Josef Göppel: „Ich folge Altmaiers Rechnung nicht“
Josef Göppel sieht in der aktuellen Strompreis-Debatte eine „gezielte Kampagne, um die Energiewende madig zu machen“.
Mit dem CSU-Umweltpolitiker sprach Joachim Wille für klimaretter.info über Altmaiers Billionen-Rechnung, sozial verträgliche Strompreise und die Chancen für eine dezentrale Energiewende.
klimaretter.info: Herr Göppel, sind Sie für eine Strompreisbremse?
Josef Göppel: Eine Strompreisbremse kann doch nur vertreten, wer gleichzeitig für eine Heizkosten- und eine Benzinpreisbremse eintritt. Das sind die beiden großen Kostenblöcke für einen Haushalt, der Strompreis hat den geringsten Anteil.
Das heißt: Sie lehnen das Konzept von Umweltminister Peter Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler ab, die Stromkosten zu senken?
Wir von der CSU verlangen eine Reihe von Änderungen in dem Konzept. Grundsätzlich ist es natürlich richtig, den Strompreis sozial verträglich zu halten.
Wofür plädieren Sie?
Wenn wir eine schnelle Entlastung wollen, geht das am besten über eine Senkung bei der Stromsteuer. Man könnte die ersten 1.000 Kilowattstunden, die ein Haushalt verbraucht, von der Steuer freistellen. Das würde jedem Haushalt 30 Euro im Jahr sparen.
Dreißig Euro fallen kaum ins Gewicht.
Doch, durchaus. Wegen des EEG-Aufschlags zahlt ein Durchschnittshaushalt 2013 rund 70 Euro mehr, davon würde fast die Hälfte ausgeglichen. Es würden allerdings auch Gutverdiener entlastet, die das eigentlich nicht brauchen. Eine soziale Differenzierung würde aber wieder einen sehr großen bürokratischen Aufwand erfordern.
Wäre es nicht einfacher, etwa die Hartz IV-Regelsätze an die höheren Strompreise anzupassen?
Das sollte kommen, keine Frage. Wir müssen aber auch an die Gruppe von Menschen denken, die ein geringes Einkommen haben, aber keine Sozialleistungen beziehen. Für die müssen wir etwas tun.
Sind höhere Energiepreise nicht sogar sinnvoll?
Das Bewusstsein, dass Energie effizienter genutzt werden kann und muss, ist leider noch gering. Wenn man Verbraucher spontan fragt, wieviel sie für Strom ausgeben, wissen es die meisten gar nicht. Deswegen muss man hinter der Strompreisdebatte eine gezielte Kampagne gegen die erneuerbaren Energien vermuten. Wir haben ja schon eine ganze Reihe solcher Kampagnen erlebt. Zunächst hieß es nach dem Atomausstieg 2011, es gehen die Lichter aus. Dann hörte man, Deutschland hat zu viel Strom, er läuft uns aus den Ohren heraus. Dann kam die Strompreisdebatte. Die neueste Klage lautet, dass die erneuerbaren Energien die Natur in Deutschland zu stark schädigen. Das sagen Leute, die sich bisher noch nie um Naturschutz gekümmert haben. Man erfindet alle paar Monate ein neues Thema, um die Energiewende madig zu machen.
Minister Altmaier hat die Kosten den Energiewende auf bis zu einer Billion Euro hochgerechnet. Folgen Sie seiner Rechnung?
Nein, sie lässt wesentliche Faktoren außer Acht. Das Mindeste dabei wäre, die Einsparungen beim Import von Öl, Erdgas und Kohle gegenzurechnen. Da kommen sie in 30 Jahren auch auf über eine Billion Euro. Altmaiers Rechnung enthält zudem die Kosten für die Energiesanierung alter Gebäude. Die kann man nun wirklich nicht mit den Kosten der EEG-Umlage in Zusammenhang bringen. Was mich schmerzt, ist das politische Signal, das von Altmaiers Billion ausgeht: Man glaubt, dass der Umweltminister nicht mit der nötigen Entschlossenheit hinter der Energiewende steht.
Können Sie sich vorstellen, warum Altmaier diese Zahl in die Welt gesetzt hat?
Er wollte aufrütteln. Er wollte erreichen, dass die Energiewende so gestaltet wird, dass sie sozial verträglich bleibt. Die Wirkung ist allerdings eine andere.
Das komplette Interview finden Sie hier
Quelle
KLIMARETTER.INFO | Joachim Wille 2013