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Nur lokaler Strom macht Energie bezahlbar

Strom von der Nordsee, das klingt erst einmal vernünftig. Doch wie kommt die Energie zum Verbraucher? Statt auf riesige Parks sollten wir lieber auf dezentrale Anlagen zur Energieerzeugung setzen.

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen als Frankfurter, Stuttgarter oder Münchner eine Kilowattstunde Strom in der Nordsee; sagen wir mal, aus einem der Windräder in der Deutschen Bucht. Das sollte – so die allgemeine Meinung – recht günstig sein, denn auf dem Meer weht vermeintlich mehr Wind als an Land.

Doch wie kommt die Energie zu Ihnen in die süddeutsche Metropole? Ein langer, teurer und derzeit noch nicht einmal vorhandener Transportweg wäre zu bewältigen. Bei Flaute würde man Ihnen nichts liefern können, und die Energie aus windreichen Stunden haben Sie nicht speichern können; und wenn doch, dann nur mit hohen Kosten.

Geht es nach dem Willen zahlreicher Protagonisten in Politik und Energiewirtschaft, dann wäre solch ein zentrales, verbraucherfernes und damit teures Energiesystem ein elementarer Bestandteil der Energiewende. Doch Sie ahnen schon: Dieser Kurs kann nicht zum Erfolg führen – nicht nur wegen der fehlenden 4500 Kilometer Hochspannungstrassen.

Mit Umweltminister Peter Altmaier steht nun ein neuer Kapitän auf der Berliner Brücke – und es wird höchste Zeit für eine Kehrtwende. Denn nur eine allein auf erneuerbaren Energien basierende Stromversorgung führt heraus aus der Abhängigkeit von atomaren und fossilen, hoch subventionierten Brennstoffen.

Setzen wir vorrangig auf regional verteilte Solar- und Windenergieanlagen und bringen wir die Stromerzeugung in die Nähe gut ausgebauter Netze und der Verbraucher, dann sparen wir enorm: kein Netzausbau auf Höchstspannungsebene, dramatisch weniger Speicherbedarf, und obendrein gibt es Sonnenschein und Windströmungen auch noch kostenlos – überall und unbegrenzt verfügbar.

Deshalb ist es mehr als sinnvoll, diese kostenlosen Ressourcen mit an den jeweiligen Standort angepassten Technologien direkt vor Ort zu nutzen. Unter dem Strich ist die lokal erzeugte, über kurze Distanzen transportierte und direkt nutzbare Kilowattstunde um den Faktor zwei bis drei günstiger als die in Norddeutschland hergestellte, weit transportierte und eventuell zwischengespeicherte Kilowattstunde. Und die Produktion auf dem Meer ist noch einmal um den Faktor zwei teurer als an guten Binnenlandstandorten.

Der lokale Ansatz bringt Wertschöpfung in alle Regionen – im Norden ebenso wie im Osten, Westen und im Süden. Wir müssen uns lösen vom zentralen Energiedenken, von einem „Windpark Nordsee“ und einem „Solarpark Bayern“. Ergänzend zum bestehenden regenerativen Kraftwerkspark in Deutschland sind künftig also gute Windenergiestandorte im Süden Deutschlands und geeignete großflächige Solarpotenziale im Norden zu erschließen.

Dank deutscher Innovationskraft gibt es auch schon die Lösung für eine weitere Herausforderung: Windräder und Solaranlagen können noch besser an die regionalen Gegebenheiten angepasst werden. Was wir brauchen, ist mehr Energie pro installierte Leistungseinheit – das gelingt uns beispielsweise mit größeren Rotoren und höheren Türmen für Windenergieanlagen im Binnenland bei gleicher Generatorleistung. Solche Anlagen erzeugen schon bei einer frischen Brise ihre volle Leistung, und somit können auch im Binnenland statt 2000 dann über 4000 Volllaststunden erreicht werden. Das sind Werte, die auf dem Meer nicht wesentlich übertroffen werden. Doch der Vorteil an Land liegt auf der Hand: Es kostet nur die Hälfte.

In der Diskussion um den richtigen Weg der Energiewende geht der Blick auf die Motivation zum Umschwung leider verloren: Konventionelle, seit Jahrzehnten hoch subventionierte Energieressourcen werden sich dramatisch verteuern. Für die Importe dieser Rohstoffe müssen wir bald – im wahrsten Sinne des Wortes – jedes Jahr mehr als 100 Mrd. Euro „verbrennen“! Uran, Kohle, Öl und Gas sind endlich und oft nur mit gravierenden Auswirkungen auf unsere Umwelt zu fördern und zu transportieren.

Atomkraft ist zudem für den Menschen nicht beherrschbar. Wir sollten deshalb nicht ständig fragen, wie teuer uns die Energiewende kommt. Wir sollten besser darüber nachdenken, was uns ein Verzicht auf den Umstieg hin zu den Erneuerbaren kosten würde.

Quelle

juwi Holding AG 2012Matthias Willenbacher 2012

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