Nano-Müll lässt sich nicht verbrennen
Ohne Abbaubarkeit droht Problem wie bei Asbest und Pestiziden.
Werden Produkte mit synthetischen Nanopartikeln entsorgt, können sich diese in Rückständen von Müllverbrennungsanlagen anhaften und von dort in die Umwelt gelangen. Auf dieses Problem weisen Forscher der ETH Zürich in der Fachzeitschrift „Nature Nanomaterials“ hin. Ihre Forderung: Das Entweichen von Nanopartikeln in der Entsorgung muss verhindert und abbaubare Nanoprodukte entwickelt werden – andernfalls droht schon bald ein Problem, das jenem der Asbestmaterialien gleicht.
Mögliches Leck überprüft
Über die Eigenschaften von Nanomaterialien ist bisher wenig bekannt. Sicher weiß man nur, dass sich die winzigen Teilchen von größeren Partikeln des gleichen Stoffes stark unterscheiden: Sie sind deutlich mobiler und weisen andere Oberflächenstrukturen auf. Diese Ungewissheit löst oft Ängste aus – ist es doch denkbar, dass Nanopartikel aus ihren Einsatzformen in Baustoffen, Farben, Textilien und Kosmetika über Verbrennungsanlagen in die Atmosphäre oder in den Wasserkreislauf gelangen. Was im Falle einer Aufnahme in den Körper über Nahrung, Haut und Atmung langfristig geschieht, ist kaum erforscht.
Dass eine Freisetzung über den Entsorgungskreislauf theoretisch möglich ist, haben die ETH-Forscher nun gezeigt. Sie untersuchten dazu synthetisches Nano-Ceriumoxid, ein ungiftiger, doch biologisch nicht abbaubarer Keramikbestandteil von Katalysatoren und Dieselruß-Filtern. Zehn Kilogramm dieses Materials mit 80-Nanometer-Partikeln wurden in einer Anlage zur Kehrrichtverbrennung auf zu verbrennenden Müll versprüht, um das Verhalten von partikelreichem Abfall nachzustellen. Zur Modellierung des „schlimmsten Falles“ massiver Partikelfreisetzung sprühte auch direkt in den Verbrennungsraum.
Gefährliche Rückstände
Das Ergebnis des Versuchs: Ceriumoxid-Nanopartikel waren in den Abgasen der Kehrrichtverbrennungsanlage nicht nachweisbar, womit die Flugascheabscheidung gute Arbeit leistet. Sie ändern sich aber bei der Verbrennung kaum und bleiben in der Anlage erhalten – lose auf den Rückständen der Anlage, in der abgeschiedenen Flugasche oder im Verbrennungssystem. Die Rückstände mitsamt anhaftenden Nanopartikeln landen heute auf Mülldeponien oder werden abermals aufbereitet.
„Es muss sichergestellt sein, dass entsprechend neue Nanopartikel durch Mülldeponien nicht in Wasser- oder Nahrungskreislauf gelangen oder durch weitere Aufbereitung in die Atmosphäre freigesetzt werden“, betont Studienleiter Wendelin Stark. Bei Wartungsarbeiten des Verbrennungssystems bestehe ohne ausreichende Schutzmaßnahmen die Gefahr, dass die Partikel in die Lunge gelangen. „Langfristig ist der einzig sinnvolle Weg, dass alle Nanoprodukte abbaubar sind. Sonst sind wir immer wieder mit dem Problem der Verbreitung und Persistenz konfrontiert, das wir bereits von Asbest, Pestiziden oder Plastikmüll im Ozean kennen“, so der Züricher Chemiker.
Quelle
pressetext.deutschland 2012Johannes Pernsteiner 2012