Strukturwandel in der Ost-Kohle: Wasserstoff-Vision leicht flüchtig
In den Kohleregionen des Ostens ist von Braunkohle nicht mehr viel die Rede, ob aber Wasserstoff an ihre Stelle tritt, ist noch nicht klar. Derartige Pläne erhalten auf der Strukturwandelkonferenz in Cottbus einen Dämpfer.
Wer noch 2021 in die Cottbuser Stadthalle zu einer Energie-Tagung kam, sah sich einer von der Kohlegewerkschaft herbeibeorderten Demo-Gruppe aus Bergarbeitern gegenüber. Im Haus selbst machten ausgesuchte Azubis des Lausitzer Braunkohleverstromers Leag meist darauf aufmerksam, dass der Kohleausstieg ihre Zukunft gefährde.
An diesem Dienstagmorgen steht vor der Halle in der brandenburgischen Stadt ein eher kleiner Haufen protestierender Bauern und fordert den Rücktritt des Bundeswirtschaftsministers. Der Grüne Robert Habeck hat bei der mittlerweile dritten Strukturwandelkonferenz des Energie-Branchenverbandes BDEW erstmals sein persönliches Erscheinen angekündigt.
Über die Kohle verliert Habeck auf dem Podium dann kein Wort. Nach einer Konferenzstunde fällt überhaupt erst das Wort Kohlekonzern, eingeworfen vom Moderator. Denn für die Leag hatte der Wirtschaftsminister eine gute Nachricht mitgebracht.
Habeck will Entschädigung für Kohlekonzern durchbringen
Zu Ostern – das Fest liegt dieses Jahr Ende März – solle bei der EU-Kommission nun endlich die Notifizierung der Beihilfe durchgebracht werden, sagt Habeck in Richtung Leag. Sein Haus und er persönlich sähen sich da in der Pflicht.
Wer sich an das Problem mit der Beihilfe gerade nicht erinnert: Wegen des politisch beschlossenen Kohleausstiegs 2038 sollen der Leag Gewinne entgangen sein. Dafür hatte die Bundesregierung dem Stromkonzern vertraglich 1,75 Milliarden Euro Entschädigung zugesichert.
Das ist drei Jahre her. Seitdem versucht das Wirtschaftsministerium, der EU-Kommission plausibel zu erklären, warum der Leag eine derart hohe Summe zusteht. Das ist nicht so einfach, weil beispielsweise der andere deutsche Braunkohlekonzern, RWE, schon 2030 aus der Braunkohle aussteigt und damit auch dem Umstand Rechnung trägt, dass der Strommarkt und der Klimaschutz die Kohleverstromung unrentabel werden lassen.
Beobachter erwarten deswegen seit einiger Zeit, dass die Leag nicht die volle Entschädigungssumme erhält. Außerdem ist in Cottbus zu hören, dass auch das Habecksche Versprechen, die EU-Kommission bis Ostern zu überzeugen, auf einigermaßen wackligem Grund stehe.
Leag-Vorstandschef Thorsten Kramer begrüßt jedenfalls Habecks Absicht. Gegenüber Medien erklärte er aber auch, bei der Notifizierung der Beihilfe gehe es nicht um einen niedrigeren Betrag. Die 1,75 Milliarden würden sich möglicherweise nur anders zusammensetzen, weil sich Randbedingungen geändert haben.
Ist das die gute Nachricht aus Cottbus, so sorgt eine andere aus dem Hause Habeck für neue Sorgenfalten in den Ost-Kohleregionen: die kürzlich vorgelegte Kraftwerksstrategie.
Streit um Standorte der Wasserstoff-Kraftwerke
Das Wirtschaftsministerium will zunächst nur 10.000 Megawatt neue Gaskraftwerke bauen lassen, um die schwankende Erzeugung aus Wind und Sonne abzusichern. Ursprünglich lautete der Plan, knapp 24.000 Megawatt neue Kraftwerke auszuschreiben, die das Beiwort H2-ready tragen, also später mit Wasserstoff statt mit fossilem Erdgas laufen sollen.
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Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!