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Neues Rechtsgutachten: Energiecharta-Vertrag ist mit EU-Recht unvereinbar!

Nach den gescheiterten Reformverhandlungen zur Modernisierung des Energiecharta-Vertrags im Juni verkünden immer mehr Länder den Ausstieg, darunter Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und zuletzt Slowenien. Und alle fragen sich: Wo bleibt Deutschland?

Der Energiecharta-Vertrag blockiert die Energiewende, behindert wirksamen Klimaschutz und kostet Deutschland Milliarden an Steuergeldern. Doch nicht nur das, unser neues Rechtsgutachten zeigt: Der ECT ist nicht nur klimaschädlich und teuer, sondern verstößt auch gegen geltendes Unionsrecht.

FDP blockiert und Scholz zögert

Wie diese Woche bekannt wurde, plante der französische Präsident Emmanuel Macron, gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz den Ausstieg aus dem ECT zu verkünden. Doch das anhaltende Zaudern der Bundesregierung führte dazu, dass Frankreich den Ausstieg letztendlich alleine verkünden musste. Spätestens jetzt rückt die Frage nach der deutschen Position immer mehr in den Fokus. Dabei scheint vor allem die FDP den Ausstieg zu blockieren. Als Hauptargument wird angeführt, dass ein Ausstieg aufgrund der so genannten “Sunset-Klausel” nicht zielführend sei. Diese besagt, dass die Regeln des Vertrages für bestehende Investitionen auch nach dem Austritt noch für 20 weitere Jahre gelten. Deutschland, so die FDP, hätte in der Zwischenzeit keinen Einfluss mehr auf den Vertrag, wäre aber dennoch an seine Regeln gebunden. Es bestehen jedoch durchaus Möglichkeiten, die “Sunset-Klausel” zu umgehen (siehe Infokasten).

Energiecharta ist nicht mit EU-Verträgen vereinbar

Dass der Energiecharta-Vertrag die Energiewende blockiert, damit den Klimaschutz ausbremst und Steuergelder in Milliardenhöhe kostet, ist – nicht zuletzt durch unsere hartnäckige Aufklärungsarbeit – längst bekannt und wird breit diskutiert. Doch mit unserem aktuellen Rechtsgutachten können wir jetzt aufzeigen, dass der ECT weder mit der Autonomie des Rechtssystems der EU noch mit ihrer Regulierungsautonomie vereinbar ist. Das bedeutet, dass der ECT in unzulässigem Maße die Handlungsfreiheit der europäischen Staaten beschränkt und deshalb nicht mit den europäischen Verträgen vereinbar ist.

Seit vielen Jahren setzt sich das Umweltinstitut gegen diese Paralleljustiz ein. So konnten wir schon 2018 mit einem Rechtsgutachten beweisen, dass Investitionsschutzklagen innerhalb der EU gegen europäisches Recht verstoßen. 2021 urteilte der Europäische Gerichtshof und bestätigte unsere Sicht: Die Schiedsgerichtsklausel des ECT ist in innereuropäischen Verfahren illegal! Jetzt sind wir noch einen Schritt weitergegangen. Wir wollten wissen, ob der ECT und dessen Schiedsgerichte überhaupt mit den Verträgen der EU vereinbar sind. Daher beauftragten wir eine für Umwelt- und Staatsrecht international renommierte Kanzlei mit einer Untersuchung dieser Fragen.

Herausgekommen ist ein ca. 40-seitiges Rechtsgutachten, mit dem wir folgende Punkte aufzeigen können:

  • Schiedsverfahren des ECT verstoßen auch bei Verfahren zwischen einem außereuropäischen Staat und einem EU-Land gegen die Autonomie des Unionsrechts und sind damit unwirksam. Klagen eines ausländischen Investors gegen EU-Staaten sind ebenfalls illegal. Doch genau diese ermöglicht der ECT.
  • Wenn ein EU-Mitgliedstaat von einem Schiedsgericht zu Schadensersatzzahlungen verurteilt wird, wäre der Schiedsspruch deshalb grundsätzlich in der EU nicht vollstreckbar.
  • “… die mitgliedstaatlichen Gerichte [sind] bereits nach der geltenden Rechtslage in der Pflicht, die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in der EU zu unterbinden“ (siehe Bericht S. 36).

Vielfach wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Vertrag ein Hindernis zur Erreichung der Klimaziele von Paris darstellt. Denn durch die Investor-Staat-Schiedsgerichte (ISDS) werden fossile Brennstoffe in Höhe von 340 Milliarden US-Dollar geschützt. Dabei ist der ECT der Vertrag, der die meisten fossilen Energien schützt. Auch dass die Energiecharta die öffentlichen Haushalte belastet und die Regulierung des Energiemarktes behindert und verteuert, mahnen wir seit Jahren an. 

Mit unserem Rechtsgutachten zeigen wir jetzt auf: Der ECT ist nicht nur klimaschädlich und teuer, sondern verstößt auch gegen geltendes Unionsrecht!

Gerade in Zeiten von Energie- und Klimakrise müssen Regierungen handlungsfähig bleiben. Paralleljustizen mit Sonderklagerechten für Großinvestoren stehen dem Klimaschutz und der Energiewende im Weg, belasten die Demokratie und kosten wichtige Steuermilliarden.

  • Wir fordern die Bundesregierung, die europäischen Mitgliedsstaaten und die EU auf,  Jetzt gemeinsam und unter gleichzeitiger Aufhebung der Sunset-Klausel aus dem Energiecharta-Vertrag auszusteigen und
  • die Ratifizierung von Abkommen mit Investor-Staat-Schiedsgerichten auszusetzen und für die Zukunft auszuschließen!
Quelle

Umweltinstitut München 2022 / BEE 2022

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