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Kein Frieden ohne Frauen

Geschlechterpolitik nun auch noch in Fragen um Krieg und Frieden? Ist das nicht übertrieben? Diese skeptische Reaktion – offen oder verkappt – hören wir, seit das Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie dieses Thema in der Heinrich-Böll-Stiftung bearbeitet.

Da haben wir uns ein besonders dickes Brett vorgenommen: Die Aufarbeitung und Bewältigung von Kriegen und Konflikten ist durch und durch von Männern und vor allem von Geschlechterstereotypen dominiert. Daran ändert sich allmählich etwas – auf mehreren Ebenen. Mit vielen Mitstreitenden rund um den Globus arbeiten wir an einem umfassenden Verständnis von Geschlechterverhältnissen. Wenn es um Kriege und Konflikte geht, sind sie ein weit unterschätzter Faktor. Neben dem sozialen Status und der ethnischen und religiösen Zugehörigkeit haben sie aber einen wichtigen Einfluss auf den Konfliktverlauf und dessen Bewältigung. Frauen und Männer sind unterschiedlich von Konflikten geprägt und betroffen. Deutlich ist auch, dass nicht einfach von Männern als Tätern oder Frauen als Opfern ausgegangen werden kann.

Geschlechterrollen und die Dynamiken zwischen und unter den Geschlechtern verändern sich gerade in Konfliktkonstellationen. Und beide, Männer wie Frauen, werden von Kriegsakteuren und -treibern instrumentalisiert und missbraucht. Besonders dramatischer Ausdruck davon ist sexuelle Gewalt als Kriegstaktik. Sie trifft vor allem Frauen und Mädchen, aber auch Jungen und Männer. All diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis von Kriegen und Nachkriegs-gesellschaften weltweit. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die politischen Entscheidungsträger und eine breitere Öffentlichkeit für sie zu sensibilisieren. Dieses Heft versteht sich als ein Beitrag dazu.

Ein weiterer Aspekt treibt unsere Arbeit voran: Immer noch werden Frauen bei der Konfliktprävention und der Konfliktbewältigung systematisch ausgeschlossen. Ohne sie aber ist ein dauerhafter Frieden nicht möglich, ohne sie können Konflikte nicht nachhaltig gelöst werden. In der Friedens- und Sicherheitspolitik ist eine konsequente Geschlechterperspektive lange ignoriert worden. Dies änderte sich erst vor gut zehn Jahren. Beharrlicher Lobbyarbeit engagierter Frauen ist es zu verdanken, dass der UN-Sicherheitsrat am 31. Oktober 2000 die Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit verabschiedete.

Seither ist völkerrechtlich geregelt, dass Frauen auf allen Ebenen – in Friedensprozessen, in der Sicherheitspolitik sowie bei der Konfliktbearbeitung vor Ort – angemessen zu beteiligen sind. Die UN-Resolution gilt als historischer Durchbruch für die Forderungen der internationalen Frauenfriedensbewegung. Weitere UN-Resolutionen folgten und stärken zumindest auf völkerrechtlicher Ebene die Rechte von Frauen – auch wenn die Umsetzung noch nicht zufriedenstellend ist.

Die Heinrich-Böll-Stiftung ist mit einigen Büros in Konfliktregionen präsent. Es ist keine leichte Aufgabe, für eine geschlechtersensible außen- und sicherheitspolitische Perspektive zu werben und einzutreten. Aber wir wissen: Überall macht Geschlechterpolitik einen Unterschied, gerade auch bei Krieg und Frieden.

Quelle

Barbara Unmüßig | Heinrich-Böll-Stiftung 2011

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