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julia-verlinden.de | Dr. Julia Verlinden, MdB | Sprecherin für die Energiepolitik Fraktion Bündnis90/Die Grünen

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EEG-Reform: Grüne fordern jährlichen Photovoltaik-Zubau von 5 Gigawatt

Die Aussage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), dass Dachanlagen auch nach dem Erreichen des 52-Gigawatt-Deckels weiter gefördert werden sollen, deckt sich nach ihrer Erkenntnis nicht mit dem verabschiedeten EEG-Gesetzentwurf.

Ausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft an Land lehnen die Grünen generell ab. Wenn sie dennoch mit der EEG-Novelle unter Verweis auf EU-Vorgaben eingeführt werden, sollte wenigstens die Bagetellgrenze von einem Megawatt vollständig ausgeschöpft werden. Das Ausschreibungskontigent für die Photovoltaik-Anlagen müsse auch so ausgestaltet werden, dass in Deutschland wieder ein Zubau von jährlich 5000 Megawatt möglich ist, fordert die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Julia Verlinden.

pv magazine: Im EEG-Entwurf sind nun Ausschreibungen für alle Photovoltaik-Anlagen ab 750 Kilowatt vorgesehen. Die Bagatellgrenze ist damit nicht mehr bei den ursprünglich geplanten 1 Megawatt – was halten Sie davon?
Julia Verlinden (Foto): Wir lehnen Ausschreibungen für Photovoltaik und Windenergie an Land generell ab. Wenn es aber schon mit Verweis auf die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission Ausschreibungen geben wird, dann sollten zumindest die De-Minimis-Regelungen vollständig ausgeschöpft werden. Das Absenken der Bagatellgrenze auf 750-Kilowatt-Grenze war wahrscheinlich ein Zugeständnis an die Unionsfraktion, die die Grenze eigentlich noch viel niedriger ansetzen wollte.

Halten Sie eine noch weitere Absenkung der Bagatellgrenze für möglich, der der Wirtschaftsflügel der Union oder der BDEW ja möglichst alle Anlagen ausschreiben wollen?
Ich hoffe, dass die 750-Kilowatt-Grenze nicht noch weiter herabgesenkt wird. Wie widersinnig das Anliegen des BDEW und der Union ist, zeigt sich doch besonders im mittleren Anlagensegment. Da die Bundesregierung partout nicht will, dass Anlagenbetreiber, die in Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten haben, auch einen Teil der Erzeugung selbst verbrauchen dürfen, wäre für kleine und mittlere Unternehmen und Gewerbetreibende jede weitere Investition in Photovoltaik uninteressant. Der Ausbau in diesem wichtigen Segment würde komplett zum Erliegen kommen. Ich frage mich, was die Union eigentlich reitet, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die in den letzten Jahren zunehmend Interesse an der Energiewende gewonnen haben, nun ausgeschlossen werden sollen.

Reicht die Erhöhung der jährlichen Ausschreibungsmenge auf 600 Megawatt aus, um in Deutschland wieder eine spürbare Belebung des Photovoltaik-Marktes zu erreichen?

Die Ausschreibungsmenge für Photovoltaik reicht bei weitem nicht aus. In früheren Jahren haben die drei Segmente – kleine Dachanlagen, mittelgroße Dachanlagen und Freiflächenanlagen – in etwa in gleichen Teilen zum Ausbau beigetragen. Wir Grüne wollen einen Photovoltaik-Ausbau von mindestens 5000 Megawatt jährlich. Daher muss die Ausschreibungsmenge für Freiflächenanlagen deutlich über dem Wert liegen, den die Bundesregierung plant. Wichtig ist auch, dass die bezuschlagten, aber nicht gebauten Kapazitäten erneut in die Ausschreibung gehen.

Gabriel hat nun angekündigt, dass die Photovoltaik-Dachanlagen nicht mehr unter den 52-Gigawatt-Deckel fallen sollen. Das ist doch ein gutes Signal für die Solarbranche, oder?
Das wäre ein sehr gutes Signal an die Branche, wenn es denn stimmen würde! Der Kabinettsentwurf sagt jedoch leider in Artikel 49 Absatz 5 weiterhin, dass mit Erreichen der 52 Gigawattgrenze keine weiteren Anlagen über die Einspeisevergütung finanziert werden können. Lediglich große Anlagen können dann weiterhin ausgeschrieben werden.

Auch die Degression für den atmenden Deckel bei der Photovoltaik soll nachjustiert werden, damit die Vergütung schneller an die Marktentwicklung angepasst werden kann. Kommt dieser Schritt nicht zu spät?

Der Schritt kommt definitiv sehr spät, kann aber den Ausbau der Photovoltaik wieder ein wenig beflügeln. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass das Aussetzen der Degression schon direkt bei Unterschreitung des Ausbauziels einsetzt und die Anhebung der Vergütung schneller greift.

Das Kabinett hat den EEG-Entwurf verabschiedet. Es bleibt wenig Zeit für Änderungen, da das Gesetz ja noch vor der Sommerpause durchs Parlament soll. Welche Änderungen bei der Photovoltaik wären den Grünen wichtig und wie bewerten Sie die Erfolgsaussichten, diese durchzusetzen?
Wir Grüne sind gegen Ausschreibungen für Photovoltaik-Anlagen und fordern ein Ausbauziel von mindestens 5000 Megawatt pro Jahr. Da wir uns im Bundestag einer 80-Prozent-Mehrheit der Regierungsfraktionen gegenüber sehen und dort derzeit wenig Ambition bei den Bundestagsabgeordneten von SPD und Union sehen, sich zu bewegen, habe ich nicht viel Hoffnung. Die Bundesländer haben im offiziellen Gesetzgebungsverfahren keinen wirklichen Einfluss, denn das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig, das heißt es findet keine Abstimmung statt.

Wie bewerten die Grünen die Pläne des Bundesfinanzministeriums (BMF), nun auch noch zumindest gewerblichen Photovoltaik-Eigenverbrauch mit der Stromsteuer zu belasten?
Wir lehnen die Pläne des Finanzministeriums rundheraus ab. Die Stromsteuer ist Teil der Ökosteuer, welche unter der rot-grünen Bundesregierung eingeführt wurde, um umweltschädlichere Energieerzeugung stärker zu besteuern und nicht sauberen Ökostrom. uch die Begründung mit einer Vermeidung der Doppelförderung, welche das BMF angibt, ist nicht überzeugend. Entweder ich verbrauche den Strom selbst, dann erhalte ich keine Einspeisevergütung. Oder ich erhalte die Einspeisevergütung, dann wird der Strom aber woanders verbraucht und die Stromsteuer dort abgeführt.

Quelle

pv-magazine.de | Das Interview führte Sandra  Enkhardt 2016

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