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Klimawandel bedroht Mütter- und Kinderernährung

WHO fordert Maßnahmenbündel zur Senkung der Säuglingssterblichkeit.

Der Klimawandel bringt Entwicklungsländern Einschnitte in der Nahrungsproduktion. Das Problem der Unterernährung bei Frauen und Kleinkindern droht sich dadurch bis 2020 um 20 Prozent zu verschärfen, berichtet die WHO. „Die Welt hätte zwar genug Nahrung für alle, doch sind derzeit eine halbe Mrd. Frauen und Kinder unter fünf Jahren unterernährt als Folge ständig unzureichender Nahrungsverfügbarkeit. Ist heute jeder Siebte dieser Gruppe betroffen, könnte es in einem Jahrzehnt schon jeder Fünfte sein“, warnt Carole Presern, Direktorin der „Partnership for Maternal, Newborn & Child Health“ bei der WHO.

Verletzlichste Bevölkerungsgruppe

Die Kindersterblichkeit wurde seit 1990 von zwölf Mio. auf 7,6 Mio. gesenkt, zeigte die WHO erst in der Vorwoche. Rückschritte gab es hingegen bei der Todesrate der Säuglinge und Kinder unter fünf Jahren. „Die Ernährung der Kinder als auch der Mütter ist ein wichtiger Schlüssel für weitere Fortschritte“, betont Presern. Eine Mangelversorgung in den ersten 1.000 Lebenstagen ab Zeugung kann Verzögerungen im Wachstum, fehlendes Geburtsgewicht sowie kognitive Schäden bewirken, wodurch später das volle Potenzial in Bildung und Beruf unerreichbar bleibt und Defizite sogar drei Generationen weitervererbt werden können.

Rund 500 Mio. Frauen und Kleinkinder sind derzeit in Entwicklungsländern unterernährt. 350 Mio. davon sind in Asien, 150 Mio. in Afrika sowie 30 Mio. in Lateinamerika und der Karibik betroffen, wobei die anteilsmäßig am meisten beeinträchtigten Länder Indien, Bangladesch, Pakistan, Nepal, die Philippinen, Äthiopien, Nigeria, Madagaskar und Jemen sind. Das Thema bleibt angesichts der Bevölkerungsentwicklung auch in Zukunft brenzlig: 2020 rechnet man in Entwicklungsländern mit zusätzlichen 465 Mio. Frauen und Kleinkindern, was die Nahrungsnachfrage deutlich steigen lässt.

Klima verteuert Nahrung

Zwei erschwerende, eng miteinander verwobene Faktoren sind der Klimawandel sowie die Nahrungspreise. Letztere stiegen im ersten Quartal 2012 laut Weltbank um acht Prozent. Für die Weizenverteuerung sorgte unter anderem der extrem kalte Winter in Europa, während die Hitze und Trockenheit in Südamerika dasselbe bei Zucker, Mais und Soja bewirkten. Teurere Nahrung belastet vor allem die arme Bevölkerung. „Während Familien in Industrieländern zehn Prozent des Einkommens für das Essen ausgeben, sind es in Entwicklungsländern 50 bis 80 Prozent. Arme essen in Folge weniger, seltener, mit schlechterer Qualität und weniger Abwechslung in der Nahrung“, erklärt Presern.

Das Problem wird allmählich auch auf weltpolitischer Ebene ein Thema. In ihrer Abschlusserklärung des gerade beendeten Mexiko-Gipfels stellen die G20-Staaten fest, dass im Jahr 2050 schätzungsweise 9,3 Mrd. Menschen zu ernähren sind. Um dies zu gewährleisten, müsse die Landwirtschaftsproduktion um 50 bis 70 Prozent, in Entwicklungsländern sogar um 100 Prozent steigen. Notwendig sei weiter, die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen, vor allem durch effizientere und nachhaltige Nutzung von Wasser und Boden. Bewährte Praktiken etwa für bessere Bodenfruchtbarkeit sollten dazu umgesetzt und Formen optimaler Wassernutzung erforscht werden.

Bildung und Landwirtschaft

Vorschläge für konkrete Schritte liefert der aktuelle Bericht, an dem außer der WHO auch das „UN System Standing Committee on Nutrition“ sowie NGOs wie „World Vision“ und „1.000 Days“ beteiligt waren. Zu den Maßnahmen gehören mehr Information und Bildung zu den Themen Ernährung und Stillen, genauso wie die Förderung von Ackerbau-Methoden, die auf spezielle Ernährungsbedürfnisse eingeht, an den Klimawandel angepasst ist und die Lokalbevölkerung reslilienter gegenüber Schwankungen in Preis oder Verfügbarkeit macht. „Wichtig ist jedoch auch vermehrte politische Mobilisierung zur Verringerung der Treibhausgase, um damit dem Klimawandel entgegenzuwirken“, betont Presern.

Quelle

pressetext 2012Johannes Pernsteiner 2012

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