Klimawandel und Gesundheit – Auswirkungen – Risiken – Perspektiven
Tägliche Medikation sollte überprüft werden – Dauer von Hitzewellen wird sich bis ins Jahr 2050 verdoppeln.
Seit dem vergangenen Wochenende liegen die Temperaturen wieder bei 30 Grad und darüber, diese neue Hitzewelle soll laut den ExpertInnen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auch die kommenden Tage anhalten – für viele Menschen ein Grund, beunruhigt zu sein. „Während einer Hitzewelle kommt es vor allem bei älteren und geschwächten Menschen, aber auch bei jüngeren Personen, die eine mangelnde Fitness haben, zu einer deutlichen Zunahme an Stress, Ängsten und Depressionen. Die Aussicht, dieser Hitze nicht entfliehen zu können, führt zu seelischen Problemen, die nicht unterschätzt werden dürfen“, erklärt Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner von der MedUni Wien.
„Das führt bis hin zu Panikattacken“, sagt Hutter, „diese Menschen haben richtig Angst, dass ihnen etwas passiert und dass sie diesen Belastungen nicht standhalten.“ Mentale Probleme können auch durch Existenzängste ausgelöst werden – das betrifft bei großer und langanhaltender Hitze insbesondere die Landwirte. „Dürre, Waldbrände, aber in der Folge auch Hagel und Unwetter sowie andere Wetterkapriolen belasten die Landwirtschaft schwer – und damit auch die davon lebenden Menschen.“
Medikation vor einer Hitzewelle überprüfen lassen
Von Hitze betroffen sind etwa auch Menschen, die Medikamente einnehmen oder Co-Morbiditäten aufweisen. Einfaches Beispiel Bluthochdruck: „Personen, die an hohem Blutdruck leiden und dagegen Mittel einnehmen, sollten rechtzeitig, am besten vor dem Sommer, die Dosierung vom behandelnden Arzt oder von der Ärztin checken lassen. Hitze erweitert die Blutgefäße ohnehin schon und senkt so den Blutdruck, der Blutdrucksenker fährt den Blutdruck noch weiter hinunter. Das muss beachtet und daher das Medikament richtig eingestellt werden.“
Hitzewellen werden immer länger
Und es wird in Zukunft nicht leichter werden: Die Prognose-Daten für Österreich zeigen, dass sich die Dauer einer Hitzewelle bis ins Jahr 2050 verdoppeln wird. In Zahlen ausgedrückt: Derzeit dauert eine Hitzewelle (Temperaturen über 30 Grad Celsius) in Wien durchschnittlich drei bis fünf Tage, bis 2050 wird sich das auf sechs bis zehn Tage erhöhen. Hutter weiter: „Und bis ins Jahr 2100 wird sich die Anzahl der Hitzetage sogar verzehnfachen. Dann sind Hitzewellen mit Tropennächten mit sogar wochenlanger Dauer möglich. Zusätzlich mit höheren Temperaturen als heute.“
Daher sind neben Anpassungsstrategien dringend Klimaschutzmaßnahmen nötig, betont Hutter und nennt eine generelle Energiewende sowie Adaptionsmaßnahmen wie vertikale und horizontale Begrünung von Gebäuden als effiziente Maßnahmen. „Konzepte liegen ausreichend vor, sie gehören ‚nur‘ politisch umgesetzt. Und das raschest ohne weitere Verzögerungen.“
Bessere persönliche Konstitution als Schutz gegen die Hitze
Aber was kann man sofort im privaten Bereich tun, wenn die Hitze kommt? Wichtig ist die Prävention, betont der Experte. „Wer fitter ist, hält die Hitze generell besser aus.“ Diese Fitness sollte aber vor der Hitzewelle erlangt werden, während der heißen Phase sei es sicher ratsam, das persönliche Pensum in Freizeit und Job der Situation anzupassen und sich nicht zu überfordern. Dazu helfen leichte Kost insbesondere im Sommer und einfache Maßnahmen im privaten Bereich wie tagsüber das Verschließen und Abdunkeln der Fenster, um die Wärme erst gar nicht in die Wohnung zu lassen. „In den südlichen Ländern zeigen sie uns vorbildlich, wie das geht.“
Klimaanlagen sollten nur gemeinsam mit einem Klimatechniker eingebaut werden, betont Hutter, als sehr gute Alternative seien Ventilatoren geeignet, die auch klimaneutraler arbeiten und die Umgebung nicht aufheizen. „Simple Klimageräte sorgen aber ihrerseits wieder für Wärmeentwicklung in der Umgebung und Klimabelastung, leider manchmal auch für CO-Vergiftungen und nicht zuletzt für Klimabelastung durch den hohen Stromverbrauch.“ Zudem sollte der Temperaturunterschied zwischen Außen- und Innentemperatur nicht mehr als sechs Grad Celsius betragen, alles andere sei viel zu belastend für den Organismus. Innovative kältetechnische Maßnahmen wie etwa eine Fußbodenkühlung – das Pendant zur Fußbodenheizung – sind empfehlenswert und klimaneutral.