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Koalitionsvertrag: Mit Rechentricks zur Energieeffizienz

Die Energieeffizienz von Gebäuden ist im schwarz-roten Koalitionsvertrag tatsächlich ein Thema.

Der Koalitionsvortrag der möglichen schwarz-roten Regierung liegt vor und die Redaktion des Jahresmagazins „Passivhaus Kompendium“ hat gespannt geprüft, was die Koalitionäre bei der Energieeffizienz von Gebäuden vorhaben.  Beginnen wir mit dem Positiven.

Die erste gute Nachricht: Die Energieeffizienz von Gebäuden ist im schwarz-roten Koalitionsvertrag tatsächlich ein Thema. Sogar 15 mal findet man den Begriff „Energieeffizienz“ in dem 185 Seiten starken Papier. Die zweite gute Nachricht findet sich in dem Satz „Die Senkung des Energieverbrauchs durch mehr Energieeffizienz muss als zentraler Bestandteil der Energiewende mehr Gewicht erhalten“. Das ist tatsächlich neu. Hatte man in den letzten Jahren das verzweifelte Gefühl, die Energiewende soll allein über die Produktion und Verteilung Erneuerbarer Energien erreicht werden, so ist die Erkenntnis, dass es ohne ein Mehr an Effizienz nicht gehen wird fast schon eine politische Sensation.

Das war es dann aber auch schon mit den guten Nachrichten. Denn bei dem, was inhaltlich über den Weg zu einer verbesserten Gebäudeenergieeffizienz im Koalitionsvertrag gesagt wird,  findet man leider wenig substanzielles und leider auch gleich wieder den Gedanken, es mit der Einsparung doch nicht so genau nehmen zu müssen, wenn man Effizienz kreativ auslegt.

Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz

Immerhin, will schwarz-rot – so die SPD-Basis ihren Segen dazu gibt – das KfW-Programm zur energetischen Gebäudesanierung aufstocken und „deutlich vereinfachen“. Diese und weitere Maßnahmen will die Koalition in einem „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ bündeln. Wer ein neues bürokratisches Monster befürchtet, könnte richtig liegen, denn dahinter soll eine „unabhängige Expertenkommission“ stehen, die in einem jährlichen Monitoring die Instrumente des Aktionsplans prüft.

Darf man an dieser Stelle die Koalitionäre daran erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland und die bundeseigene KfW Bankengruppe zusammen 76 % an der Deutschen Energieagentur (dena) halten, die als Kompetenzzentrum für Energieeffizienz, regenerative Energietechnologien und innovative Energiesysteme eigentlich prädestiniert für diese Aufgabe wäre? Nur der Vollständigkeit halber: Bei der dena stehen 180 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste. Alles Experten.

Quadratur des Kreises oder Betrug?

Natürlich bekennt sich die wahrscheinliche Koalition in ihrem Vertrag auch zur Gebäudeeffizienzrichtlinie der EU. Diese verlangt, dass öffentliche Gebäude ab 2019 und Wohngebäude ab 2021 passivhausähnliche „Niedrigstenergiegebäude“ sind. Dazu schreiben die Koalitionäre: „Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie werden wir sachgerecht umsetzen.“

Das freilich hätten sie nicht extra festhalten müssen, daran führt kein Weg vorbei, weil die Richtlinie bindend ist. Später im Vertragswerk heißt es dann: „Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie setzen wir so in deutsches Recht um, dass die dort vorgesehenen Möglichkeiten zur Anerkennung der Vorteile von KWK- und Fernwärme bei Primärenergie und CO2-Einsparung gegenüber anderen Heizsystemen besser zur Geltung kommen.“

Man darf gespannt sein, was das in der Umsetzung konkret bedeuten soll, aber der Hinweis auf die Primärenergie lässt aufhorchen. Schon die EnEV 2014 regelt, dass ab 2016 der Primärenergiebedarf allein durch einen rechnerischen Trick sinken kann; indem dann ein um 30% niedrigerer Primärenergiefaktor für Strom gilt. Mit dem symbolischen Primärenergiefaktor von Pellets kann man heute schon sein Haus für rechnerischen fast null Primärenergie heizen, obwohl die Bewohner keine einzige Kilowattstunde Energie einsparen. Es steht zu befürchten, dass Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme künftig ebenfalls mit einem politischen Primärenergiefaktor bewertet werden. Den Beweis für diese Vermutung liefert der Koalitionsvertrag sogar selbst.

Auf Seite 116 heißt es wörtlich: „Die aktuell geltenden ordnungsrechtlichen Vorgaben werden wir nicht verschärfen und ihre Wirkungen evaluieren.“ Die EnEV ist ein ordnungsrechtliches Instrument. Wenn sich die Regierung also festlegt, einerseits die EnEV nicht zu verschärfen und andererseits die EU-Energieeffizienz-Richtlinie einzuhalten, bleibt nur der Weg über rechnerische Tricks. Mit solchen Methoden kann es der Bundesrepublik gelingen, ab 2021 nur noch Nahenullenergiehäuser zu bauen, die tatsächlich nicht weniger Energie verschlingen als Neubauten aus dem Jahre 2009.

Das nennt man Quadratur des Kreises. Oder auch staatlich organisierter Betrug.

Quelle

Johannes Laible 2013Passivhaus Kompendium | Laible Verlagsprojekte 2013

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