Deutschland hinkt beim Netzausbau hinterher
EU-Pro-Kopf-Vergleich: Schienen-Investitionen im Länder-Ranking.
Im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarn steckt Deutschland seit Jahren zu wenig Geld in sein Schienennetz. Nach Berechnungen der Allianz pro Schiene und der Unternehmensberatung SCI Verkehr belegt Deutschland im Ranking zwischen ausgewählten europäischen Ländern auch 2013 einen der hinteren Ränge. Danach kommen die Länder auf die folgenden Pro-Kopf-Summen bei ihren staatlichen Infrastruktur-Investitionen in das Schienennetz: Spitzenreiter Schweiz investierte 366 Euro pro Bürger, gefolgt von Österreich mit 199 Euro pro Einwohner. Beide Alpenländer sehen für ihre Schienennetze seit Jahren höhere Summen vor als für ihre Straßeninfrastruktur.
Doch auch in anderen Ländern boomt der Netzausbau: Schweden brachte 160 Euro pro Bürger auf, die Niederlande 139 und Großbritannien 120. In Italien (81) setzte die Politik ebenfalls klare Signale für die Ertüchtigung des Netzes, während Deutschland mit 54 Euro pro Bundesbürger den Anschluss an wirtschaftlich potente Länder in Europa zu verlieren droht. Unter den betrachteten Ländern investierten im Jahr 2013 lediglich Frankreich (47 Euro pro Kopf) und das rezessionsgeplagte Spanien (27 Euro pro Kopf) weniger in ihre Eisenbahninfrastruktur als Deutschland.
„Die niedrigen Pro-Kopf-Zahlen belegen Deutschlands halbherzigen Kurs in Richtung nachhaltige Verkehrspolitik“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Donnerstag in Berlin. „Leider zeigt ein Mehrjahresvergleich, dass es sich nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um einen langfristigen Trend handelt.“ Außerdem investiere Deutschland seit Jahren deutlich mehr Geld in den Straßenbau als in die Schieneninfrastruktur, kritisierte Flege. „Als Transitländer bereiten die Schweiz und Österreich ihr Eisenbahn-Netz ganz gezielt auf eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene vor, während Deutschland die Chance zu verspielen droht, in Zukunft einen Großteil seines Transit-Verkehrs auf die Schiene zu holen.“
Flege forderte eine schnelle Aufstockung der staatlichen Mittel für das deutsche Schienennetz. „Deutschland muss mindestens eineinhalb mal so viel in sein Eisenbahnnetz investieren wie bisher, wenn wir uns nicht dauerhaft in der Liga von Wirtschaftskrisenländern einreihen wollen“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Die Summe, die in absoluten Zahlen nötig wäre, bezifferte Flege auf 6,5 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind 80 Euro pro Kopf. „Italienische Verhältnisse sollten wir uns mit dem deutschen Schienennetz schon leisten“, sagte der Allianz pro Schiene Geschäftsführer.
„Weltweit boomt die Eisenbahn: Das anhaltende Wachstum der Metropolen und der Häfen fordert die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen heraus“, sagte Maria Leenen von SCI Verkehr. Wir prognostizieren in unserer aktuellen Studie zu den globalen Transportmärkten ein Wachstum der Schienengüterverkehre von 11 Prozent bis 2018. Im Schienenpersonenverkehr werden es sogar 18 Prozent sein. Europa wächst die Transportnachfrage auf der Schiene immerhin um 5 Prozent im Güter- und 7 Prozent im Personenverkehr.
Die Investitionen in die Infrastruktur hinken dieser Entwicklung hinterher. Gerade in den südeuropäischen Ländern schlägt die Wirtschaftskrise spürbar auf die staatlichen Schieneninvestitionen durch. Umso überraschender ist für uns, dass viele Länder trotz Krisen pro Bürger mehr Geld in ihre Netze geben als Deutschland“, sagte die SCI-Geschäftsführerin. Dabei weist die vielfach ältere und hoch beanspruchte Infrastruktur in Deutschland dringenden Erneuerungsbedarf auf. „Trotz guter Wirtschaftsdaten in Deutschland, die deutlich positiver sind als in vielen Ländern Europas, „stagnieren die Schieneninvestitionen hierzulande und erhöhen den Investitionsstau in das Bahnsystem weiter. Die unterlassenen Investitionen werden das Wachstum der Schienenverkehre absehbar spürbar ausbremsen.“
Quelle
Allianz pro Schiene 2014