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Massensterben im Meer

Das große Sterben geht weiter: Ein Drittel aller Fischgründe auf der Erde sind überfischt.

Den Meeren droht der Kollaps – eine ökologische und humanitäre Katastrophe. Mit einer vernünftigen Fischereipolitik könnten die Ozeane die Menschheit nachhaltig ernähren.

Es ist ein Weltuntergangsszenario, das sie da zeichnen, und sie meinen es ernst: Fische, Wale und andere Meerestiere steuerten auf eine „Phase der Auslöschung“ zu, den Ozeanen drohe ein Massensterben biblischen Ausmaßes.

27 Forscher haben im Frühsommer einen Bericht vorgelegt, der den Zustand der Meere unter die Lupe nimmt – und er liest sich, als wären die Experten selbst erschrocken vor dem, was sie herausgefunden haben: Geschwindigkeit und Ausmaß des Sterbens in den Weltmeeren sind wesentlich größer als bisher angenommen; das Zusammenwirken von Überfi‧schung, Versauerung, Erwärmung und Sauerstoffmangel könnte bald zum größten Artensterben seit 65 Millionen Jahren führen.

„Wir stehen vor Konsequenzen für die Menschheit, die noch zu unseren Lebzeiten spürbar werden“, sagt Alex Rogers, der wissenschaftliche Leiter des Internationalen Programms zur Lage der Ozeane (IPSO), „noch viel schlimmer wird es für unsere Kinder und die Generationen danach.“

Einer der Hauptfaktoren in diesem realen Schreckensszenario: unser Plündern der Fischbestände, oder – besser gesagt – dessen, was davon noch übrig ist.

Mehr als zwei Millionen Boote und Schiffe verlassen jeden Tag große Häfen und kleine Buchten, um Heilbutt oder Schwertfisch zu jagen, Garnelen, Makrelen oder Heringe zu fangen – dabei sind 60 Prozent aller Fischerboote weltweit so klein, dass sie nicht einmal eine Kajüte besitzen. Die Hälfte des globalen Fangs bringt heute ein Prozent der Flotte an Land: Schwimmende Fischfabriken ziehen da über die Meere, auf denen modernste Geräte Erfahrung und Instinkt ersetzen.

Satelliten funken Bilder von der Planktonverteilung im Meer auf die Bordcomputer: viel Plankton – viele Fische. Echolote spüren einzelne Fische in bis zu einem Kilometer Tiefe auf. Die Fahrten dieser Supertrawler gleichen Vernichtungsfeld-zügen: Schleppnetze zerreißen Riffe, zertrümmern die Kinderstuben von Jungfischen und verwandeln blühende Unterwassergärten in Ödland.

Etwa 118 Millionen Tonnen Muscheln, Lachs, Hering und viele andere Gräten- oder Krustentiere landen jährlich auf den Tellern der Welt. Und die Welternährungsorganisation (FAO) prognostiziert, dass der Appetit auf Fisch künftig weiter zunehmen wird – und damit auch das große Sterben. Schon jetzt gelten von den weltweiten Beständen nur noch 15 Prozent als stabil.

Die Liste der Arten, die allein in Europas Gewässern akut bedroht sind, ist lang: Den Beständen des Aals droht der Zusammenbruch. Extrem gefährdet ist auch der Rotbarsch; rund 15 Jahre alt muss dieser Fisch werden, ehe er Nachwuchs bekommen kann – viele Tiere werden jedoch vorher gefangen. Experten schätzen, dass stellenweise nur fünf Prozent der ursprünglichen Bestände das große Fischen überlebt haben. Und akut bedroht ist auch der Rote Thunfisch, die erhöhte Nachfrage nach Sushi hat den Bestand dramatisch schrumpfen lassen.

Wenn die Ozeane weiter so geplündert werden, wird es die meisten Fischarten – und einen Fischfang, wie wir ihn heute kennen – im Jahr 2050 wohl nicht mehr geben. Neben der ökologischen ist das auch eine humanitäre Katastrophe: Etwa jeder zwölfte Erdbewohner lebt heute vom Fischfang oder der Fischverarbeitung. Die Lebensgrundlage etlicher Millionen Menschen steht auf dem Spiel …

Weiterlesen können Sie in der September-Ausgabe von natur+kosmsos

Quelle

natur+kosmos | Philipp Bergen 2011

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