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© bigstock | cienpies | Tag der 8 Milliarden am 15. November 2022 – „Eine feministische Entwicklungspolitik ist der Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft der Weltbevölkerung“, sagt Dr. Bärbel Kofler, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Weltbevölkerung überschreitet 8-Milliarden-Marke

Im November überschreitet die Weltbevölkerung laut Berechnungen der Vereinten Nationen die acht Milliarden. Heute leben so viele Menschen auf der Erde wie nie zuvor.

Doch das Wachstum verlangsamt sich, auf unter ein Prozent pro Jahr, und wird voraussichtlich weiter sinken. Wann die Weltbevölkerung ihr Maximum erreicht, hängt vor allem davon ab, wie sich die Länder mit besonders hohen Geburtenzahlen entwickeln. In den nächsten 30 Jahren werden vor allem acht Länder das Bevölkerungswachstum antreiben – allen voran Pakistan, Indien und die Philippinen in Asien sowie Ägypten, Äthiopien, Nigeria, Tansania und die demokratische Republik Kongo in Afrika.

© www.berlin-institut.org

Allein in Subsahara-Afrika wird sich die Bevölkerung bis 2050 voraussichtlich auf zwei Milliarden verdoppeln. In über der Hälfte der afrikanischen Staaten bringt eine Frau im Schnitt mehr als vier Kinder zur Welt. Nirgendwo sonst ist die Jugendgeneration so groß: 42 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt. „Finden diese Jugendlichen keine Jobs und Perspektive und fehlen Möglichkeiten zur gesellschaftlichen und politischen Teilhabe, können Konflikte entstehen“, sagt Catherina Hinz, Direktorin der Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. „In diesen jungen Menschen steckt aber auch das Potenzial, die Wirtschaft massiv anzukurbeln, so dass die Länder einst wie die ostasiatischen Tigerstaaten von der demografischen Dividende profitieren“. Dazu müsste aber die Zahl der Geburten schneller sinken, als das bisher in den meisten Staaten Subsahara-Afrikas der Fall ist.

Klimawandel spitzt Situation zu

In Niger und Tschad beispielsweise kann die Basisinfrastruktur kaum mit dem raschen Zuwachs mithalten. Für sie ist es schon eine Herausforderung, auch nur die bestehende Gesundheitsversorgung für die wachsende Zahl an Menschen aufrecht zu erhalten. Der Klimawandel spitzt die Situation weiter zu. „Überschwemmungen oder Ernteausfälle erschweren den Zugang zu Verhütungsmitteln und Familienplanung“, sagt Hinz. „Sie werfen die Staaten in ihrer Entwicklung zurück.“ Das Wachstum ist aber nicht überall in Subsahara-Afrika so hoch. In den letzten Jahrzehnten hat es sich in vielen Staaten insgesamt deutlich verlangsamt.

„Länder wie Äthiopien, Senegal und Tunesien haben große Fortschritte in Sachen Gesundheit, Bildung und Gleichberechtigung gemacht, was auch dazu geführt hat, dass die Geburtenrate sinkt“, sagt Hinz. Mit steigender Bildung wachsen die Möglichkeiten für junge Frauen, selbstbestimmt zu entscheiden, wie sie ihr Leben führen wollen. Dazu müssen sie aber mindestens die Sekundarbildung abgeschlossen haben. Dann bringen sie in der Regel nur noch zwei bis drei statt vier bis fünf Kinder zur Welt. Weltweit sind es im Schnitt derzeit 2,3 Kinder pro Frau.

Soziale Grundsicherung verspricht Hilfe

Hohe Kinderzahlen hängen in der Regel eng mit einem niedrigen Entwicklungsstand und verbreiteter Armut zusammen, gemessen am Index für menschliche Entwicklung der Vereinten Nationen. Verbessern sich die Lebensbedingungen, so sinkt auch das Bevölkerungswachstum. Der Aufbau sozialer Grundsicherungssysteme ist dazu eine wichtige bevölkerungspolitische Maßnahme. Geldtransfers und kostenlose Kranken- oder Rentenversicherungen versprechen, die Bedürftigsten aus der Armut zu heben, Fortschritte bei der Ernährung, Gesundheit und Bildung zu beschleunigen, die Selbstbestimmung der Frauen zu stärken und den demografischen Wandel voranzutreiben. Vor allem dann, wenn sie sich auf all die jungen Erwerbstätigen konzentrieren, die im informellen Sektor arbeiten: „Ob diese große Generation an jungen Menschen sich bei Krankheit, Verlust des Jobs oder im Alter absichern können, wird sich nicht nur auf ihre Zukunftschancen, sondern auch auf ihre Familienplanung auswirken“, sagt Hinz.

Ruanda beispielsweise hat landesweit eine gemeindebasierte Krankenversicherung eingeführt und innerhalb von zehn Jahren 95 Prozent seiner Bevölkerung abgesichert – so viele, wie fast nirgendwo in Subsahara-Afrika. Die Regierung bildete 45.000 Ärzte und Pfleger aus, die in abgelegenen Dörfern Kinderkrankheiten behandeln, über Familienplanung informieren und sich um das Wohlergehen von Müttern und Neugeborenen kümmern. Seitdem sank die Mütter- und Kindersterblichkeit um rund 30 Prozent. Und wo weniger Kinder sterben, werden nach einer Weile auch weniger geboren.

Wann beginnt die Weltbevölkerung zu schrumpfen?

In den Industrieländern stagnieren die Zahlen derzeit oder sind leicht rückläufig – nur aufgrund von Zuwanderung wächst Deutschlands Bevölkerung, Länder wie Italien und Japan schrumpfen bereits. Weltweit bewirken aber die Länder mit junger Altersstruktur, dass immer noch mehr Menschen geboren werden als sterben. Derzeit beträgt der Überschuss rund 220.000 Menschen pro Tag. Dieser Geburtenüberschuss wird voraussichtlich noch mehrere Jahrzehnte andauern: 2050 sollen laut der Vereinten Nationen rund 9,7 Milliarden Menschen auf dem Planeten leben und 2080 sogar 10,4 Milliarden. Irgendwann wird die Weltbevölkerung dann ihr Maximum erreichen und schrumpfen. Wann oder ab wie vielen Menschen, ist derzeit aber nicht vorhersehbar. Es hängt letztlich von den Investitionen ab, die wir heute tätigen – in Gesundheit, Bildung, Frauenförderung und Jobs.

Das Berlin-Institut hat anlässlich des 8-Milliarden-Tages am 15. November ein Faktenblatt erstellt, um einen Überblick über die demografischen Entwicklungen weltweit zu geben. Es werden sowohl Chancen als auch Herausforderungen genannt.

Weitere Informationen und Materialien:

Quelle

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 2022

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