Einigung beim Heizungsgesetz: Fossiles Gas und Wasserstoff statt Wärmepumpe
Die Ampel-Koalition schiebt den Schwarzen Peter beim Gebäudeenergiegesetz an die Kommunen weiter. Diese müssen bis 2028 eine Wärmeplanung vorlegen, verlangt das Klimareporter° vorliegende Beschlusspapier. Gasheizungen können weiter als klimafreundlich gelten.
Der Ausweg im Streit um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hatte sich bereits vor einiger Zeit abgezeichnet. Da dämmerte einigen in der Ampelkoalition: Eigentlich hätte das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung zuerst und vor dem GEG verabschiedet werden sollen, bevor jeder einzelne Hauseigentümer zum Einbau neuer, klimafreundlicher Heizungen mehr oder weniger sanft gezwungen wird.
Denn wenn die Stadt oder Gemeinde beispielsweise ein erneuerbar gespeistes Nahwärmenetz schaffen oder vorhandene Fernwärme ausbauen will, lohnt sich das nur, wenn so gut wie alle Wohnungen und Häuser eines Quartiers angeschlossen werden – da kann man die einzelnen Hausbesitzer erstmal außen vor lassen.
Entsprechend schieben die von den Koalitionsspitzen am Dienstagnachmittag gefassten Beschlüsse den Schwarzen Peter für die Wärmewende vor allem den Kommunen zu. In Deutschland wird eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung eingeführt, heißt es in dem Klimareporter° vorliegenden Beschlusspapier zum GEG.
Die Wärmeplanung soll der „zentrale Bezugspunkt“ für verpflichtende Maßnahmen im Gebäudebestand sein. Sie soll spätestens 2028 vorliegen.
Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Heizungstausch im Bestand die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes noch nicht gelten, heißt es wörtlich im Koalitionspapier. Auch dürfen ab Anfang 2024 im Bestand weiter Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind.
Die kommunale Wärmeplanung kann auch den Bau eines „klimaneutralen Gasnetzes“ vorsehen, ist im Beschluss weiter zu lesen. In diesem Fall können auch in Neubaugebieten auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen eingebaut werden. Kommunen und Betreiber sollen dann einen „verbindlichen Fahrplan“ zum Wasserstoff-Hochlauf bis 2045 vorlegen.
Erst wenn die Planung der Kommune kein „klimaneutrales Gasnetz“ vorsieht, dürfen Gasheizungen weiter eingebaut werden – wenn sie zu 65 Prozent mit Biomasse, nicht leitungsgebundenem Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden. Als Derivate gelten üblicherweise zum Beispiel Ammoniak oder E‑Fuels.
Beim Umstieg auf klimaneutrale Heizungssysteme sollen die verschiedenen Optionen gleichwertig behandelt werden, verlangt der Koalitionsbeschluss. Auch sollen „diskriminierende technische Anforderungen an die Heizung und die Infrastruktur“ im Gesetz gestrichen werden. Heizungen, die mit Holz oder Holzpellets betrieben werden, sollen die 65-Prozent-Vorgabe automatisch erfüllen.
Umweltschützer sehen Tiefpunkt der Klimapolitik
Umweltschützer üben scharfe Kritik an der Einigung zum Gebäudeenergiegesetz. Von einem „Tiefpunkt für die Klimapolitik dieser Bundesregierung“ sprach Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Nicht nur für die Bestandsgebäude werde die Wärmewende auf eine Zeit nach 2028 verschoben – das gelte nun sogar für einen großen Teil der Neubauten, betonte die DUH-Geschäftsführerin.
Darüber hinaus werde „das Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen“ aufrechterhalten und die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht. Metz: „Gasheizungen können sogar bis 2045 mit fossilem Gas betrieben werden, wenn Sie nur einen Sticker ‚H2-ready‘ tragen.“
Deutlich moderater äußern sich Energie-Verbände. Mit der Kopplung an die kommunale Planung werde die Wärmewende gerade im Bestand vorangebracht, sagte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. Die von den Koalitionsspitzen beschlossenen Leitplanken brächten Sicherheit auch in Bezug auf den Zeitplan und die Bandbreite der einsetzbaren Erneuerbaren-Technologien von Wärmepumpen über Bioenergie und Solarthermie bis zur Geothermie, sagte Peters.
Auch die Chefin des Energie- und Wasserwirtschaftsverbandes BDEW, Kerstin Andreae, sieht die Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung bei der Umrüstung von Bestandsgebäuden positiv. Zudem würden die Erweiterung der Erfüllungsoptionen um Holzpellets und die Streichung der Transformationspläne die Umsetzung des Gesetzes praktikabler machen.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!