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Kohleausstieg im Bundestag: Union und SPD drücken Entschädigungsvertrag durch

Mit den Stimmen von Union und SPD gab der Bundestag am Mittwochabend der Bundesregierung grünes Licht, den umstrittenen öffentlich-rechtlichen Vertrag zum Braunkohleausstieg zu unterzeichnen. Das Papier regelt vor allem die Verwendung der Milliardenentschädigungen für die Stromkonzerne RWE und Leag.

Wegen des Braunkohle-Ausstiegs stand die Bundesregierung zuletzt enorm unter Druck. Mitte Dezember war bekannt geworden, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Gutachten zur Braunkohle ein Jahr unter Verschluss gehalten und dann verleugnet hat.

Das von einem Konsortium angefertigte, mehr als 250 Seiten umfassende Papier sollte im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers die entstehenden Zusatzkosten ermitteln, wenn Kraftwerke eher vom Netz gehen und deswegen möglicherweise auch Kohletagebaue weniger ausgekohlt werden und sich dadurch der Ausstieg verteuert.

Die Gutachter berechneten dabei für das rheinische Revier bereits im November 2019 eine Variante, laut der die dortigen Tagebaue so ausgekohlt werden können, dass mehrere Dörfer in der Region, die schon der Abbaggerung preisgegeben sind, eigentlich erhalten blieben könnten – wenn man denn den Willen hat, die Fahrweise der Tagebaue entsprechend zu verändern.

Von dieser Möglichkeit erfuhr die Öffentlichkeit nichts – und so beschloss der Bundestag im Juli 2020 das Kohleausstiegsgesetz mit dem einzigen Zugeständnis im rheinischen Revier: Der umkämpfte Hambacher Forst wird vom Tagebau Hambach umfahren.

Dass Orte ohne große Not geopfert und dem rheinischen Betreiber RWE schon im Kohleausstiegsgesetz noch 2,6 Milliarden Euro Entschädigung zugestanden wurden – das hatte beim schließlichen Bekanntwerden des Gutachtens das Zeug zu einem permanenten Skandal.

Das Bündnis „Alle Dörfer Bleiben“ prangerte das Vorgehen des Wirtschaftsministeriums denn auch als „zutiefst undemokratisch“ an und fordert bis heute den Rücktritt von Minister Altmaier. Das Ausstiegsgesetz sei auf Grundlage unvollständiger Fakten beschlossen worden und darum rechtlich nicht haltbar.

Vertrag mit Stromkonzernen voller Widersprüche

Auch der Bundestag sei getäuscht worden. „Wäre dieses Gutachten früher bekannt gewesen, würde es das Kohlegesetz in seiner heutigen Form nicht geben und unsere Dörfer wären bereits gerettet“, meint Britta Kox aus dem bedrohten Dorf Berverath zu Recht.

Mehrfach gab es zuletzt Aktionen und Besetzungen in den teilweise schon verlassenen Orten, weitere sind angekündigt. Der öffentliche Druck kam der Koalition gar nicht zupass. Denn im Bundestag schmorte noch der öffentlich-rechtliche Vertrag, der 2020 flankierend zum Ausstiegsgesetz mit den beiden großen Braunkohleunternehmen RWE und Leag ausgehandelt worden war.

Der Vertrag regelt, wie RWE zu 2,6 Milliarden und Leag zu 1,75 Milliarden Euro an Entschädigung kommen, wofür das Geld verwendet wird und wann die Unternehmen welche Kraftwerksblöcke stilllegen.

Der Vertrag strotzt nur so von Widersprüchen. Offiziell fließen die Entschädigungen an die Betreiber, weil deren Kraftwerke eher vom Netz gehen. Die Leag aber muss zum Beispiel den Großteil der Gelder auf ein Treuhandkonto einzahlen, auf das die Länder Brandenburg und Sachsen Zugriff haben. Mit dem Geld wollen die Länder später die Tagebaue sanieren – im Wissen darum, dass die dazu eigentlich von der Leag zurückzulegenden Gelder nie und nimmer ausreichen.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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