Hans-Josef Fell: Fragen und Antworten zum Thema EEG/Photovoltaik!
MdB Hans-Josef Fell antwortet auf die wichtigsten Fragen zur geplanten Solarkürzung.
Ab wann sollen die neuen Vergütungssätze und Regelungen zur Photovoltaik in Kraft treten?
Die Formulierungshilfe der beiden Minister, welche letztlich ein Gesetzentwurf ist, sieht vor, dass die Regelungen ab 9. März in Kraft treten sollen. Es ist allerdings denkbar, dass dieses Datum im Laufe des Gesetzgebungsprozesses noch verändert wird. Sollte dies der Fall sein, dann wäre der wahrscheinlichste Termin der 1. April. Jedes spätere Datum muss als unwahrscheinlich betrachtet werden. Bislang wurde von Union und FDP immer der erste April als Datum einer Änderung genannt.
Jetzt den 9. März in den Gesetzesvorschlag zu schreiben, lässt damit all diejenigen im Regen stehen, die im Vertrauen auf die Aussagen der schwarz-gelben Politiker tausende Euro in die Hand genommen haben.
Der 9. März ist das voraussichtliche Datum der ersten Lesung im Bundestag. Die Bundesregierung scheint davon auszugehen, dass die erste Lesung für eine Rechtsbindung ausreicht. Ob dies tatsächlich der Fall wäre, müsste gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht klären, das im Falle von Verfassungsbeschwerden darüber befinden würde, ob es sich dabei um eine sogenannte „echte“ oder „unechte“ Rückwirkung handelt. Nur im Falle einer „echten“ Rückwirkung wäre der Vertrauensschutz aus Sicht des Gerichtes nicht mehr gegeben und würde das Datum vom Gericht gekippt werden.
Wie sieht jetzt das Gesetzgebungsverfahren aus?
Das Bundeskabinett wird die Formulierungshilfe nach derzeitiger Planung am 29. Februar verabschieden. Die Regierungsfraktionen werden sich in der nächsten Woche (9.KW) mit der Formulierungshilfe auseinandersetzen und diese voraussichtlich in der folgenden Woche (10. KW) als eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Ob es in dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen bereits Abweichungen geben wird, lässt sich noch nicht sagen. Denkbar wäre etwa, dass die weitgehende Entmachtung des Bundestages über die vorgesehene Rechtsverordnung von den Parlamentariern nicht übernommen wird.
Voraussichtlich am 9. März wird dann die erste Lesung im Bundestag stattfinden. Danach wird der Gesetzentwurf an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Umweltausschuss, in dem es dann auch eine Anhörung geben wird. Danach wird sich der Ausschuss erneut mit dem Gesetzentwurf beschäftigen und evtl. Änderungsanträge formulieren. Erfahrungsgemäß finden in den Ausschüssen nur Änderungsanträge der Regierungsfraktionen eine Mehrheit. Das Gesetz, das sich dann aus dem Gesetzentwurf und den mit Mehrheit verabschiedeten Änderungsanträge zusammensetzt wird danach vom Bundestagsplenum in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Dies dürfe vermutlich Ende März der Fall sein.
Danach wird das vom Bundestag verabschiedete Gesetz an den Bundesrat überwiesen. Die Frist bis zur Tagung des Bundesrates am 30. März wird nicht zu halten sein, danach tagt der Bundesrat erst wieder am 11. Mai.
Das Gesetz ist einspruchspflichtig und nicht (!) zustimmungspflichtig; das bedeutet, die Zustimmung des Bundesrates ist nicht (!) erforderlich. Ein Einspruch des Bundesrates kann folglich vom Bundestag überstimmt werden, in dem wiederum Schwarz-Gelb die Mehrheit hat. Lediglich bei einem Einspruch der Länder mit zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat, würde die Mehrheit von Schwarz-Gelb im Bundestag nicht ausreichen, um auch diesen Einspruch überstimmen zu können. Dafür müssten aber auch eine Reihe Schwarz-Gelb regierter Länder Einspruch einlegen.
Ansonsten ist damit zu rechnen, dass der Bundesrat bei einem normalen Einspruch den Vermittlungsausschuss anruft. Dieser würde dann in den Folgewochen – evtl. auch Folgemonaten tagen. Danach würde der Bundestag mit seiner Schwarz-Gelben Mehrheit den Bundesratseinspruch des Gesetzes überstimmen. Die Gesetzesänderungen würden dann rückwirkend zu dem Zeitpunkt Inkrafttreten, der vom Bundestag beschlossen wird. Dies wäre der 9. März, sollte es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens keine Änderung an diesem Datum geben.
Wie stark sollen die Absenkungen ausfallen?
Wir haben dazu eine Übersicht erstellt, die zwei Tabellen enthält. Die obere Tabelle enthält die Entwicklung der Vergütungen gemäß Anlagensegmenten sowie die Vergütungssätze ohne den Faktor, dass zukünftig nur noch 85 bzw. 90% des erzeugten Solarstroms vergütet werden. Die untere Tabelle berücksichtigt diesen Faktor. Sie geht konservativ davon aus, dass für den Strom 6 Cent zu erzielen sind. Wer diesbezüglich andere Annahmen hat, kann den Wert in der Tabelle verändern. [Sollten sich in der Eile Fehler in die Berechnungen eingeschlichen haben, können uns diese gerne mitgeteilt werden.]
Was bekommt man für den Solarstrom, der nicht mehr vergütet wird?
Im besten Fall, verbraucht man den Strom selbst; das wird die rentabelste Lösung sein. Ist dies nicht möglich, kann der Strom entweder selbst vermarktet, also an Interessierte verkauft werden oder der Anlagenbetreiber erhält dafür einen durchschnittlichen Börsenwert vom Netzbetreiber. Das Modell heißt zwar euphemistisch „Marktintegrationsmodell“, in der Realität wird es aber absehbar zu keiner Marktintegration führen, sondern unterm Strich bei den Anlagen, die keine Eigenverbrauchsmöglichkeit haben zu einer zusätzlichen Vergütungsabsenkung führen. Offenbar ist das auch den Ministerien bewusst, schließen diese doch eine Kombinierbarkeit mit der „Marktprämie“ sogar explizit aus, die im Übrigen ja bislang auch keinen Beleg liefern konnte, dass sie zur Marktintegration beiträgt. (Weitere Details siehe „Formulierungshilfe“ der beiden Ministerien)
Welche Ausbauziele hat die Bundesregierung bei der Photovoltaik?
Die Bundesregierung hatte 2010 in ihrem Aktionsplan nach Brüssel rund 52 Gigawatt Photovoltaik bis 2020 gemeldet. Davon waren Ende letzten Jahres rund 25 Gigawatt erreicht. 2013 und 2014 sieht der Formulierungsentwurf einen Ausbaukorridor zwischen 2,5 und 3,5 Gigawatt vor. Danach soll der Korridor jährlich um 400 Megawatt abgesenkt werden. So sieht die Formulierungshilfe für 2017 nur noch einen Zubau zwischen 900 und 1900 Megawatt vor.
Was passiert, wenn der Ausbaukorridor überschritten wird?
Diese Frage konnten auf der Pressekonferenz nicht einmal die Minister beantworten. Sie meinten, dass sie danach die Stellschrauben bei der Photovoltaik verändern könnten, aber nicht müssten. Ihre Verordnungsermächtigung sieht vor, dass dann zum Beispiel die Vergütungen erneut abgesenkt würden oder der Anteil des vergüteten Solarstrom verändert werden könnte. Planungssicherheit sieht anders aus!
Stimmt es, dass die Rechte der Parlamentarier und des Bundesrates bei künftigen Kürzungen beschnitten werden sollen?
Ja, der Gesetzesvorschlag beinhaltetet eine Verordnungsermächtigung. Diese ermächtigt das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium sehr weitgehende Änderungen vorzunehmen, ohne dass der Bundestag zustimmen müsste. Die Zustimmung des Bundesrates zu der Verordnung wird sogar explizit ausgeschlossen. Es ist zu erwarten, dass auch die Parlamentarier der Union und FDP über ihre vorgesehene Entmachtung nicht glücklich sein werden.
Die Verordnungsermächtigung umfasst sogar die anderen Erneuerbaren Energien wie u.a. Windenergie und Bioenergie. Sie stellt damit das Prinzip auf den Kopf, dass der Bundestag über den Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidet. Auch die anderen Erneuerbaren Energien müssten zukünftig jederzeit damit rechnen, dass die Bundesregierung den Anteil des vergüteten Stroms reduziert, sollte dieser Teil des Gesetzesvorschlags am Ende tatsächlich im Gesetz stehen.
Gibt es jetzt auch eine Regelung zum sog. 50,2 Hertz-Problem?
Ja, die Kosten sollen zunächst von den Netzbetreibern übernommen werden. Diese können ihre daraus entstehenden Kosten je zur Hälfte auf die Netzentgelte und auf die EEG-Umlage umlegen. Auf die Anlagenbetreiber kommen keine Kosten zu. Sie sind allerdings zur Mitnahme verpflichtet. Problematisch ist, dass dadurch die EEG-Umlage erneut angehoben wird, obwohl diese Maßnahme nicht dem Ausbau der Erneuerbaren Energien dient sondern der Stabilisierung der Netze, weshalb eine vollständige Umlage auf die Netzentgelte, sachgerechter wäre.
Was wird die Grüne Bundestagsfraktion machen?
Da wir in der Opposition sind, haben wir leider nur sehr geringe Möglichkeiten uns einzubringen. Dazu gehört zunächst für Transparenz zu sorgen, damit die Öffentlichkeit auch richtig informiert wird und sich jeder ein Bild über die beschönigenden Darstellungen der Bundesregierung machen kann.
Die Grüne Bundestagsfraktion wird sich für eine ordentliche Anhörung im Bundestag einsetzen und auch Anträge stellen sowie bei allen Gelegenheiten versuchen, im Parlament Überzeugungsarbeit zu leisten.
Quelle
Carsten Pfeiffer, Politikwissenschaftler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Hans-Josef Fell MdB 2012