Blackout des Monats: Schwarmintelligenz
Der außerordentliche Sonderpreis im Rahmen des Blackouts des Monats geht an die CSU-Landesgruppe.
Die CSU-Landesgruppe erhält den Preis für Schwarmintelligenz für ihre Worte „Für uns geht es beim Marktdesign ausdrücklich nicht nur um die Subventionierung alter Kohlekraftwerke, sondern um einen sehr viel breiteren Ansatz.“ (Kreuth-Beschluss 2014: SICHERE ENERGIEVERSORGUNG – STARKES BAYERN, 08.01.2014)
Fachliche Begründung
Die CSU-Landesgruppe im Bundestag möchte also ausdrücklich auch Kohlekraftwerke und insbesondere auch alte Kohlekraftwerke subventionieren.
Das Zitat ist sehr plakativ gewählt. Es wurde dem Kreuth-Beschluss 2014 „Sichere Energieversorgung – starkes Bayern“ entnommen, das ansonsten auch positive Ansätze von Speichern über Lastmanagement und Netze bis hin zur Einbindung Europas bespricht. Die Widersprüchlichkeit, die bei dem herausgegriffenen Zitat aufleuchtet, mag begründet liegen in der Vielfalt einer Volkspartei, die noch nicht im Gesamten auf dem Weg zur Energiewende mitgenommen wurde. Die eigene Führung macht es den Parteimitgliedern dabei aber auch nicht einfach, wie die Aussprüche und Entwicklungen der letzten Monate, Wochen und Tage zeigen.
Seit Sommer 2013 entbrannte – ausgehend von Horst Seehofer – in ganz Bayern eine neue Thematik in der Diskussion um die Windenergie. Der Vorsitzende reagierte auf einige regionale Protestgruppen gegenüber Großprojekten mit einer emotionalen und spontanen Abstandsregelung für Windkraftanlagen. Nur Windkraftanlagen, die den 10fachen Abstand zur Wohnbebauung ihrer eigenen Höhe einhalten, sollten umgesetzt werden. Dies hätte bedeutet, dass faktisch fast alle geplanten bayerischen Windkraftprojekte zum Erliegen gekommen wären. Genehmigungsämter hatten sogar die Anweisung, diese Regel ohne gesetzlichen Hintergrund vorab schon einmal umzusetzen und Unterschriften zu verweigern.
Dagegen regte sich Widerstand von Bürgern, Firmen und aus der eigenen Partei. Den Windkraftgegnern standen nämlich viele Befürworter gegenüber. Zudem bestehen laufende Projekte, die im Einklang von Bürgern und Lokalpolitik bereits sehr weit gediehen sind. Vorplanungen in Höhe von mehreren Millionen Euro, Bürgerengagement und viele demokratische Abstimmungsprozesse wurden durch diese Idee untergraben. Die CSU-Fraktion brachte mittlerweile Ruhe in die Diskussion. Bei großer Zustimmung und einem örtlichen Gemeinderatsbeschluss dürfen Projekte trotz der neuen Regelung auch mit geringerem Abstand entstehen. Auch der Vertrauensschutz wurde von der Fraktion sehr ernst genommen. Seehofer lenkte ein.
Dafür hat Horst Seehofer seit Ende Januar 2014 ein neues Motto. Der Parteivorstand polemisiert gegen Stromnetze und will sie persönlich verhindern. Dabei vergisst er, dass er einem Bedarfsplan im Bundesrat bereits zugestimmt hat, der mit öffentlicher Information und Befragung erarbeitet wurde. Noch in den Kreuther Beschlüssen zur Energieversorgung im Januar sprach sich die CSU-Landesgruppe für den schnellen Bau der „Thüringer Strombrücke“ aus. Noch im Dezember forderte Ilse Aigner mehr Tempo beim Netzausbau. Seit einigen Tagen ist ihr Parteichef anderer Meinung und genauso wie bei der Windkraft und seiner Anweisung an Genehmigungsämter übergeht Seehofer hier wieder demokratische Grundregeln.
Netzausbau gilt bei vielen Befürwortern der Energiewende als ökonomisch sinnvoll und wichtig für die Versorgungssicherheit. Nord- und Süddeutschland könnten einen Energieausgleich schaffen, der Druck aufs Ausland würde sinken und mehr Strom in Deutschland genutzt werden. Dadurch würde am Ende viel Geld gespart.
Strittig bleiben allerdings noch einige Punkte. Der BUND kritisiert, dass ein aktueller Ausbau nur Kohlekraftwerken zugutekommt und stemmt sich deshalb dagegen. Auch die DUH, die das Forum Netzintegration leitet, hat angemahnt, sich nur auf die nötigsten Netze zu konzentrieren. Und auch bei der Vorstellung der neuen Politikempfehlung zum Netzausbau – Plan N 2.0 – betont Peter Ahmels „Stromnetzausbau für den Export von Braunkohlestrom werden viele Bürger vor Ort nicht akzeptieren. Und zudem sind bessere Regelungen für den Wohnumfeldschutz zu entwickeln, um Anwohner von Stromtrassen so gering wie möglich zu belasten.“
Es bleibt zu hoffen, dass sich auch bei diesem Thema eine Beruhigung abzeichnet und die anstachelnde Polemik von Seehofer durch fachliche Vorschläge und Beschlüsse aus seiner Partei ausgeglichen wird. Dies ist auch anzunehmen, denn die CSU Landesgruppe hat in ihrem Positionspapier zur sicheren Energieversorgung bereits klar festgestellt: „Der Netzausbau muss insgesamt schneller vorangehen.“
Bleibt die Frage, wie mit Kohlekraftwerken umzugehen ist. Bei der Erstellung des Positionspapiers zur sicheren Stromversorgung waren wohl auch Befürworter dieser Technologie mit dabei. In der Logik der Abfolge wäre hinsichtlich des Kohlestroms Seehofer am Zug. Er könnte zum Beispiel fordern, dass Kohlekraftwerke sofort aus dem Markt genommen werden müssen! Eine gemeinsame innerparteiliche Auseinandersetzung könnte dann zu einem schrittweisen Ausstieg aus der CO2-intensiven Technologie führen. Ein großer Teil der Wähler würde eine solche Entscheidung befürworten.
Quelle
energieneudenken 2014