Juncker zieht vor Gipfeltreffen in Sibiu Bilanz
Die Bürgerinnen und Bürger könnten bei den anstehenden Europawahlen, den größten transnationalen Wahlen der Welt, das Europa von morgen mitgestalten.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat heute (Dienstag) im Vorfeld des Gipfeltreffens in Sibiu bei einer Pressekonferenz in Brüssel Bilanz gezogen über die vergangenen fünf Jahre seiner Amtszeit und über die anstehenden strategischen Herausforderungen für die EU27 gesprochen. „Bei meinem Amtsantritt sagte ich, es sei unsere letzte Chance, den Menschen in Europa zu zeigen, dass ihre Union für sie arbeitet. Ich habe mich in den letzten fünf Jahren unermüdlich dafür eingesetzt, dass wir unsere Versprechen einlösen. In einigen Bereichen haben wir meiner Meinung nach die Erwartungen übertroffen, in anderen waren wir weniger erfolgreich. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir immer dort gehandelt haben, wo es am wichtigsten war. Nun muss die EU nach vorne schauen, aus den Erfahrungen lernen und auf ihren Erfolgen aufbauen. Wir müssen ehrgeiziger und konzentrierter sein als je zuvor,“ erklärte Juncker.
Die Bürgerinnen und Bürger könnten bei den anstehenden Europawahlen, den größten transnationalen Wahlen der Welt, das Europa von morgen mitgestalten. Populisten müsse man mit konkretem Handeln entgegentreten, nicht mit Slogans, so der Kommissionspräsident. Juncker sagte, er sei besonders stolz, dass es in seiner Amtszeit gelungen sein, Griechenland gegen großen Druck in der Eurozone zu halten. Auf der anderen Seite bedauere er es sehr, dass die Kommission in der Kampagne vor dem Brexit-Referendum in Großbritannien den über die EU verbreiteten Lügen nicht aktiv entgegengetreten sei, sondern auf Wunsch des damaligen britischen Premiers keine Rolle während des Referendums gespielt habe.
Wirtschaftlich stehe die EU heute deutlich besser da als vor einigen Jahren, so Juncker: das Investitionsniveau sei wieder auf Vorkrisenniveau gestiegen, die Beschäftigungsquote in der EU auf Rekordhoch. Auch die Jugendarbeitslosigkeit, wenn auch noch immer zu hoch, sei um 7 Prozentpunkte gesunken. Die soziale Dimension Europas müsse weiter gestärkt werden, dies bleibe eine der Prioritäten für die EU.
Wie von Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2017 angeregt, werden die führenden Politiker Europas am 9. Mai 2019 im rumänischen Sibiu zusammenkommen, um die nächste strategische Agenda der EU für 2019-2024 zu erarbeiten. Sie werden ihre Ansichten zu den Herausforderungen und Prioritäten der EU für die kommenden Jahre austauschen.
Die derzeitige Agenda war im Juni 2014 vom Europäischen Rat erstellt worden und nahm weitere Gestalt in den 10 politischen Prioritäten der Juncker-Kommission an. Mittlerweile – fünf Jahre später – haben die Bemühungen zur Umsetzung dieser Prioritäten greifbare Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger gebracht, trotz unvorhergesehener Schwierigkeiten, die unsere Union weiterhin vor große Herausforderungen stellen. Auf der Grundlage der in der vergangenen Woche vorgelegten politischen Empfehlungen zur Zukunftsgestaltung Europas blickt die Kommission heute zurück auf das, was in den letzten fünf Jahren erreicht wurde.
Eine solide Erfolgsbilanz
Die 10 Prioritäten der Juncker-Kommission konzentrieren sich auf die Themen, die den Menschen in Europa besonders wichtig sind: wieder Beschäftigung, Wachstum und Investitionen schaffen, soziale Gerechtigkeit stärken, Migration steuern, Sicherheitsbedrohungen entschärfen, das Potenzial des digitalen Wandels und der Energiewende erschließen, die EU zu einem starken globalen Akteur machen und Transparenz und demokratische Legitimität stärken.
Bis zum Sommer 2018 hatte die Juncker-Kommission sämtliche Legislativvorschläge vorgelegt, die sie zu Beginn ihres Mandats zugesagt hatte. Insgesamt legte die Juncker-Kommission 471 neue Legislativvorschläge vor und führte mehr als 44 Vorschläge weiter, die von früheren Kommissionen vorgelegt worden waren. 348 dieser Vorschläge wurden im Laufe der Amtszeit dieser Kommission vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen oder gebilligt.
Die Kommission hat heute 20 Informationsblätter veröffentlicht, die verdeutlichen, wie die Union die Zusagen umsetzen konnte, die 2014 in der strategischen Agenda des Europäischen Rates und in den 10 politischen Prioritäten der Juncker-Kommission gegeben worden waren.
Ausblick
In der vergangenen Woche hat die Europäische Kommission eine Reihe politischer Empfehlungen dazu vorgelegt, wie Europa seine Zukunft in einer zunehmend polarisierten und unsicheren Welt gestalten kann. Nach Empfehlung der Kommission sollte sich die strategische Agenda der EU für 2019-2024 auf fünf Schlüsselaspekte konzentrieren:
- ein Europa, das schützt, weil Frieden in der heutigen Welt Macht bedeutet;
- ein wettbewerbsfähiges Europa, das in die Technologien von morgen investiert und unsere größten Stärken untermauert: den Binnenmarkt, unsere Industrie und unsere gemeinsame Währung;
- ein faires Europe, das unsere grundlegenden Werte von Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Gerechtigkeit in der modernen Welt aufrecht erhält;
- ein nachhaltiges Europa, das bei nachhaltiger Entwicklung und Klimaschutz vorangeht;
- ein einflussreiches Europa, das sich um den Erhalt und die Modernisierung des regelbasierten Systems bemüht, das uns so lange Zeit so gute Dienste geleistet hat.
Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament vom 23. bis 26. Mai 2019 und des darauf folgenden Wechsels an der Spitze der EU-Institutionen können die Staats- und Regierungschefs der EU-27 nun bei ihrem Treffen in Sibiu auf dieser Grundlage neue politische Schwerpunkte für die EU setzen.
Die Europäische Kommission wird bei dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-27 am 9. Mai 2019 durch Präsident Juncker vertreten sein. Zuvor wird Juncker gemeinsam mit dem rumänischen Präsidenten Iohannis am 8. Mai 2019 um 18:00 Uhr an einem Bürgerdialog teilnehmen.
Auch die Kommissionsmitglieder Thyssen und Navracsics kommen ins rumänische Sibiu, um die Jugendveranstaltung „Lasst uns die Zukunft Europas gemeinsam gestalten!“ zu eröffnen und an der Preisverleihung des Fotowettbewerbs # MySocialEurope teilzunehmen.
Hintergrund
Vor fünf Jahren hat der Europäische Rat eine breit angelegte strategische Agenda für die Union in Zeiten des Wandels aufgestellt. Diese nahm weitere Gestalt an in den 10 politischen Prioritäten von Präsident Juncker, die während seiner Wahlkampagne und im Dialog mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament entwickelt wurden. Seitdem hat die Juncker-Kommission bei der Umsetzung ihrer strategischen Agenda zahlreiche Erfolge erzielt.
Die EU braucht nun neue ehrgeizige, realistische und fokussierte Ziele für den nächsten Politikzyklus.
Im März 2017, im Vorfeld des 60. Jahrestages der Römischen Verträge, hat die Kommission ihr Weißbuch zur Zukunft Europas veröffentlicht. Dieses Reflexionspapier enthält fünf mögliche Szenarien für die Zukunft der EU mit 27 Mitgliedstaaten. Es war der Ausgangspunkt für eine breit angelegte Debatte über die Zukunft Europas, an der sich nun die wichtigsten politischen Prioritäten der nächsten strategischen Agenda orientieren können. In fast 1600 Bürgerdialogen und Bürgerkonsultationen hat sich die Kommission mit den Bürgerinnen und Bürgern ausgetauscht.
2017 legte Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union einen Fahrplan vor, in dem die wichtigsten Schritte für eine enger vereinte, stärkere und demokratischere Union dargelegt sind. Darauf aufbauend einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen in Tallinn auf eine „Agenda der EU-Führungsspitzen“, in der die dringendsten Themen und Herausforderungen aufgeführt sind, für die noch vor den Europawahlen im Mai 2019 Lösungen gefunden werden sollten.
Am 9. Mai 2019 werden die Staats- und Regierungschefs der EU im rumänischen Sibiu zusammenkommen, um den Höhepunkt dieses Prozesses mit einem erneuerten Bekenntnis zu einer EU zu markieren, die die wichtigsten Anliegen ihrer Bürgerinnen und Bürger erfolgreich angeht. Sie werden den Gipfel nutzen, um über die politischen Ziele der Union zu beraten und die strategische Agenda für die nächsten fünf Jahre auszuarbeiten.