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Altmaier: „Ich will doch gar nicht bremsen“

Bundesumweltminister Peter Altmaier steht gehörig unter Druck.

Kritiker werfen ihm vor, er wolle mit seinen Deckelungs-Plänen die Energiewende abwürgen, während in Brüssel Kanzlerin und Wirtschaftsminister beim Klimaschutz auf die Bremse treten. Im klimaretter.info-Interview erklärt er sich.

klimaretter.info: Herr Altmaier, wer macht eigentlich hierzulande die Umwelt- und Klimapolitik – Sie und die Kanzlerin oder BMW und Daimler?

Peter Altmaier: Die Bundesregierung will den CO2-Ausstoß von Kraftfahrzeugen begrenzen. Aber manche Details müssen wir uns noch einmal genau ansehen – wie stark etwa Elektroautos auf die Fahrzeugflotte angerechnet werden.

klimaretter.info: Aber der Kompromiss zu den CO2-Obergrenzen für Fahrzeuge war doch über Monate ausgearbeitet und stand bereits. Warum hat die Kanzlerin die Notbremse gezogen?

Peter Altmaier: Aufgrund von Änderungen in letzter Minute wollen wir die Vorschläge aber noch einmal gründlich prüfen. Es ging am Ende um Detailfragen, nicht ums Grundsätzliche. In den nächsten Wochen oder Monaten werden wir sicher eine Lösung finden.

klimaretter.info: Die Autoindustrie hat immer schon Zeter und Mordio geschrieen, wenn Regulierungen drohten. Als sie dann kamen – bleifreies Benzin, Katalysator, Sicherheitsgurt – hat es ihnen bei der Innovationsfreude eher genützt. Sind Sie jetzt nicht zu sehr der Bremser?

Peter Altmaier: Wir werden strenge CO2-Grenzwerte bekommen, das ist ja völlig unstrittig. Darauf werden sich alle Autohersteller vorbereiten müssen. Das heißt: Elektrofahrzeuge vorantreiben und effizientere Motoren bauen. Das wird der Automobilindustrie insgesamt helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben.

klimaretter.info: Nach außen wirkt es aber so, als hätte sich die Autolobby durchgesetzt. Sieht so „neuer Schwung für den Klimaschutz“ aus – ein Ziel in Ihrem Zehn-Punkte-Programm?

Peter Altmaier: Wir kommen im Klimaschutz voran, auch bei den Grenzwerten für Pkw. Und nach einem Rückschlag im ersten Anlauf haben wir vergangene Woche im EU-Parlament eine knappe Mehrheit für das Backloading erreicht.

klimaretter.info: Hat sich die Bundesregierung diesmal dafür eingesetzt?

Peter Altmaier: Ich habe bei beiden Abstimmungen einen Brief an alle Abgeordnete im EU-Parlament geschrieben und mich für das Backloading ausgesprochen.

klimaretter.info: Die Bundesregierung aber nicht.

Peter Altmaier: Aber es wird europaweit anerkannt, dass ich mich seit Monaten für eine Mehrheit im EU-Parlament für das Backloading einsetze. Jetzt liegt der Ball im Feld des Ministerrats und ich werde mich auch jetzt dafür einsetzen, dass die Bundesregierung dieser Lösung zustimmt.

klimaretter.info: Aber es macht einen doch schon fassungslos, wenn große Teile der Industrie dafür sind und der Wirtschaftsminister sagt, er muss das verhindern.

Peter Altmaier: Auch Wolfgang Clement und Jürgen Trittin mussten sich als Wirtschafts- und Umweltminister ihrerzeit zusammenraufen. Für mich ist klar: Der Klimaschutz ist eine der wichtigsten Herausforderungen. Mit der Rede von Barack Obama in Georgetown hat sich die Situation übrigens grundlegend geändert: Er hat sich zum ersten Mal wirklich positioniert. Jetzt haben wir die Chance, die internationalen Klimaverhandlungen wieder flott zu machen.

klimaretter.info: Für die USA zählen ja Fracking und Atomkraft zum Klimaschutz. Ist das für Sie hinnehmbar?

Peter Altmaier: Den Atomausstieg in Deutschland halte ich für richtig. Allerdings ist unbestreitbar, dass Atomkraftwerke wenig CO2 emittieren. Beim Fracking ist das noch nicht nachgewiesen – möglicherweise ist der CO2-Fußabdruck schlechter als angenommen, weil bei der Förderung mehr Gas in die Atmosphäre entweicht. Das muss man sich genau anschauen. Tatsache aber ist, dass die USA durch die Nutzung des unkonventionellen Gases ihre Emissionen durch Kohlekraftwerke reduziert haben.

Das Ergebnis ihres Zehn-Punkte-Plans fällt eher mager aus. Über den Klimaschutz haben wir gesprochen, ein anderer Punkt ist Nummer 1: „Die Energiewende erfolgreich umsetzen.“ Wöchentlich warnen Sie vor den Folgen der Energiewende und den überbordenden Kosten. Schaden Sie der Energiewende damit inzwischen mehr, als dass Sie ihr nutzen?

Peter Altmaier: Ganz im Gegenteil: Nur wenn der umweltfreundlich erzeugte Strom auch bezahlbar ist, wird die Energiewende ein Erfolg sein. Wir werden sie nicht zum Exportschlager für China und Indien machen, wenn der Strom drei, vier oder fünf Mal so viel kostet wie der Strom aus Gas-, Kohle- oder Kernkraftwerken. Weil die EEG-Umlage in einem Jahr um die Hälfte gestiegen war, musste ich reagieren. Einen der größten Kostentreiber der Energiewende haben wir übrigens inzwischen entschärft: Die Reform der Solarförderung vor einem Jahr hat zu einer deutlichen Kostensenkung geführt. Jetzt liegen wir endlich auf dem nachhaltigen Ausbaupfad, den die Politik – und übrigens auch die Solarbranche selbst – zuvor jahrelang vergeblich angepeilt hatte. Wir hatten nun im ersten Halbjahr 2013 einen Ausbau von 1.800 Megawatt. Der Zielkorridor für das ganze Jahr liegt bei 2.500 bis 3.500 Megawatt. Der Ausbau geht also dynamisch weiter, kostet aber nur noch einen Bruchteil.

Das ganze Interview können Sie hier weiterlesen

Quelle

KLIMARETTER.INFO | Das Gespräch führten Benjamin von Brackel und Toralf Sta 2013

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