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Fossile Industrie muss für Schäden und Verluste durch Klimawandel aufkommen

Die weltweit größten Klimasünder unter den Unternehmen müssen für ihren Beitrag zum Klimawandel zur Verantwortung gezogen werden.

Das fordert die Heinrich-Böll-Stiftung und das Climate Justice Programme in ihrem veröffentlichten Bericht „Carbon Majors Funding Loss and Damage“

Die Mengen an Kohle, Erdöl und Erdgas, die von gerade einmal  83 Unternehmen gefördert werden sowie der Zement, den weitere 7 Unternehmen herstellen, sind zusammen für zwei Drittel der seit Beginn der Industrialisierung produzierten globalen Treibhausgase verantwortlich. Um die Unternehmen künftig für den verursachten Schaden in die Pflicht zu nehmen, sollen sie in einen Fonds für die Opfer des Klimawandels einzahlen.

„Die Öl- und Gasgiganten dürfen sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen – weder rechtlich noch moralisch. Sie müssen für den Klimawandelschaden aufkommen, den ihre Produkte verursacht haben. Das wäre konkrete Übernahme von Verantwortung und entspräche dem Verursacherprinzip, das im Umweltrecht verankert ist“, sagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. „Internationale Großunternehmen wie Chevron, ExxonMobil, Saudi Aramco, BP, Gazprom und Shell erwirtschaften mit fossilen Brennstoffen enorme Profite, während die Betroffenen, oft in den ärmsten Regionen der Welt, vor dem Nichts stehen.“

Die Autorinnen des Berichts, Julie-Anne Richards und Keely Boom vom Climate Justice Programme, schlagen die Erhebung einer Abgabe auf fossile Energieträger vor: „Die Unternehmen sollten bis 2020 etwa 50 Milliarden US Dollar zur Verfügung stellen. Man könnte mit ungefähr 2 US-Dollar pro Tonne CO2 starten“, sagt Julie-Anne Richards.

Danach könne die Abgabe schrittweise um 5 bis 10 Prozent erhöht werden. Die Höhe der Abgabe für das jeweilige Unternehmen solle aus seinen bisherigen und zu erwartenden Emissionen errechnet werden. Diese Gelder müssten dann in den auf der Klimakonferenz in Warschau beschlossenen Internationalen Mechanismus für Verluste und Schäden (Warsaw International Mechanism for Loss and Damage) fließen, der den ärmsten und durch den Klimawandel am stärksten gefährdeten Gemeinschaften zugutekommen soll.

„In den Philippinen und anderswo werden Leben und Lebensgrundlagen der ärmsten und am verwundbarsten Gemeinschaften von extremen Klimawandelauswirkungen zerstört“, sagt Naderev (Yeb) Saño, klimapolitischer Verhandlungsführer der Philippinen, wo der Taifun Haiyan im letzten Jahr 6300 Tote, 4 Millionen Obdachlose und einen Schaden von 2 Milliarden US Dollar verursacht hat.

„Momentan tragen vor allem die Ärmsten die Kosten des Klimawandels. Es ist an der Zeit, diese Logik umzudrehen. Im internationalen Recht gilt das „Do no harm“-Prinzip („Richte keinen Schaden an“), das unter anderem auch bei Ölunfälle oder Schäden durch nukleare Störfälle angewendet wird. Es muss auch für die Schäden durch von Menschen gemachten Klimawandel gelten“, so Saño.

„Wir müssen so schnell wie möglich komplett aus der Nutzung fossiler Energieträger  aussteigen, um den Klimawandel noch zu bremsen“, sagt Julie-Anne Richards. „Die vorgeschlagene Abgabe ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

Hintergrund & Kontakte:

Schäden und Verluste (Loss and Damage) bezeichnet die Auswirkungen des Klimawandels, die über die Möglichkeit der menschlichen Anpassung hinausgehen. Sie reichen von Extremwetterereignissen (z.B. Dürren, Überflutungen) bis zu sog. ‚slow-onset events‘, beispielsweise dem Anstieg des Meeresspiegels, ansteigenden Temperaturen, Ozeanversauerung oder dem Rückzug der Gletscher. Ebenso dazu zählen Versalzung und Verschlechterung der Qualität von Böden und Wäldern, Verlust von Biodiversität und die Ausbreitung der Wüsten. Im Bericht werden Beispiele genannt, wo und wie sich klimawandelbedingte Verluste und Schäden bereits heute auswirken.

Der Carbon Majors Report wurde erstmals im November 2013 veröffentlicht. Dieser bahnbrechende Bericht ist das Ergebnis einer achtjährigen Recherche von Rick Heede, der hierfür die historischen Emissionen der 90 größten Öl-, Gas- und Kohlekonzerne sowie der größten Zementproduzenten aggregiert hat, um zu zeigen, dass die fossilen Energieträger, die sie gefördert und der Zement, den sie produziert haben, für 63 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind. Die drei größten Klimasünder sind ChevronTexaco mit 3,51 Prozent der globalen Emissionen, ExxonMobil mit 3,21 Prozent und Saudi Aramco mit 3,17 Prozent. RWE steht mit 0,47 Prozent an 23. Stelle, die RAG mit 0,08 Prozent an Stelle 62 und HeidelbergCement verantwortet 0,04 Prozent. The vollständige Liste findet sich im Bericht und ebenso auf der Carbon Majors website

Barbara Unmüßig ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie ist zuständig für die  internationale Arbeit der Stiftung in Lateinamerika, Afrika, Asien und im Nahen Osten & Nordafrika. Die thematischen Schwerpunkte gerechte Globalisierung, Menschen- und Frauenrechte, internationale Klima-, Ressourcen- und Agrarpolitik sowie Demokratieförderung werden von ihr strategisch verantwortet. Sie hat zahlreiche internationale Netzwerke initiiert und an globalen Foren und Konferenzen zur Umwelt- und Entwicklungszusammenarbeit teilgenommen.

Julie-Anne Richards ist International Policy Manager des Climate Justice Programme und Mitautorin des Berichts.  Sie engagiert sich seit über zehn Jahren in Kampagnen gegen den  Klimawandel. Sie koordinierte u.a. internationale Strategie- und  Lobbyingkampagnen bei Climate Action Network International und spielte als  Advocacy-Koordinatorin bei Oxfam Australia eine zentrale Rolle bei der Etablierung Oxfams in Australiens Klimawandeldebatte.

Naderev (Yeb) Saño ist Mitglied der Climate Change Commission der Philippinen und hat beim Klimagipfel in Warschau 2013 die Kampagne #fastfortheclimate ins Leben gerufen und anlässlich der Verwüstungen durch den Taifun Haiyan mit einer bewegenden Rede dazu aufgerufen, den „Wahnsinn der Klimakrise“ zu stoppen. Für weitere Zitate und Interviewanfragen an Yeb Saño, bitte StephanieLTan@gmail.com kontaktieren.

Quelle

Heinrich-Böll-Stiftung 2014

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