Donau: Mehr Plastik als Jungfische
Die Donau transportiert in den Uferbereichen zwischen Wien und Bratislava mehr Plastikpartikel als Fischlarven.
Zu diesem alarmierenden Ergebnis kamen LimnologInnen der Universität Wien um Hubert Keckeis im Zuge eines Forschungsprojekts über Jungfische in Europas zweitgrößtem Fließgewässer.
Plastikmüll akkumuliert sich weltweit in sämtlichen Ökosystemen. Diesbezügliche Studien in Gewässern fokussieren jedoch fast ausschließlich auf die Situation in den Meeren. So sind die riesigen schwimmenden Plastikteppiche im Atlantik und Pazifik allgemein bekannt. Sämtliche bisher untersuchten und beschriebenen Konsequenzen, die sich durch die Anreicherung von Plastik in marinen Systemen ergeben, sind auch in Flüssen zu befürchten.
Fische verwechseln Plastikmüll mit Nahrung
So können z.B. Fische die driftenden Plastikteilchen mit Nahrungspartikeln wie Kleinkrebse, Insektenlarven, Fischeier verwechseln. Die potentiellen Folgen reichen von einem „vorgetäuschten“ Sättigungsgefühl über mechanische Verstopfung und Verletzung des Darmtraktes bis zum Exodus. Vieles weist darauf hin, dass die Aufnahme von Plastikpartikeln zu einer Bioakkumulation der löslichen Zusatzstoffe – z.B. Phthalate, Bisphenol A etc. – in der Nahrungskette führen kann. Dies würde in letzter Konsequenz auch den Menschen betreffen.
In nahezu allen entnommenen Driftproben des Donauwassers fanden die ForscherInnen neben Fischlarven eine beträchtliche Anzahl kleiner, makroskopisch sichtbarer Plastikpartikel. Bei einem Großteil – etwa 79 Prozent – davon handelte es sich um industrielles Rohmaterial in unterschiedlichsten Variationen wie Pellets, Spherules oder Flakes. Der Rest bestand aus anderen, nicht näher zuordenbaren Teilen und geht wahrscheinlich auf kommunalen Abfall zurück.
Vier Tonnen Plastikmüll pro Tag
Die Mengenabschätzung zeigte, dass die Donau zwischen Wien und Bratislava in den Uferbereichen im Durchschnitt 317 Plastikpartikel (das enstspricht 4,8 Gramm) und 275 Fischlarven (rund 3,2 Gramm) pro 1000 Kubikmeter Wasser transportiert. „Eine konservative Hochrechnung dieser Mengen ergibt einen geschätzten Eintrag von etwa 4,2 Tonnen Plastikmüll pro Tag von der Donau in das Schwarze Meer“, erklärt Hubert Keckeis vom Department für Limnologie und Ozeanographie der Universität Wien.
Gefährdete Fischfauna
Die Donau in Österreich ist durch eine hohe Anzahl von Fischarten gekennzeichnet. Davon werden zwei Drittel von ExpertInnen als gefährdet eingestuft. Die Fischgemeinschaften leiden nicht nur unter der Wasserverschmutzung, sondern auch unter anderen, mannigfaltigen Nutzungsansprüchen wie Wassernutzung, Energiegewinnung, Transport oder Fischerei, sowie unter den daraus resultierenden Änderungen im Ökosystem.
So wirken sich Flächenverluste, Stauhaltungen, Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen – Uferbefestigung, Querbauwerke – und die herabgesetzte Konnektivität der Donau mit Seitenarmen und Nebenflüssen äußerst negativ auf die Fischbestände aus. Besonders schwerwiegend betroffen sind Reproduktionsmöglichkeiten, die von der Anzahl, Qualität und Erreichbarkeit von Laichplätzen bzw. den Laichwanderungen sowie den Aufwuchshabitaten der Jungfische abhängig sind.
Das Paper „The Danube so colourful: a potpourri of plastic litter outnumbers fish larvae in Europe’s second largest river“ (AutorInnen: Aaron Lechner, Hubert Keckeis, Franz Lumesberger-Loisl, Bernhard Zens, Reinhard Krusch, Martin Glas, Michael Tritthart, Elisabeth Schludermann) erschien am 4. März 2014 in Environmental Pollution.
Quelle
Universität Wien 2014Ao. Univ.-Prof. Dr. Hubert KeckeisDepartment für Limnologie und Ozeanographie