EUROSOLAR: Deutschland endlich wieder klar auf dem Weg zum solaren Energiezeitalter
Wer hätte es 1988 zur Gründung von EUROSOLAR für möglich gehalten, dass es einmal von einer deutschen Bundesregierung und den sie tragenden Parteien SPD, Grüne und FDP anerkannt würde, dass die Erneuerbaren Energien das Fundament der künftigen Energieversorgung werden.
Genau das ist nun passiert. Die Umsetzung des Ziels von EUROSOLAR für das solare Energiezeitalter, rückt nun in greifbare Nähe, wenn der Koalitionsvertrag in zentralen Feldern umgesetzt, und mancher Widerspruch im Regierungsalltag ausgeräumt wird. Allerdings bestehen auch erhebliche Risiken insbesondere im Hinblick auf die Abstimmung mit der Beihilfen- und Energiepolitik der EU. In einer ersten Kurzanalyse nimmt EUROSOLAR zu kritischen Punkten wie folgt Stellung:
- Der alte, noch nie richtige Gegensatz zwischen wirtschaftlicher Zukunft und Klima-, Umwelt- und Menschenschutz wird aufgelöst. Endlich wird anerkannt, dass – hier in den Worten von Hermann Scheer – die Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien für die gesamte Volkswirtschaft die „größte greifbare wirtschaftliche und soziale Zukunftschance ist“.
- Entsprechend der Resolution der EUROSOLAR-Mitgliederversammlung 2021 soll bis Ende 2022 ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. In diesem Zusammenhang müssen Olaf Scholz und der Ampel-Koalition bewusst sein, dass manche Maßnahmen keinen Aufschub dulden und noch schneller als bis Ende 2022 gehandelt werden muss, insbesondere wegen des drohenden Fadenrisses bei PV-Dachanlagen mit geringem Potenzial zur Eigenversorgung im Gebäude. Die schikanöse Vergütungsabsenkung durch den atmenden Deckel muss sofort beendet werden.
- 80 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030, 200 GW Photovoltaik bis zum Jahr 2030 und 2% des Bundesgebiets für Windenergie sind auch vor dem Hintergrund der Ersetzung von Heiz- und Kraftstoffen durch Strom (Sektorenkopplung) realistische und erreichbare Ziele, die bei beherztem Vorgehen auch noch übertroffen werden können. Dazu sollte die neue Bundesregierung mehr Freiraum für Investoren schaffen und so kreatives Potenzial freisetzen, das einen noch ambitionierteren Ausbau möglich macht. Die Ausbauziele können aber nur dann erreicht werden, wenn im kleineren PV-Anlagensegment die feste Vergütung erhalten bleibt und der atmende Deckel zu einem Booster umgebaut wird.
- Sorgenvoll blickt EUROSOLAR diesbezüglich auf die Beibehaltung der Ausschreibungsverfahren und das Festhalten an der Beihilfekontrolle durch die EU-Kommission anstatt das EEG endlich wieder – wie ursprünglich – beihilfefrei auszugestalten. Mit dieser Vorgehensweise macht sich die Bundesregierung abhängig vom widersprüchlichen Verwaltungshandeln der EU-Kommission, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Sonntagsreden lobt und unter anderem durch Beihilfeverfahren behindert. Dass ausgerechnet der EU-Rechtsrahmen „Fit for 55“ und die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie „technologieoffen“ oder „technologieneutral“ ausgestaltet werden sollen, widerspricht fundamental dem sonstigen Geist des Koalitionsvertrags, der die Erneuerbaren Energien und insbesondere Solar- und Windenergie ins Zentrum stellt. Um diese Risiken zu mindern, wird es im Regierungshandeln entscheidend darauf ankommen, wie sich die Bundesregierung verhält. Nur mit einer starken Interessenwahrnehmung in Brüssel, insbesondere durch Bundeskanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, können die Erneuerbaren-Energien-Ziele erreicht werden.
- Hoffnung macht das klare Bekenntnis der Koalitionsparteien für die Stärkung des dezentralen Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Bürgerenergie. Verbesserungen für Quartierskonzepte und gestärkte Prosumer gilt es entschlossen umzusetzen sowie den Spielraum der Beihilfeleitlinien bei den De-minimis-Regelungen für kleinere Windparks auszuschöpfen. Wichtig ist auch, dass Mieterinnen und Mieter endlich zu Gewinnerinnen und Gewinnern der Energiewende werden und günstigen Solarstrom einfach nutzen können.
- Der Kohleausstieg bis 2030 wird begleitet vom Umweg Gaskraftwerke. Dies hält den Weg ins solare Energiezeitalter unnötig auf. In diesem Zusammenhang ist auch nicht nachzuvollziehen, warum die kleine und große Wasserkraft mit keinem Wort im Koalitionsvertrag erwähnt wird und die Maßnahmen für die Energiespeicherung unkonkret bleiben. Die gesicherte und regelbare Leistung der Wasserkraft wird gebraucht, Ausbau ist zu begrüßen und Rückbau zu verhindern. Gaskraftwerke sind aus unserer Sicht nur dann modern, wenn sie dezentral (z.B. als Mini- oder Micro-BHKW) in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden und die Umstellung auf erneuerbaren Wasserstoff (H2-ready) an eine klare Frist gebunden wird, die in den Betriebsgenehmigungen zu verankern sind.