, kurz GAP.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (mf) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 29 / 2019 | „Urbane Energiewende“ |  Jetzt lesen | Download

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