Sachverständigenrat für Umweltfragen: Wissenschaftler fordern Klimaschutzgesetz
Während Union und SPD über die richtige Art der CO2-Bepreisung diskutieren, fordert der Sachverständigenrat für Umweltfragen ein ganzes Klimaschutzgesetz, um das Emissionsbudget einzuhalten, das Deutschland noch zusteht. An den Vorschlägen des Verkehrsministers üben die Regierungsberater offen Kritik.
In die Diskussion um die Vorschläge, die Union und SPD bisher für das sogenannte Klimapaket vorgelegt haben, hat sich nun ein wissenschaftliches Beratungsgremium der Bundesregierung eingemischt.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) schreibt in einem offenen Brief an die Mitglieder des Klimakabinetts, dass sich der Erfolg der Maßnahmen vor allem daran messen lassen müsse, ob Deutschland damit sein Emissionsbudget einhalten kann.
Wenn die Welt mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent eine Klimaerwärmung von mehr als 1,75 Grad verhindern will, steht Deutschland laut dem Gremium ab 2020 noch der Ausstoß von 6.600 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu.
Werde weiterhin so viel emittiert wie bisher, sei dieses Budget schon im Jahr 2028 verbraucht. Wolle man sich wie geplant bis zum Jahr 2050 Zeit lassen, um klimaneutral zu werden, müssten in den ersten Jahren überproportional viele Emissionen eingespart werden. Der Umweltrat empfiehlt zudem eine Anhebung der deutschen Klimaziele.
Um das zu schaffen, plädieren die Wissenschaftler für ein Klimaschutzgesetz, das dazu beitragen soll, „sowohl die Umsetzungs- als auch die Ambitionslücke in den einzelnen Sektoren zu schließen“. Das Gesetz müsse nicht nur Maßnahmen auflisten, sondern auch die Klimapolitik institutionell stärken. „Hierfür ist aus Sicht des SRU erforderlich, dass der Umsetzungsfortschritt wissenschaftlich überprüft wird und bei festgestellten Defiziten klimapolitische Maßnahmen folgen“, schreiben die Berater.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) setzt sich seit Längerem für ein solches Gesetz ein und hat auch schon einen Entwurf vorgelegt. Die Union lehnt ein Klimaschutzgesetz jedoch ab.
„Umweltschädliche Subventionen streichen“
Deutliche Kritik üben die Umwelt-Sachverständigen an den Maßnahmen, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bisher für seinen Sektor vorgesehen hat. Diese Vorschläge reichten nicht aus. Um die Emissionen im Verkehrssektor zu senken, schlägt der SRU eine Zulassungsquote für Elektrofahrzeuge, schärfere CO2– und Effizienz-Grenzwerte, eine streckenabhängige Pkw-Maut sowie ein allgemeines Tempolimit vor.
Das gesamte Steuer- und Abgabensystem müsse reformiert werden – vor allem durch das Streichen umweltschädlicher Subventionen. Ein CO2-Preis müsse sowohl ein deutliches Preissignal setzen als auch sozialverträglich sein. Das Gremium legt sich aber nicht fest, welcher Art diese CO2-Bepreisung sein sollte.
Genau darüber gibt es innerhalb der Regierungskoalition eine Grundsatzdiskussion. Das Klimaschutzkonzept von CDU und CSU, das die Unionsfraktion heute einstimmig verabschiedet hat, sieht einen nationalen Emissionshandel für die Sektoren Verkehr und Gebäude mit einer Ober- und einer Untergrenze vor. Die vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechen denen, die in der vergangenen Woche schon bekannt geworden waren.
Der Koalitionspartner SPD, der sich immer für eine CO2-Steuer anstelle eines Zertifikatesystems ausgesprochen hat, äußert sich weiterhin nicht eindeutig zum Vorschlag der Union. „Die CO2-Bepreisung – also Öl, Treibstoff einen Preis zu geben, der etwas höher ist als heute – ist nur eine einzige Maßnahme aus einem ganzen Paket“, antwortete Umweltministerin Schulze heute im ZDF-Mittagsmagazin ausweichend auf die Frage, ob es einen Kompromiss beim CO2-Preis gebe.
Quelle
Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Friedrike Meier) 2019 verfasst – der Artikel
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