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© pixabay.com | Hans | EUROSOLAR gibt einen Überblick über die Lösungsansätze verschiedener Institutionen und bringt selbst einen – zielgerichteten und praktikablen – Vorschlag für das weitere Nutzen der Post-EEG-Anlagen ein.

Soziale Faktoren beeinflussen Energiewende

Was mein Nachbar hat, will ich auch: Ob Solarpanels auf dem eigenen Dach installiert werden, hängt vom sozialen Umfeld ab.

Das zeigt eine aktuelle Studie des Mannheimer Forschers Dr. Christoph Siemroth und seiner Kollegen Justus Inhoffen (Universität Amsterdam) und Dr. Philipp Zahn (Universität St. Gallen). Die Ergebnisse lassen Schlüsse zu, wie sich die Kosten der Energiewende senken lassen.

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein zentraler Punkt in der Energiewende. Stromverbraucher in Deutschland unterstützen den Bau von Solarpanels durch eine Abgabe im Rahmen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG). Zu beobachten ist in Deutschland eine starke lokale Konzentration von Solarpanels. Welche Gründe es hierfür gibt, hat der Mannheimer Ökonom Dr. Christoph Siemroth gemeinsam mit Kollegen in einer aktuellen Studie untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Die Wahrscheinlichkeit, ein Solarpanel zu bauen steigt, wenn Nachbarn und Bekannte auch eins haben. Dabei spielt die Tatsache, ob die Region sonnenarm oder sonnenreich ist, keine entscheidende Rolle.

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler Daten der vier deutschen Netzbetreiber verwendet, welche die Installationszeitpunkte und Postleitzahlen aller EEG-geförderten Solarpanels von 2000 bis 2012 aufweisen. Um den Effekt sozialer Interaktion auf den Panelausbau zu berechnen, suchten sie für jede Gemeinde, als gerade deren erstes Panel installiert wurde, eine vergleichbare Gemeinde, wo noch kein Panel installiert wurde. Während in der Gemeinde mit existierenden Panels soziale Interaktionen stattfinden können (die Betreiber können etwa von ihren Erfahrungen berichten und eine Panelinstallation empfehlen), ist dies in der Gemeinde ohne Panels nicht möglich. Die Forscher beobachteten dann die Unterschiede im Panelausbau für alle Paare solcher vergleichbaren Gemeinden über einen Zeitraum von einem Jahr. Insgesamt wurden rund 11.000 Gemeindepaare für die Analyse ausgewertet.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Hypothese, dass soziale Interaktion den Panelausbau maßgeblich beeinflusst: Die Anzahl der neu installierten Panels ist in Gemeinden mit existierenden Solarpanels um etwa 50 Prozent höher als in den vergleichbaren Gemeinden ohne Panels. Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein weiteres Panel innerhalb eines Jahres installiert wird, ist um etwa 25 Prozent höher. Der soziale Effekt auf den Panelausbau ist in Gebieten mit höherer Sonneneinstrahlung und niedrigerer Arbeitslosigkeit stärker.

Zudem zeigte sich, dass der soziale Effekt den Panelausbau ebenfalls, wenn auch in abgeschwächter Form, in weniger geeigneten Gebieten mit niedriger Sonneneinstrahlung beeinflusst.

Schlussfolgerung und Empfehlung

Wie die Studie zeigt, machen die über dem Marktniveau liegenden EEG-Zahlungen den Panelausbau auch in Gebieten attraktiv, wo es sich weniger lohnt zu installieren. „Aus wirtschaftlicher Perspektive ist dies ineffizient, da das gleiche Panel an anderer Stelle in Deutschland deutlich mehr Strom produzieren könnte“, erklärt Dr. Christoph Siemroth. „Und schließlich ist es im Sinne der Verbraucher, wenn deren Mittel bestmöglich eingesetzt werden.“

Siemroth und seine Kollegen ziehen daher folgende Schlüsse für das bestehende EEG: „Die Fehlanreize durch die gegenwärtige Förderung des EEG sind wohlbekannt und wurden etwa vom Sachverständigenrat bereits kritisiert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Fehlanreize jedoch noch stärker sind als allgemein erwartet. Die Entlohnung der Solarpanels sollte daher umso mehr wettbewerbsorientiert gestaltet werden. Ein geeignetes Auktionsverfahren etwa würde den Zuschlag vorrangig an die Panelbetreiber geben, die am günstigsten produzieren, und das würde auch den Nachahmungsausbau in Gegenden mit ineffizient niedriger Sonneneinstrahlung beschränken. Zusammen könnte es die Kosten der Energiewende senken.“

Link zur Studie:  http://ssrn.com/abstract=2796130

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Eine Erwiderung zur Studie von Gerhard Hofmann:

Der Beitrag „Soziale Faktoren beeinflussen Energiewende“ über die Studie (u.a.) eines Forschers der Uni Mannheim („Was mein Nachbar hat, will ich auch“) sollte nicht unwidersprochen bleiben: Denn bereits der Titel der Studie erweckt den Eindruck, als seien die Autoren voreingenommen ans Werk gegangen. Er lautet: „Does Social Interaction Make Bad Policies Even Worse? Evidence from Renewable Energy Subsidies“ – deutsch: „Macht soziale Interaktion schlechte Politik noch schlechter? Nachweis anhand von Erneuerbaren-Energien-Subventionen“.

Die Überschrift über den 39 Seiten transportiert eine unbewiesene, bzw. unzutreffende Behauptung – nämlich die, es handle sich bei der EEG-Umlage um eine Subvention (falsch), und der Umlagemechanismus (der nach dem neuen EEG 2017 jetzt dem Ausschreibungsverfahren geopfert wird) sei schlechter Politik entsprungen – ganz falsch: Dank des EEG ist der PV-Strom in kurzer Zeit weltweit mit dem im Vergleich fünfmal stärker staatlich unterstützten klimaschädlichen (das Wort „Klima“ kommt bezeichnenderweise in der ganzen Studie nicht vor) Fossilstrom konkurrenzfähig (und für die alten verschlafenen Fossil-Riesen zur Bedrohung) geworden.

Inzwischen ist er schon so billig (kürzlich ein Gebot von 2,99 $-Ct/kWh in den VAE), dass ihn sich jetzt viele Entwicklungs- und Schwellenländer leisten können, die vorher nicht daran zu denken wagten. Am Ende der Untersuchung steht das Plädoyer für Ausschreibungen – das ist gut für die Großen – und schlecht für die Kleinen – die Bürgerenergie wird es ausbremsen. An einigen Stellen wird deutlich, dass die Autoren das EEG-System entweder nicht oder absichtlich miss-verstanden haben, so z.B., wenn sie die Umlage als eine „subsidy…they have to pay via taxes“ (Subvention, die über die Steuer bezahlt werden muss) bezeichnen. Die EEG-Umlage wird mit der Stromrechnung erhoben und hängt damit am Verbrauch – das war ja die Idee von Hans-Josef Fell und Hermann Scheer: Keine Steuer, die der Staat nach Belieben umleiten würde können, sondern eine Umlage zur direkten Förderung via Einspeisungsvergütung.

Ebenso übersahen die Autoren die extrem wichtige Motivation der Solarbetreiber, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Auch mit dem Thema Degression gehen sie sehr unsorgfältig um. Es ist zu vermuten, dass mit der Studie die Kritik des Sachverständigenrats („Fehlanreize“) gestützt werden sollte. Ein politischer Beitrag im wissenschaftlichen Mäntelchen. © Gerhard Hofmann 2016

Quelle

Universität Mannheim 2016

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