Nach der Kohle-Leitentscheidung: Die Dörfer werden Garzweiler überleben
Die nordrhein-westfälische Landesregierung sollte sich jetzt für die bedrohten Dörfer und gegen den Braunkohletagebau entscheiden. Dass sie dies erst 2026 tun will, zeigt: Ihre Hörigkeit gegenüber dem Kohlekonzern RWE ist größer als der Wille, Politik für das 21. Jahrhundert zu machen.
Wieder einmal hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen mit einer „Leitentscheidung“ über die Zukunft des Rheinischen Braunkohlereviers beschlossen. Und wir, die wir am Tagebau Garzweiler wohnen, fühlen uns gefangen in einem Alptraum.
Ein Alptraum, in dem große Maschinen sich Tag um Tag immer näher fressen, um alles zu zerstören, was wir Zuhause nennen. Orte, an denen wir groß geworden sind. Orte, an die wir die schönsten und schmerzhaftesten Erinnerungen unseres Lebens knüpfen. Sie verschwinden, als wären sie nie da gewesen.
„In Anspruch nehmen“ nennen es die Landesregierung und der Kohlekonzern RWE, wenn sie in der Leitentscheidung die Flächen bestimmen, die abgebaggert werden sollen. „Rückbau“ nennen sie es, wenn sie dann mit Kettensägen und Baggern kommen, uns unsere Wälder und Häuser nehmen.
Am Tagebau Garzweiler wollen Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet und seine Regierung die Dörfer Immerath und Lützerath so schnell wie möglich zerstören, die anderen fünf Dörfer sollen bis 2028 folgen.
Wenig entfernt am Tagebau Hambach wollen sie zwar den zum Symbol gewordenen Hambacher Forst stehen lassen, aber so um ihn herum baggern, dass auch hier ein weiteres Dorf zerstört werden soll und das alte Wald-Ökosystem so unter Hitze- und Dürrestress geraten wird, dass sein Weiterbestehen nicht gesichert ist.
Insgesamt fast eine Milliarde Tonnen Braunkohle wollen sie hier weiter fördern. Angesichts der fortschreitenden Klimakrise und der Tatsache, dass wir so schnell wie möglich unsere Emissionen auf null reduzieren müssen, wenn wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse und das Pariser Klimaabkommen respektieren, ist das unbegreiflich und fernab der Realität.
In einer Welt von vorgestern
„Unsere“ Landesregierung unter Ministerpräsident Laschet verharrt in ihrem eigenen parallelen Universum. In einer Welt von vorgestern, geprägt von der Vorstellung, es sei das Recht reicher Menschen im globalen Norden, mit der Ausbeutung der Natur und auf Kosten der Menschen in den Ländern des globalen Südens reich zu werden und zu bleiben.
Neben der Landesebene nehmen wir die Bundespolitik und die europäische Politik in Mithaftung für das, was mit unserem Zuhause passiert. Das Rheinische Braunkohlerevier ist und bleibt als größte CO2-Quelle Europas einer der zentralen Orte, an der über unser aller Zukunft entschieden wird. Wir führen unsere Auseinandersetzung gegen die Kohlebagger auch, aber nicht nur für eine Handvoll Dörfer.
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Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (ein Gastbeitrag von David Dresen und Kathrin Henneberger) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! | (Foto/Ausschnitt: Leonhard Lenz/Wikimedia Commons)