Studie zum Klimaschutz der Ampel
Noch zu viele Leerstellen für 1,5 Grad
Die Pläne der Ampel-Koalition für den Klimaschutz müssen nachgeschärft werden, vor allem in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Das ergab eine Studie von DIW Econ für die Klima-Allianz Deutschland.
Die Ampel-Parteien haben sich in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt, Deutschland mit einer ambitionierten Klimapolitik auf den Weg zum 1,5‑Grad-Ziel zu bringen. Tatsächlich reichen die konkret dafür verabredeten Maßnahmen jedoch nicht aus, um das zu erreichen.
Die Ampel müsse in allen Sektoren, besonders aber in der Verkehrs-, Gebäude- und Agrarpolitik nachschärfen. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse, mit der die Klima-Allianz Deutschland das Beratungsunternehmen DIW Econ beauftragt hat.
Die Studie bewertet den Ampel-Vertrag trotzdem als großen Fortschritt. Er sei das „ambitionierteste Klimaschutzprogramm, das jemals eine Bundesregierung vorgelegt hat. Es ist eine Zäsur“, kommentierte Claudia Kemfert, Leiterin des Energiebereichs am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Um aber auf einen 1,5‑Grad-Pfad zu kommen und auch die Ziele des noch von der großen Koalition verschärften Klimaschutzgesetzes für 2030 zu erreichen, sei nun „schnelles und konsequentes Handeln“ gefordert, so die Professorin für Energiewirtschaft.
Zwar habe sich die künftige Bundesregierung das 1,5‑Grad-Ziel auf die Fahnen geschrieben, hält die Studie fest. Um dieses zu erreichen, müsse sie in der Klimapolitik allerdings mit einem festen CO2-Budget planen, wie es auch das Bundesverfassungsgericht angemahnt habe.
Relativ am besten bewertet DIW Econ den Energiesektor. Die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien ermöglichten es, sofern sie erreicht werden, das Sektorziel für 2030 zu schaffen. Negativ sieht die Studie allerdings den geplanten Neubau von Erdgaskraftwerken.
Im Verkehrsbereich loben die Autoren die Ausbauziele für Elektroautos – 15 Millionen bis 2030 – und für die Ladeinfrastruktur sowie für das Schienennetz. Sie vermissen jedoch Maßnahmen zur Emissionsreduktion bei Verbrennungsmotoren wie ein Tempolimit und verschärfte CO2‑Flottengrenzwerte. Auch fehlten konkretere Aussagen zum Abbau der finanziellen Privilegien für konventionelle Autos – Stichworte Dieselprivileg und Dienstwagenförderung.
„Licht, aber auch dunkle Schatten“
Ohne schärfere Maßnahmen wird laut der Analyse auch der Gebäudebereich sein Sektorziel für 2030 verfehlen. Es sei kein klares Konzept erkennbar, um die Sanierungsrate im Gebäudebestand von derzeit einem auf die nötigen zwei Prozent pro Jahr zu steigern. Verpasst habe die Ampel zudem die Möglichkeiten zu einem klaren Einbauverbot für Erdöl- und Erdgasheizungen.
Viele Leerstellen sieht DIW Econ ebenso beim Klimaschutz in der Landwirtschaft. Unter anderem fehlten konkrete Vorschläge zur Minderung der Stickstoffnutzung und zur Stärkung der Nachfrageseite für die Bio-Landwirtschaft. Deren Anteil will die Ampel bis 2030 von derzeit rund zehn auf 30 Prozent anheben.
Die Geschäftsführerin der Klima-Allianz, Christiane Averbeck, zeigte sich besorgt darüber, dass die Maßnahmen in keinem der Sektoren genügten, um die national und international verabredeten Klimaziele zu erreichen. „Wir sehen Licht, aber auch einige dunkle Schatten“, sagte sie. Die neue Regierung müsse nacharbeiten. Die Chance dazu stelle das im Ampel-Vertrag für 2022 angekündigte Klimasofortprogramm dar.
Den neuen Zuschnitt der Ministerien mit der Bündelung von Wirtschaft, Energie und Klima im Haus des künftigen Vizekanzlers Robert Habeck (Grüne) nannte Averbeck einen richtigen Schritt. Auch ein eigenes Bauressort sei positiv. Bisher ist der Sektor im Innenministerium angesiedelt.
Mitglieder der Klima-Allianz sind 140 Organisationen aus Umwelt, Kirchen, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend und Gewerkschaften.
- „Ein Koalitionsvertrag für ein klimaneutrales Deutschland“ | PDF Download der Publikation
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!