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JAHRBUCH ÖKOLOGIE 2012: Grüner Umbau – Neue Allianzen für die Umwelt

Stehen wir vor einem grundsätzlichen ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft? Welche neuen Allianzen für die Umwelt sind auszumachen? Wer sind die Blockierer – und wie mächtig sind sie? Vorwort von Professor Udo E. Simonis zu „Grüner Umbau. Neue Allianzen für die Umwelt“ – Jahrbuch Ökologie 2012.

Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg wähnt sich in einer „Neuen Gründerzeit“. Der bayerische Ministerpräsident begegnet einem „großartigen Willen zur Zukunft“. Die Bundeskanzlerin beruft eine „Ethik-Kommission“ zur nachhaltigen Energieversorgung. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen fordert einen „Global Green New Deal“. Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umwelt-veränderungen begründet einen „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“. Aufbruch- und Umbruchstimmung allenthalben. Deutschland, ein „Land der Bürgerenergie“? So zumindest scheint es.

Wissenschaftler interessieren sich sehr für Aufbruch- und Umbruchsituationen, die einen allerdings mehr, die anderen weniger. Viele betreiben transformative Forschung, auch wenn sie in ihrer Wortwahl dabei meist eher zurückhaltend sind. So hat denn das Jahrbuch Ökologie diesmal eine ausgeprägt reformerische Botschaft: Es geht um den grünen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, um Grüne Transformation (Teil I) und Grüne Allianzen (Teil II) – um das, was an Wandel in der Luft liegt und um das, was werden könnte, wenn nur das Nötige zusammen kommt.

Ganz vorn dabei natürlich die Frage, was die Dreifach-Katastrophe von Fukushima für Japan, für Europa, für die Welt als Ganzes bedeuten mag. Krise, so besagt ein asiatisches Schriftzeichen, bedeutet zweierlei: Gefahr und Gelegenheit. Kein Zweifel: Wir leben in Zeiten großer Gefahren. Gibt es einen Plan B, gibt es neue Gelegenheiten? Schaffen wir den Wandel? Die Deutschen scheinen sich, was selten genug der Fall ist, einmal einig zu sein: Ausstieg aus der Atomtechnik, Einstieg in die Erneuerbaren Energien!

Der Übergang vom nuklear-fossilen Zeitalter ins solare Zeitalter mag damit aber noch nicht hinreichend beschrieben sein. Denn dazu sind die Wahrnehmungs- und Reaktionsmuster bei multiplen Krisen zu unterschiedlich, die Vorstellungen über die Struktur der notwendigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu kontrovers. Immerhin: Einige Früchte der Transformationsforschung sind aufgegangen. Was Ökologischer Strukturwandel und Green New Deal sind oder sein können, wurde konzeptionell sorgfältig untersucht. Transformation aber bedarf nicht nur neuer Konzepte, sondern auch neuer Kooperationsformen, der konstruktiven Allianz von Akteuren auf den verschiedenen Ebenen.

Die ökologische Aktivierung der Zivilgesellschaft ist seit langem im Gange. Wir setzen aber erst an zum Sprung in eine grüne Zukunft. Die sektoralen Beispiele des Klimaschutzes und des Waldschutzes zeigen besonders deutlich, wie unterschiedlich grüne Allianzen sein können. Neue Allianzen sind aber auch in regionaler Hinsicht im Entstehen. Hier ist die Frage, ob damit nur bilaterale Allianzen gemeint sind und geschmiedet werden, oder ob daraus auch starke multilaterale Allianzen erwachsen können.

Für andere Bereiche der natürlichen Umwelt sind weder grüne Transformationen noch grüne Allianzen auszumachen, hier gibt’s weiterhin anhaltende Dauerkonflikte (Teil III). Teile der Energieversorgung, der Agrar- und Ernährungswirtschaft, der Land- und Wassernutzung stehen unter enormen Stress; der Moloch Verkehr lässt den Platz immer enger werden, an Land wie in der Luft. Dann droht da auch ein Kampf um strategische Rohstoffe, um Seltene Erden, ohne die Vieles, was als modern und fortschrittlich gilt, nicht erzeugt werden kann. Und da ist noch die schier ewige Last des atomaren Mülls, für den manche Wissenschaftler aber an eine besondere Art der Transformation glauben – an Transmutation.

Es gilt aber auch, erkennbare grüne Spuren zu sichern (Teil IV). Wenn alle Diskutanten und Talkshow-Teilnehmer nach Fukushima und beim Streit um den Atomausstieg nur die vorliegenden Gutachten zur 100-Prozent-Erneuerbaren Energieversorgung studiert hätten, wäre der Diskurs auf höherem Niveau verlaufen; und die Wendestrategie wäre in angemessener Art und Weise konzipiert worden. Doch der Wettbewerb der Ideen um die besten Lösungen ist verstärkt in Gang gekommen. So wetteifern beispielsweise schon seit längerem viele Städte darum, wer den besten Klimaschutz betreibt. Weniger günstig sieht es bei der Frage aus, wer sich denn der sozialen und ökologischen Verantwortung in den Unternehmen widmen sollte – und muss. Hier und anderswo ist der Deal noch nicht formuliert, hier sind die Karten weiterhin schlecht verteilt.

Und was ist sonst noch in diesem Buch zu finden? Natürlich auch die traditionellen Rubriken der Vor-Reiter (Teil V) und der Umweltinstitutionen (Teil VI), diesmal gleich vier an der Zahl.

Das Themenspektrum umfasst:

  • Grüne Transformation
  • Grüne Allianzen
  • Persistente Konflikte
  • Grüne Spuren
  • Vor-Reiter
  • Umweltinstitutionen
Quelle

Professor Udo E. Simonis 2011

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