Fukushima: Die Tsunami-Legende
Weltweit wird der Legende geglaubt, ausschließlich der dem Erdbeben folgende Tsunami sei für die atomare Katastrophe verantwortlich gewesen.
Eine umfangreiche Unfall-Analyse der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW kommt hingegen zum Ergebnis: Am 11. März 2011 und den darauffolgenden Tagen kam es im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Dai-ichi aufgrund eines Erdbebens und aufgrund einschlägig bekannter, gravierender Auslegungsdefizite im Grunddesign der Anlage zu dieser Nuklearkatastrophe mit massiven Freisetzungen von Radioaktivität.
Die IPPNW stützt sich dabei auf die offiziellen Berichte der japanischen Regierung an die Internationale Atomenergieorganisation IAEA sowie auf Berichte von Gutachterorganisationen.
Bereits die Informationen zum Tsunami sind widersprüchlich. In der Öffentlichkeit wird beispielsweise das Bild einer 14 Meter hohen „Monsterwelle“ gezeichnet.
Einem Bericht der japanischen Regierung an die IAEA ist hingegen zu entnehmen, dass die Hauptwelle des Tsunami, die auf den Atomkraftwerksstandorts traf, auf rund 8 Meter geschätzt wurde. Es fehlen zudem nachvollziehbare Beweise für die angeblich durch den Tsunami hervorgerufenen Schäden.
Die japanische Regierung teilte im Juni 2011 förmlich mit, man untersuche noch, ob die direkt am Meer gelegenen Einrichtungen mit den Kühlwasserpumpen durch den Tsunami beschädigt wurden „oder nicht“. Trotz der nur behaupteten und unbewiesenen Tsunami-Schäden unterstellt die IPPNW-Analyse, dass es diese tatsächlich gab und dass der Tsunami die Ursache war.
Unter dieser konservativen Annahme zeigen die offiziellen Berichte: Es gab in Fukushima nur eine geringe Zahl an Sicherheits-Teilsystemen (Redundanzen) und eine unzulängliche räumliche Trennung der Systeme. Block 1 verfügte im Hochdruckbereich über lediglich einen einzigen „Strang“, um zusätzliches Kühlwasser in den Reaktordruckbehälter einspeisen zu können.
Den Blöcken 2 und 3 fehlte ein „Notkondensationssystem“ zur Abfuhr der Nachzerfallswärme des Reaktors an die Atmosphäre.
In allen drei Blöcken führte das Erdbeben zur Absperrung der regulären Nachwärmeabfuhr über das Hauptspeisewassersystem ins Meer und zum Ausfall der regulären Stromversorgung für die Betriebs- und Sicherheitssysteme. In der Folge versagten benötigte Sicherheitseinrichtungen aus verschiedenen Gründen.
In Block 1 fiel nach Angaben der Betreibergesellschaft Tepco zwar das Hochdruckeinspeisesystem (HPCI) wegen des Tsunami aus. Dennoch hätte aber der Störfall vom Notkondensationssystem („Isolation Condenser“) sicher beherrscht werden müssen. Die Isolation Condenser mussten aber wegen einer zu schnellen Abkühlung schon nach nur 11 Minuten Betrieb um 15.03 Uhr wieder abgeschaltet werden. Bis kurz vor 15.17 Uhr stieg der Druck im Reaktor stark an.
Was danach geschah, ist unklar, weil Tepco wesentliche Daten ab diesem Zeitpunkt nicht veröffentlicht hat. Jedenfalls ging in Block 1 alles sehr schnell: Da Notfallmaßnahmen nicht mehr durchführbar waren, kam es unmittelbar danach zur Kernschmelze und somit zum Super-GAU.
In Block 2 stand das Hochdruckeinspeisesystem (HPCI) bereits vor Eintreffen des Tsunami am 11. März um 15.31 Uhr wegen eines Kurzschlusses nicht mehr zur Verfügung. Das Nachspeisesystem (RCIC) war schließlich am 14. März „nicht mehr funktionstüchtig“. Notfallmaßnahmen scheiterten, weil sie erst nach einsetzender Kernfreilegung begannen. Der Super-GAU war unausweichlich.
In Block 3 fiel am 12. März um 11.36 Uhr das Nachspeisesystem RCIC „unerwartet“ aus. Das Hochdruckeinspeisesystem (HPCI) stellte sich bis zum 13. März um 2.42 Uhr selbst ein Bein, indem es durch die Kernkühlung den Dampfdruck auf unter 10 bar absenkte und daher nicht mehr betrieben werden konnte. Notfallmaßnahmen mit Feuerlöschpumpen scheiterten, weil bei deren Inbetriebnahme der Druck schon wieder auf rund 40 bar angestiegen war. Es kam zum Super-GAU.
Weitere Informationen wie auch die aktuelle IPPNW-Studie „Der Super-GAU von Fukushima“ finden Sie auf der folgenden Website: www.fukushima-disaster.de
Quelle
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) | Henrik Paulitz | Angelika Wilmen 2012