US-Haushalts- und Steuergesetz: Trump schaltet die Sonne aus
Mit ihrem neuen Steuergesetz attackieren die Republikaner die US-Energiewende. Dem „Inflation Reduction Act“, Joe Bidens Erneuerbaren-Booster, droht die Abschaffung. Das würde auch große Teile der eigenen Klientel treffen.
Amerikas Sonne geht unter. Bis zuletzt hatten die Umweltbewegung und die Erneuerbaren-Branche in den USA noch gehofft, die Trump-Republikaner würden das wegweisende Klimaschutz-Programm der Biden-Regierung trotz der „Drill, baby, drill“-Agenda des neuen Chefs im Weißen Haus mehr oder minder ungeschoren lassen. Der „Inflation Reduction Act“ hat sich schließlich als echter Jobmotor erwiesen.
Doch die Hoffnung trog. Im US-Parlament hat das neue republikanische Steuer- und Haushaltsgesetz mit der Zustimmung im Repräsentantenhaus die erste Hürde genommen. Es bringt nicht nur Steuersenkungen, die vor allem Gutverdienern nützen, und Kürzungen wie bei der Krankenversicherung Medicaid, sondern rasiert auch die Förderung für Solar- und Windenergie.
Das Gesetz sieht vor, dass die derzeit gültigen Steuergutschriften für saubere Energie wie Sonne und Wind, aber auch für Atomkraft abgeschafft oder gekürzt werden. Zudem sollen Amerikaner, die ihre Häuser energetisch sanieren und auf Öko-Heizungen umrüsten wollen, ab nächstem Jahr keine Zuschüsse mehr erhalten.
Die Förderung war unter der Biden-Regierung eingeführt worden, um die von ihr erhöhten US-Klimaziele einhalten zu können. Außerdem sollte sie die Produktion von Solarmodulen, Windkraftanlagen und E‑Autos „made in USA“ fördern und so die Dominanz vor allem der chinesischen Konkurrenz in diesen Sektoren beenden.
Bei der Abstimmung im Repräsentantenhaus in der vorigen Woche bekam das neue Steuergesetz nun eine – wenn auch denkbar knappe – Mehrheit von 215 zu 214 Stimmen.
Drastische Jobverluste und höhere Energiepreise drohen
Die Folgen des jetzt geplanten Abbaus beim Inflation Reduction Act wären gravierend. Fachleute rechnen mit einem Verlust von mehr als 830.000 Arbeitsplätzen und deutlich höheren Energiekosten für die US-Haushalte bis 2030 im Vergleich zu einer Entwicklung mit fortbestehendem Biden-Gesetz.
Als besonders gefährdet gelten Jobs im Bereich der Herstellung von Solarmodulen und E‑Autos. Aber auch bei der Installation der Erneuerbaren-Anlagen droht ein Stellenabbau.
Die bisher geplante Förderung umfasst die enorme Summe von 369 Milliarden US-Dollar, verteilt auf zehn Jahre. Sie hatte unter anderem internationale Solarfirmen zum Bau von Produktionsanlagen in den USA angereizt.
Das Paradoxe dabei: Der höchste wirtschaftliche Schaden droht republikanisch regierten US-Bundesstaaten wie Florida, Iowa, Oklahoma und Texas, die besonders stark auf erneuerbare Energien setzen. Bis zuletzt hatten deswegen die Erneuerbaren-Branche und Klima-Fachleute darauf gehofft, dass der vom Präsidenten gepushte Gesetzentwurf nicht die nötige Mehrheit bekommen würde.
Tatsächlich hatten sich vor zwei Monaten 21 Republikaner für ein Beibehalten der Steuergutschriften eingesetzt. Immerhin 14 von ihnen unterstrichen die Position auch noch vorletzte Woche in einer gemeinsamen Erklärung. Das hätte ausgereicht, um Trumps Gesetz zu stoppen.
Ein anderer Block innerhalb der Republikanischen Partei fightete hingegen heftig für Trumps Gesetz und gegen die grünen Anreize. Der Abgeordnete Josh Brecheen aus Oklahoma bezeichnete sie als „nichts anderes als ein massives, vom Steuerzahler finanziertes Geschenk an die Lobbyisten der grünen Energie und ihre linken milliardenschweren Arbeitgeber“, sein texanischer Kollege Chip Roy kritisierte sie als „neuen grünen Betrug“.
Immer weiter bröckelte aufgrund des Drucks der Republikaner-Spitze der Widerstand gegen das Gesetz (O-Ton Trump: „one big beautiful bill act“), und der Entwurf bekam am Ende die knappe Mehrheit.
Große Empörung, aber kein organisierter Widerstand
In der Fachwelt ist die Empörung groß. „Dieser Gesetzentwurf ist schlimmer als das, was man sich vorgestellt hat“, sagte Robbie Orvis von Energy Innovation, einem überparteilichen Thinktank, der den genannten Verlust von mindestens 830.000 Jobs prognostiziert hat. Er ziehe Unternehmen und Bürger:innen, die auf die Anreize setzen, den Boden unter den Füßen weg, erhöhe die Kosten der Haushalte und untergrabe alle Maßnahmen gegen den Klimawandel.
Das Paket schwäche die Position der USA, erklärte Orvis. „Angesichts der Inflation, der Zölle und des steigenden Stromverbrauchs könnte es wirklich zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen. Es ist ein wirklich schädlicher Gesetzentwurf.“
Ted Fertik von der Umwelt- und Arbeitsschutz-Organisation Blue-Green Alliance sagte, Bidens Gesetz sei beschlossen worden, um gut bezahlte Arbeitsplätze in deindustrialisierte Kommunen, etwa in frühere Kohleregionen, zu holen.
„Wir haben gesehen, dass es genau das tut, indem es gute Arbeitsplätze schafft, für die man keinen Hochschulabschluss braucht, und Wege zur Mittelschicht im ganzen Land eröffnet“, sagte Fertik. Die Abschaffung der Steuergutschriften sei „ein direkter Angriff auf die arbeitenden Amerikaner“.
Auch bei den Gewerkschaften wächst der Widerstand gegen das Steuergesetz. Der nationale Baugewerkschafts-Verband kritisierte: „Mit dem Stellenabbau für amerikanische Arbeiter sollte nicht die Rechnung für Steuersenkungen von Milliardären bezahlt werden.“
Die Gewerkschaft der Elektroarbeiter im Bundesstaat Washington mahnte, der Ausbau sauberer Energien sei das Gebot der Stunde. „Wir müssen auf Kurs bleiben, um gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen und zuverlässige, erschwingliche Energie zu liefern, statt ausgerechnet jetzt die Energiepreise zu erhöhen und Arbeitsplätze zu vernichten“, hieß es in einem Meinungsartikel.
Ob dieser Widerstand ausreicht, um Trumps Gesetz noch zu stoppen, ist allerdings fraglich.
Noch ist der „Big Beautiful Bill Act“ nicht final beschlossen. In der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, steht ein intensives Ringen bevor. Vier Republikaner dort haben die Kappung der Steuervergünstigungen infrage gestellt, was die Mehrheit der Trump-Partei gefährdet. Ändert der Senat den Gesetzentwurf, muss das Repräsentantenhaus erneut darüber abstimmen.
Die Unsicherheit über die Zukunft des Inflation Reduction Act wirkt jedoch schon jetzt. Investoren reagieren nervös und stoßen vor allem US-Aktien aus dem Bereich erneuerbare Energien ab.
Am Tag nach der Abstimmung vorige Woche gingen die Kurse führender US-Solarunternehmen wie Array Technologies, Enphase, First Solar, Sunnova und Sunrun in den Keller. Letzteres Unternehmen traf es besonders hart. Die Aktie brach um mehr als 30 Prozent ein.
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Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!