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Der Klimawandel ist in Europa angekommen

Europäische Forschungskonferenz zum Thema Klimawandel und Naturschutz.

Etwa 200 Fachleute aus 22 Nationen Europas und außereuropäischen Ländern sindder Einladung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gefolgt, um sich über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auszutauschen.

Die Wissenschaft ist sich einig: Der Klimawandel ist in Europa angekommen. Die Zunahme der Starkregen-Ereignisse, die zu denverheerenden Hochwasserschäden an Elbe und Donau geführt haben, auf der einen Seite und die Dürreperioden in Teilen Europas auf der anderen Seite, sprechen eine deutliche Sprache. Für den Naturschutz stellt sich die Frage, wie man Arten und Lebensräumen eine optimale Anpassung an die Klimaveränderungen ermöglichen kann. Die Handlungsempfehlungen der Wissenschaftler umfassen neben einer Anpassung des Managements vor allem eine verbesserte Vernetzung von Schutzgebieten sowie den Aufbau grenzüberschreitender Biotopverbundsysteme, sagte BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel.

Damit die vom Klimawandel bedrohten Arten geeignete neue Lebensräume finden können, ist die europaweite Durchlässigkeit der Landschaft  von großer Bedeutung. Auch in Deutschland gibt es noch erheblichen Nachholbedarf, etwa bei der Schaffung eines länderübergreifenden Biotopverbunds. Daher müssen Investitionen in eine grüne Infrastruktur gestärkt werden, so Jessel.

Angesichts der Hochwasserereignisse der vergangenen Wochen sind die Ökosystemleistungen der deutschen Flussauen ebenfalls ein wichtiges Thema der Konferenz. Um nachhaltig für einen Hochwasserschutz zu sorgen, dürfen wir uns nicht nur einseitig auf technische Hochwasserschutzmaßnahmen fokussieren. Der Klimawandel erfordert eine Rückbesinnung auf intakte Auenlandschaften, die den Flüssen mehr Raum geben, gleichzeitig den Wasserabfluss bremsen und so Hochwasserspitzen vermindern. Dies muss mit Maßnahmen einhergehen, die den Böden im Einzugsgebiet wieder eine bessere Wasserrückhaltefähigkeit verleihen. Der positive Nebeneffekt ist dabei, dass diese Böden einen höheren Humusanteil haben und wiederum mehr Kohlenstoff speichern können, sagte BfN-Präsidentin Jessel.

Auf der Konferenz werden auch vielfältige Beispiele vorgestellt, wie Ökosysteme und Naturschutzmaßnahmen zum Klimaschutz sowie zur gesellschaftlichen Anpassung an die Folgen des Klimawandels beitragen können. In vielen Fällen stellen ökosystem-basierte Maßnahmen im Vergleich zu technischen Lösungen kosteneffektive Alternativen dar und erzeugen zudem oft noch weiteren Zusatznutzen für Mensch und Natur. So trägt die Rückgewinnung naturnaher Auengebiete zum Hochwasserschutz bei, unterstützt die Selbstreinigung der Gewässer, mindert die Emission von CO² und schafft Hotspots der Biodiversität. Die Anlage von Grünflächen als Frischluftschneisen in Städten schafft nicht nur neue Lebensräume für anurbane Lebensräume angepasster Pflanzen und Tiere, sondern verbessert das Lebensumfeld der Stadtbewohner, u. a. indem die städtische Überhitzung vermindert und Luft gefiltert wird.

Im Bereich des ökosystem-basierten Klimaschutzes stehen die Erhaltung und die Wiederherstellung kohlenstoffspeichernder Ökosysteme wie Moore und Wälder im Mittelpunkt. Nach einer aktuellen Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) stellt die Renaturierung von Mooren einen vergleichsweise kostengünstigen und äußerst effektiven Beitrag zumKlimaschutz dar. Damit werden Klimaschutzmaßnahmen zum günstigen Koppelprodukt des Naturschutzes, – eine echte Win-Win-Situation, erklärte die BfN-Präsidentin.

In Projekten zur Grundlagenforschung wurden die bereits beobachtbaren Auswirkungen des Klimawandels auf Arten, Lebensräume und Landschaften erfasst und anhand von Modell-Rechnungen für verschiedene Artengruppen mögliche zukünftige Veränderungen ihrer Verbreitungsgebiete ermittelt. Hierbei wird deutlich, dass sich die klimatisch geeigneten Lebensräumevon vielen Tier- und Pflanzenarten verkleinern bzw. großräumig nach Norden oder in höher gelegene Lagen verschieben, – vor allem Letzteres mit nur begrenzten Ausweichmöglichkeiten. Eine Reihe von kälteliebenden Arten wird daher langfristig aus Mitteleuropa verschwinden, etwa alpine Pflanzen und arktische bzw. boreale Arten (der kalt gemäßigtenKlimazone), die seit der letzten Eiszeit auf klimatischen Sonderstandorten überdauern konnten.

Im Gegenzug werden verstärkt wärmeliebende Arten wie z.B. Schmetterlinge oder Libellen aus dem Mittelmeerraum einwandern. Es ist wichtig, dass es sich bei der Verschiebung von Lebensräumen um notwendige Anpassungsprozesse an den Klimawandel handelt. Für den Naturschutz stellt sich die Frage, wie man den betroffenen Arten und Lebensräumen eine optimale Anpassung an die Veränderungen ermöglichen kann. Antworten darauf zu finden ist ein Hauptziel dieser Tagung, und ein funktionierender länderübergreifender Biotopverbund ist hier genauso wichtig, wie die Durchlässigkeit der genutzten Kulturlandschaft für wandernde Arten“, so Beate Jessel.

Das BfN legt dabei besonderen Wert darauf, im Rahmen der Veranstaltung auch sozioökonomische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Der letzte Tag der Konferenz ist diesem Themenschwerpunkt gewidmet. Selbstverständlich lässt sich der Wert der Natur nicht allein mit finanziellen Maßstäben messen, jedoch bietet die Bewertung von Leistungen, die durch Ökosysteme gerade auch für den Klimaschutz bereitgestellt werden, eine Möglichkeit, sich die ökonomischen Konsequenzen des zunehmenden Verlustes von Biodiversität bewusst zu machen, erklärt Frau Prof. Jessel.

Quelle

Bundesamt für Naturschutz 2013

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