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Die Klimagefahr vom Meeresboden

Wenn der Ozean blubbert: US-Forscher weisen 570 neue Methanquellen vor der Ostküste nach. Bislang gab es das Phänomen vor allem in der Aktis. Dort fürchtet eine schwedische Expedition eine stärker werdende „warme Zunge“ des Golfstroms. Aus Berlin Nick Reimer

Wissenschaftler haben eine neue Methan-Quelle vor der Ostküste der USA entdeckt. Demnach gibt es in der Region 570 Stellen am Meeresgrund, an denen das Klimagift entweicht. Wie das Magazin nature berichtet, befinden sich die Methanlecks in einem eigentlich relativ ruhigen Teil des Atlantiks – am Rand des amerikanischen Kontinentalsockels in einer Tiefe von 50 bis 1.700 Metern unter dem Meeresspiegel. Gasaustritte waren in dem Gebiet zwischen Cape Hatteras und dem Golf von Maine im Süden Kanadas kaum bekannt. Nun aber blubbert es unaufhaltsam an die Meeresoberfläche.

Methan ist ein 21 bis 25 mal so treibhausintensives Gas wie Kohlendioxid. Es entsteht bei der Vergärung von organischem Material und ist Hauptbestandteil von Erdgas. Zudem gelangt es in großen Mengen aus Reisfeldern, Deponien oder Rindermägen in die Atmosphäre. Auf dem Meeresgrund lagert Methan meistens in einem eisartigen Zustand, der als Methaneis oderMethanhydrat bezeichnet wird. Druck und Temperatur sind für diesen Zustand verantwortlich. Verändern sich die Bedingungen, kann aus dem Methanhydrat gasförmiges Methan werden – und dann blubbert es nach oben.

Adam Skarke von der Mississippi State University und seine Kollegen werteten für ihre Arbeit Daten des Forschungsschiffs „Okeanos Explorer“ aus, die auf  Expeditionen zwischen 2011 und 2013 erhoben wurden. „Über eine solch ausgedehnte Leckage im Atlantik waren wir überrascht“, erklärte Skarke. Bislang sei so etwas hauptsächlich in der Arktis zu beobachten.

25 Prozent der Erdoberfläche sind dauergefrohren

Zum Beispiel vor drei Wochen in der Laptewsee: Wissenschaftler der Universität Stockholm hatten vor der Eismeerküste Russlands überraschend viel Methan im Meerwasser lokalisiert. Der schwedische Eisbrecher „Oden“ kreuzt zurzeit vor der Ostküste Sibiriens. Die Expeditiondes Swerus-C3-Programms macht aufgetaute submarine Permafrostböden für die hohe Konzentration verantwortlich. Demnach würde Arktiswasser, das sich langsam erwärmt, das Eis am Meeresgrund schmelzen, wo große Mengen Methan „festgefroren“ sind. Die dann frei werden.

Das ist einer der Kipp-Punkte, den die Wissenschaft fürchtet, ein Element des Klimasystems, das durch seine Veränderung ein anderes wichtiges Element negativ beeinflusst. Kippelemente wie der dauergefrohrene Boden in den nördlichen Breiten, können einen sich selbst beschleunigenden Klimawandel in Gang setzen, der dann nicht mehr rückgängig zu machen wäre. In diesen Böden sind gigantische Mengen Methan eingeschlossen, die beim Auftauen frei werden. 25 Prozent der Erdoberfläche sind solch dauergefrohrene Permafrostböden, entsprechend groß ist ihr Klimapotential.

„Wir registrierten Gasblasen, deren Methangehalt um das Zehn- bis Fünfzigfache über dem natürlichen Wert liegt“, schreibt Professor Örjan Gustavsson. von der Swerus-3-Expedition. Daher sei zu vermuten, das Gas stamme aus Methanhydraten, die unter dem zunehmenden Einfluss von Wärme instabil werden. Die Forscher vermuten eine stärker werdende „warme Zunge“ des Golfstroms, die sich mittlerweile bis an den russischen Festlandssockel ausgebreitet hat und das Tiefeneis zunehmend schmelzen lässt.

Zwar ist die arktische See-Eisbedeckung in diesem Jahr bislang nicht so stark zurück gegangen wie in den Jahren zuvor. Aktuell beträgt sie 5.338.658 Quadratkilometer, das bisherige Rekordminus wurde im Sptember 2012 registriert – 3.671.406 Quadratkilometer. Allerdings bilanzieren die Forscher einen steten Rückgang von „altem Eis“: Machte der Anteil von mehrjährigen alten Eismassen Mitte der achtziger Jahre noch bis zu 60 Prozent des Gesamteises der Arktis aus, ist er mittlerweile auf unter 30 Prozent abgesunken. Dadurch könnte sich ein Auflösen der Methanhydrate stark beschleunigen, was die Erderwärmung weiter anheizen würde.

Quelle

Weltklimabericht | Nick Reimer 2014KLIMARETTER.INFO | Nick Reimer 2014

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