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Faire Milch

Almwiesen, glückliche Kühe, zufriedene Bauern? Die Wirklichkeit sieht oft anders aus.

Schwankungen auf dem Weltmarkt , die Politik plant weitere Liberalisierungen, viele Höfe haben längst aufgegeben. Doch es geht auch anders.

Es ist eine Landschaft, wie sie ein Werber für Allgäuer Milch nicht schöner erfinden könnte: saftig grüne Hügel, ein Kirchturm und eine Wiese, auf der ein paar Kälber unter einem Apfelbaum grasen. Hier in der Gegend haben in den letzten Jahren einige Dutzend Milchbauern ihren Betrieb aufgegeben.

Im Stall schleichen zwei wohlgenährte Katzen umher, Schwalben fliegen zwitschernd in den Dachstuhl. Der Milchbauer Romuald Schaber, blauer Kittel und gelber Schlapphut, spritzt mit einem Schlauch das Euter der Kuh Sami sauber, setzt ihr mit einem schmatzenden Geräusch die Stutzen der Melkmaschine an die Zitzen. Sie wird an diesem Tag etwa 24 Liter Milch geben, als eine von 36 Milchkühen auf Schabers Hof – im Weltmarktvergleich ein geradezu rührend kleiner Betrieb.

„Als Landwirt hast du ja eine völlig andere Denkweise“, sagt er in weichem Allgäuer Dialekt, „du willst produzieren, das Produkt steht für dich im Mittelpunkt. Und eines Tages willst du den Hof deinen Kindern vererben.“

Diese Denkweise ist ungefähr das Gegenteil derjenigen, die inzwischen auf dem Markt und in der Politik vorherrscht, und deswegen hat Schaber ein Buch geschrieben, „Blutmilch“ heißt es.

Es geht darin unter anderem um junge Bauern, die sich das Leben genommen haben, weil der Preiskampf auf dem Weltmarkt sie in die heillose Überschuldung, in die Ausweglosigkeit getrieben hat. „Eine Handvoll großer Konzerne“, schreibt er, „befindet sich auf einem mehr oder weniger heimlichen Eroberungsfeldzug, einem Beutezug, der es auf das weiße Gold abgesehen hat – die Milch.“

Weißes Gold – oder industrielles Ramschprodukt auf einem immer härter umkämpften Weltmarkt? Das ist die Frage, die Romuald Schaber seit Mitte der 90er-Jahre umtreibt.

Deswegen hat er sich mit dem Bauernverband überworfen und eine eigene Organisation gegründet, den „Bundesverband Deutscher Milchviehhalter“ (BDM)

Zwischen runden Tischen, Sitzungen und Anhörungen organisiert er immer wieder öffentliche Protestaktionen: Mal führte er eine Fahrt von Dutzenden Traktoren nach Brüssel oder Berlin an, mal verhüllten er und seine Mitstreiter die Bronzefiguren von Bulle und Bär vor der Frankfurter Börse. Einmal haben sie in Brüssel vor dem Europäischen Parlament bengalische Fackeln lodern lassen, in der Pressemitteilung stand dann „Die Luft brennt“.

Immer dabei: die schwarz-rot-golden gestreifte, lebensgroße Pappmaschee-Kuh „Faironika“.

Und immer geht es gegen eine Politik, die zielstrebig auf die „Industrialisierung des Agrarsektors“ hinwirkt – oder, wie es Schaber auch nennt: „die Vernichtung der Bauern.“

Bis 2015, so hat es die EU beschlossen, soll die sogenannte Milchquote fallen – sie legt fest, wie viel Milch die Bauern in Europa verkaufen dürfen …

(Weiterlesen können Sie in der April-Ausgabe von natur+kosmsos.)

Hier können Sie die April -Ausgabe bestellen.

Quelle

natur+kosmos | TOBIAS ZICK/NIDO 2012

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