Bürgerbeteiligung bei der Energiewende ist wichtig
Kommunale und regionale Energieversorger messen der Bürgerbeteiligung für den Erfolg der Energiewende große Bedeutung bei.
Das zeigen erste Auswertungen einer Umfrage, die der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) gemeinsam mit dem Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam im März 2015 unter den Stadtwerken im VKU durchgeführt hat. 91 Prozent der Befragten schätzen die Bürgerbeteiligung für das Gelingen der Energiewende als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ein. Insgesamt beteiligten sich von 765 angefragten Unternehmen knapp 100 und damit 13 Prozent.
VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck kommentierte die Ergebnisse: „Die Energiewende ist eine immense Infrastrukturaufgabe, die gesamtgesellschaftlich zu stemmen ist. Die Ausführung ist technisch komplex und macht Eingriffe in die Landschaft notwendig, etwa durch den Bau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen oder Stromtrassen. Das fordert den anwohnenden Bürgern Zugeständnisse ab. Bürgerbeteiligung ist ein Weg, auf dialogorientierte Weise, gemeinsame und für alle Akteure tragbare Lösungen zu finden.“
Die Umfrage ergab, dass knapp die Hälfte der befragten Unternehmen in den letzten zehn Jahren Erfahrung mit der Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in Planung, Bau und Betrieb von Energieinfrastrukturprojekten gemacht hat – vor allem in den Bereich Solarstrom (67 Prozent), Windenergie (35 Prozent) und Biomasse (28 Prozent). IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer sieht dies als positives Signal: „Dass bereits jedes zweite befragte Stadtwerk Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung bei der Energiewende gemacht hat und diese als wichtig bis sehr wichtig wertet, freut mich besonders. Nur durch eine solche Teilhabe kann die weitere Umsetzung der Energiewende als Gemeinschaftswerk gelingen. Zugleich ist die Energiewende das Feld, in dem Formen der Bürgerbeteiligung maßgeblich ausprobiert und weiterentwickelt werden können.“
Bei der Umfrage ging es einerseits um eine Einschätzung zur Bedeutung von Bürgerbeteiligung für die Energiewende und um konkrete Erfahrungswerte im Rahmen der Planung sowie bei der Realisierung von Energieinfrastrukturprojekten. Dabei wurde Bürgerbeteiligung im ersten Teil der Befragung bewusst breit definiert, um Erfahrungen mit Ansätzen der finanziellen Teilhabe z.B. über Sparbriefe, wie auch der informellen, gesetzlich nicht geregelte Bürgerbeteiligung zu erfassen. Ein Teil der Befragung ging spezifisch auf die Beteiligungspraxis der informellen Bürgerbeteiligung, z.B. mittels Runden Tischen, Zukunftskonferenzen oder Bürgerversammlungen, ein. Reck dazu: „Es ist bemerkenswert, dass mehr als 80 Prozent der Stadtwerke, die Bürger beteiligen, dies informell, das heißt außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung tun. Kommunale Unternehmen sind nah an den Bürgern und den kommunalpolitischen Entscheidungen.“
Ina Richter, Wissenschaftlerin im Projekt DEMOENERGIE am IASS in Potsdam, erklärte: „Bei diesem hohen Anteil an informeller Beteiligung ist es umso wichtiger, mehr über das Verständnis und die Praxis der von den Unternehmen durchgeführten Beteiligungsprozesse zu erfahren. Bislang liegen dazu kaum empirische Daten vor.“
Als weiteres interessantes Ergebnis zeigt die Umfrage, dass bei 86 Prozent der Unternehmen die Entscheidung, die Bürger in geplante Energieinfrastrukturvorhaben einzubinden, auf eigener Initiative beruht. 48 Prozent gaben an, dass die Kommune als Eigentümerin eine große Rolle bei der Entscheidung gespielt habe. Finanzielle Gründe nannte nur circa jedes fünfte Unternehmen als Beweggrund, die Bürger an Energieinfrastrukturprojekten zu beteiligen. Auch in der Zukunft werden nach Einschätzung der Befragten die Initiative der Unternehmen und die Entscheidungen der Kommunen die wichtigsten Auslöser für die Beteiligung von Bürgern an Energieinfrastrukturprojekten bleiben.