IAA: Tanken Sie noch?
Auf der IAA in Frankfurt stehen ab Donnerstag Elektroautos im Fokus.
Autokäufer hatten es selten so schwer. Auf dem hartumkämpften europäischen Markt können sie zwischen mehr als 300 Modellreihen auswählen – Varianten wie Coupé, Cabrio oder Kombi noch nicht einmal mitgerechnet. Und für ihre Leitmesse IAA in Frankfurt hat die Branche ein weiteres Produktfeuerwerk angekündigt.
Exakt 159 Weltpremieren sollen der Kundschaft Lust auf ein neues Auto machen. Allerdings fühlt sich schon jetzt jeder zweite potenzielle Käufer ob der gigantischen Modellvielfalt verunsichert, hat eine Umfrage soeben ergeben. Doch nicht nur die Käufer haben die Orientierung verloren, sondern auch die Anbieter der Gefährte auf vier Rädern.
Schließlich schweben über der Zukunft des Marktes derzeit schier unzählige Fragezeichen. Welche Modelle wünschen sich welche Nutzer? Welchen Antrieb sollten sie haben? Und: Was dürfen sie kosten?
Obwohl Elektroautos in Deutschland bislang noch ein Schattendasein fristen – 2012 wurden gerade einmal 3000 Pkw zugelassen – gehen die heimischen Hersteller in Frankfurt geballt in die E-Offensive. Bis Ende des kommenden Jahres bringen sie insgesamt 16 neue Serienmodelle mit alternativen Antrieben auf den Markt. Nach Daimler (E-Smart) und BMW (i3) startet auch Volkswagen endlich in das Elektrozeitalter. VW fährt die Elektrovariante des Kleinwagens Up und den E-Golf an den Start.
Die Strategien der Hersteller unterscheiden sich. BMW setzt konsequent alles auf die Karbon-Karte – mit dem i3 als erstem Produkt – und gibt dafür so richtig Geld aus: In das Mega-Projekt sollen mehrere Milliarden Euro fließen. Ein komplett neues Auto in einer neuen Fabrik mit einem neuen Werkstoff – derart konsequent ist noch kein Autobauer die E-Straße entlang gefahren. Konkurrenten wie Volkswagen bauen mehr oder weniger auf herkömmliche Fahrzeugarchitekturen – mit Elektroantrieb.
Um möglichst flexibel zu sein, integriert VW etwa die batteriebetriebenen Modelle nach dem Lego-Prinzip in die Produktion der Fahrzeuge mit herkömmlichem Antrieb. Ist das Killerkriterium für den Kauf eines Elektromobils, wie oft behauptet, tatsächlich die zu geringe Reichweite? Fakt ist, dass sich laut Statistik 80 Prozent der täglichen Autofahrten über höchstens 50 Kilometer erstrecken.
Das schwerwiegendste Argument gegen ein E-Auto ist wohl eher der Preis. Staatliche Subventionen in Form von Steuergeschenken wie in China gibt es hierzulande nicht. Daher scheint ein Elektroauto vor allem etwas für gut betuchte Zweit- und Drittwagenbesitzer zu sein, die über eine Garage mit Stromanschluss verfügen.
Der E-Up soll für etwa 27.000 Euro zu haben sein (das herkömmliche Modell kostet knapp 10.000 Euro), für den Carbon-i3 muss man mindestens 35.000 Euro auf den Tisch legen. Auch wenn der Ansturm auf die E-Autos nach der Internationalen Automobil-Ausstellung ausbleiben dürfte – die Messe sollte zumindest etwas Positives bewirken: Es wird viel über Elektromobilität geredet und geschrieben werden. Und damit werden sich auch immer mehr Menschen Gedanken darüber machen, ob sie Sprit tanken oder Strom „zapfen“ wollen; und noch viel grundsätzlicher darüber, wie sie ihre individuelle Mobilität gestalten.
Zukunftsforscher gehen jedenfalls davon aus, dass eine intelligente Verknüpfung der öffentlichen und privaten Verkehrsmittel immer wichtiger werden wird. Und die E-Mobilität? Glaubt man Experten, sollte die neue Technik spätestens in ein paar Jahren bei gleicher Fahrleistung, Reichweite und Geschwindigkeit billiger zu fahren, zu kaufen und günstiger in der Wartung sein. Wer es sich leisten kann, sollte schon einmal „vorfahren“.
Quelle
oekonews.at | Christine Hochreiter 2013Erstveröffentlichung: Mittelbayerische Zeitung